Alles Škoda oder was . . .?!

Foto: Wolfgang Becker Ulrich Tietjen steht vor dem neuem Enyaq IV in der Ausstellungshalle am Ostmoorweg1 in Buxtehude. Er freut sich über die nach wie vor steigenden Zulassungszahlen der Marke Škoda. Foto: Wolfgang Becker

Ulrich Tietjen, Geschäftsführer des Autohauses H. Tietjen in Buxtehude, über den Aufstieg der Marke in die Top-Five und das Familienunternehmen Tietjen.

Alle guten Geschichten beginnen in einer Garage. Oder eben in einer Scheune. 1973 machte sich Kfz-Meister Heinz Tietjen in Nindorf bei Apensen in einer Scheune mit einer freien Werkstatt selbstständig. Heute hat er drei Söhne, drei Standorte und mit der einst tschechischen Automarke Škoda ein Produkt aus der großen Volkswagenfamilie anzubieten, das eine beachtliche Entwicklung erlebt. Hinter VW, Audi, Mercedes und BMW steht Škoda im deutschen Marken-Ranking auf Platz fünf, wie Ulrich Tietjen (41) sagt. Als ältester der drei Brüder stellt er in dieser B&P-Ausgabe den Betrieb in Buxtehude vor und gibt Einblick in fast fünf Jahrzehnte Geschichte des Familienbetriebes Tietjen.

Mit sechs Prozent Marktanteil in Deutschland ist es Škoda gelungen, sich ein kräftiges Stück aus der „Torte“ herauszuschneiden. Ulrich Tietjen: „Die Marke hat sich unglaublich entwickelt und mittlerweile andere überholt. Die Zulassungszahlen gehen nach wie vor hoch. Dabei waren die Anfänge durchaus mutig. Aber Škoda, damals noch ein tschechischer Staatsbetrieb, hatte mit dem ‚Favorit‘ ein kompaktes Auto für unter 10 000 Mark auf dem Markt. Das war für unseren Vater interessant, zumal die VW-Preise auch schon damals immer stärker stiegen.“ Es fügte sich dann gut, dass VW die Marke Škoda übernahm – und den Tschechen sowohl die Fertigung vor Ort als auch den Erhalt des Markennamens vertraglich zusicherte.

Anzeige

Der Durchbruch kam 1996 mit dem neuen Modell Octavia. Ulrich Tietjen: „Von da an gingen die Verkaufszahlen nach oben.“ Offenbar hatten die Entwickler einen Nerv getroffen und es geschafft, dem Golf Variant eine günstigere Alternative an die Seite zu stellen. 2001 eröffneten die Tietjens am Ostmoorweg 1, Ecke Harburger Straße ihr neues Autohaus in Buxtehude. Hier taucht der Kunde in die Škoda-Welt ein und steht heute vor Fahrzeugen, die mit dem „Favorit“ von damals technisch wie optisch gar nichts mehr verbindet. Soeben neu erschienen ist der Enyaq IV, das erste vollelektrische Fahrzeug aus dem Hause Škoda, vergleichbar mit dem ID4 von VW. Ulrich Tietjen: „Unsere Modelle wie der Superb, der Octavia oder auch der Kodiaq fügen sich in die Plattform-Bauweise des VW-Konzerns ein, bieten aber durchweg mehr Platz als die Vergleichsmodelle. Wir nennen uns im Konzern deshalb auch die ‚Preis-Wert-Marke‘.“

Jedes vierte Auto fährt elektrisch

Die 10 000-Mark-Zeiten sind allerdings ebenfalls Geschichte. Der Enyaq ist interessant für Gewerbekunden, denn als E-Mobil wird er nur sehr gering besteuert. Ulrich Tietjen: „Es zeichnet sich bereits ab, dass etwa 70 Prozent dieses Modells an Gewerbekunden verkauft werden.“ Das ist ein gegenläufiger Trend, denn laut Tietjen liegt der Privatkundenanteil im Autohaus H. Tietjen normalerweise eher bei 60 Prozent. Dennoch geht der Trend auch insgesamt zum E-Motor. „Im April hat Škoda bundesweit mehr E-Autos als Dieselfahrzeuge verkauft. Im Mai hatte allein bei uns jedes vierte ausgelieferte Fahrzeug einen Elektroantrieb.“

Das Autohaus H. Tietjen beschäftigt aktuell rund 85 Mitarbeiter, verkauft im Jahr rund 1400 Neu- und Gebrauchtfahrzeuge und ist nicht nur der einzige Škoda-Händler im Landkreis Stade, sondern seit 2006 auch in Wiepenkathen vertreten. Dort ist Tim Tietjen (36) im Einsatz, während sein Bruder Nico (38) in Harsefeld arbeitet. In Buxtehude hatten die Tietjens 2000 eine ehemalige Peugeot-Werkstatt übernommen, neu gebaut und den Service 2015 mangels Platz an die Felix-Wankel-Straße verlagert. In Wiepenkathen wandelten sie wieder auf den Spuren der französischen Konkurrenz und übernahmen eine ehemalige Renault-Werkstatt. Heute ist alles Škoda, wobei in Harsefeld parallel immer noch VW verkauft wird. 

Vom Gründer zum Autohaus

Anzeige

Die Geschichte der Familie Tietjen steht exemplarisch für viele andere im automobilen Händlernetz. Manche beginnen im Wirtschaftswunder, andere etwas später – zum Beispiel unmittelbar im Jahr der ersten Ölkrise 1973. Gründer Heinz Tietjen startete unbeirrt in seiner Scheune durch und übernahm 1976, drei Jahre vor der zweiten Ölkrise, einen VW/Audi-Servicebetrieb in Hollenbeck bei Harsefeld. Für jüngere Semester: VW und Audi wurden damals noch gemeinsam geführt, quasi als Markenverbund. Service hieß vor allem Wartung und Reparatur. Aber die Werkstätten hatten auch Gelegenheit, Autos an Kunden zu verkaufen. „Und das beherrschte unser Vater so gut, dass VW/Audi bei ihm anfragten, ob er nicht einen eigenen Händlervertrag haben möchte“, blickt Ulrich Tietjen zurück.

1983 wurde in Hollenbeck neu gebaut, zehn Jahre später dann eine wichtige Weichenstellung: Škoda sollte mit ins Programm genommen werden, was dazu führte, dass neben dem Autohaus Heinz Tietjen nun ein zweites Autohaus unter dem Namen H. Tietjen gegründet wurde, denn bei VW stieß die Idee offenbar nicht auf Beifall. In diesem Fall steht das H. für Helga, die Ehefrau. Heute sind alle Aktivitäten in Hollenbeck unter einem Dach vereint: der Verkauf von Škoda, eine Marke mit tschechischem Namen, die sich mittlerweile nahtlos in die große Volkswagen-Familie einreiht und eine eigene Charakteristik hat, sowie von VW und VW-Nutzfahrzeuge. Für diese Marken wird selbstverständlich auch der Service angeboten. Dasselbe gilt der Firmengeschichte folgend für den Audi-Service.