Karen Ulrich über die heiß gelaufene Immobilienbranche, Spekulanten, Strohmänner und Vorbehalte gegen Erbpacht
Ich würde mal sagen: Wir sind – vegan!“ Wer Karen Ulrich kennt, der weiß: Die Frau hat Humor. Natürlich sind Makler-Dienstleistungen nicht vegan, aber irgendwie steht dieser inflationäre Modebegriff für nachhaltig. Und das ist genau das Thema, mit dem sich die Maklerin derzeit intensiv auseinandersetzt. Was ist eine nachhaltige Makler-Leistung? Eine Frage, auf die Karen Ulrich eine überzeugende Antwort gefunden hat.
Zum Thema Nachhaltigkeit gehört aus ihrer Sicht auch, dass die Kunden um juristische Konsequenzen wissen, wenn sie beispielsweise ihre Immobilie verkaufen oder eine Immobilie kaufen wollen. Dabei geht es nicht nur um einen reibungslosen Eigentum-Geld-Transfer, sondern auch um die Frage, was eigentlich geschieht, wenn ein Kauf platzt. Die Maklerin: „Wenn ein Verkauf platzt und bereits Kosten entstanden sind, haftet der Käufer für die Rückabwicklung. Da kommen schnell fünfstellige Beträge zusammen, wenn Banken, Notare und Behörden bereits tätig geworden sind. Rückabwicklungen von Notarverträgen sind beispielsweise viel teurer als die normale notarielle Beurkundung von Grundbucheinträgen. Ein guter Makler weist seine Kunden darauf hin.“ Und auf etwas anderes ebenfalls: „Wenn der Käufer zahlungsunfähig ist, dann haftet auch der Verkäufer.“
Karen Ulrich weiß um Fälle, die Immobilienverkäufer aufhorchen lassen sollten: „Es kommt durchaus vor, dass sich Strohmänner für ein Objekt interessieren und in konkrete Kaufverhandlungen eintreten. Im Hintergrund steht ein Spekulant, der parallel dazu recherchiert, inwieweit sich das Objekt durch Abriss und Neubau optimieren lässt. Gibt das Baurecht beispielsweise eine Nachverdichtung her, ist ein altes Einfamilienhaus interessant – denn dann können da vielleicht mehrere Eigentumswohnungen gebaut und verkauft werden. Falls nicht, tritt der Käufer vom Kauf zurück.“ Exakt so ein Fall ist der Seevetalerin unlängst begegnet. Die Verkäufer: ein Ehepaar jenseits der 80, das sich „verkleinern“ wollte. Der Käufer: ein Mann ohne entsprechendes Einkommen. Die Folge: Nun haften die Verkäufer für alle entstandenen Kosten. Sie verlieren nicht nur viel Geld, sondern auch viel Zeit – denn die Rückabwicklung dauert und der geplante Hausverkauf verzögert sich. Karen Ulrich betont, dass keiner ihrer Kunden jemals in so eine Situation gekommen ist.
Mehr noch: Sollte der Erlös beispielsweise in eine Nachfolgeunterkunft fließen, gerät auch dieses Vorhaben ins Stocken – mit möglicherweise weiteren Kosten. Karen Ulrich: „Gerade für ältere Menschen ist das eine harte Belastung. Aber der Markt ist derzeit so aufgeheizt, dass die Chance auf gewinnbringende Transaktionen eben auch unseriöse Akteure auf die Bildfläche lockt.“
Erbpacht wird schlechtgeredet
Ein zweites Nachhaltigkeitsthema ist aus Sicht von Karen Ulrich die Finanzierung von Immobilienkäufen. Sie arbeitet im Auftrag ihrer Kunden mit neutralen Kreditvermittlern zusammen, die in der Regel Verträge mit verschiedenen Anbietern haben und gut einschätzen können, welches Angebot für welchen Fall das Beste ist. Und da geht es nicht nur um Konditionen: „Wenn zum Beispiel der Kauf eines Hauses auf einem Erbpachtgrundstück ansteht, machen einige Kreditinstitute sofort dicht, weil ihnen die Absicherung fehlt. Meine Erfahrung: Erbpacht wird von vielen Banken schlechtgeredet. Dabei hat Erbpacht durchaus Vorteile: Wenn ich eine günstige Erbpacht habe, dann ist das unter dem Strich viel billiger als die Zahlung eines Kredits über 20 und mehr Jahre.“
Und da das „Nähkästchen gerade mal offen ist“, hat Karen Ulrich noch einen weiteren Tipp parat, der Immobilien-Käufern vermutlich gar nicht bewusst ist: „Ich treffe immer wieder auf Kunden, die auf der Suche nach dem günstigsten Finanzierungsangebot diverse Banken und Sparkassen anfragen und sich Angebote geben lassen. Was passiert? Die Kreditinstitute holen sich eine Schufa-Auskunft, um sicherzustellen, dass gegen den potenziellen Kunden nichts Negatives vorliegt. In Einzelfällen kann es da zu reichlich Transparenz kommen, was nicht immer zum Vorteil des Kunden ist.“
Tipps von der Maklerin
Die hier geschilderten „Blüten“ aus der Immobilienbranche machen deutlich, dass Nachhaltigkeit durchaus ein Thema ist. Zwei Tipps von Karen Ulrich:
- Ein guter Makler geht erst zum Notar, wenn wirklich alle Unterlagen vorliegen und die Finanzierung steht beziehungsweise das Geld, zumindest aber eine zehnprozentige Sicherheitsleistung, auf einem Notaranderkonto hinterlegt ist.
- Er sorgt dafür, dass die Abwicklung Zug um Zug geschieht – erst das Geld auf dem Konto, dann die Übergabe der Immobilie. Also: den Käufer nicht vertrauensselig schon mal vorher einziehen lassen, auch wenn er noch so nett ist. Karen Ulrich: „Wenn der dann nicht zahlen kann, habe ich aber den Besitz schon übertragen. Das kann teuer werden.“ Und wäre dann alles andere als „vegan“ . . . wb