Tutech-Chef Martin Mahn: „Wir haben mehr zu tun als vor der Krise“
Als älteste Transfergesellschaft Deutschlands betreuen die Tutech Innovation GmbH und ihre Schwestergesellschaft, die Hamburg Innovation GmbH (HI), unter anderem zahlreiche Projekte der Technischen Universität Hamburg sowie der anderen Hochschulen in Hamburg. Zumeist geht es um geförderte Forschungsprojekte, die von den verschiedenen Instituten im Auftrag von Drittmittelgebern, beispielsweise aus der Industrie, durchgeführt werden. Auch hier mache sich die Corona-Krise bemerkbar, so Geschäftsführer Martin Mahn. Das gilt sowohl für reguläre Forschungsaufträge als auch für die Start-up-Szene, deren Dynamik von der Pandemie ebenfalls gehemmt wird, wie Nils Neumann, Leiter der Abteilung Gründerunterstützung, sagt.
Martin Mahn: „Wir registrieren schon, dass das Thema Forschung und Entwicklung in vielen Unternehmen – verständlicherweise – gegenwärtig in den Hintergrund rückt, denn die haben jetzt wirklich andere Prioritäten. Und auch die Hochschulen befanden sich fast zwei Monate in einem stark reduziertem Basisbetrieb. Allerdings kann ich für die Tutech sagen: Wir haben mehr zu tun als vor der Krise.“ Der Grund: Jedes Projekt, das von der Tutech verwaltet wird, muss durch den Corona-Filter gegossen werden. Kann es inhaltlich weitergehen, können die Leute weiterarbeiten – das sind die zentralen Fragen. Martin Mahn: „Wir haben 70 Prozent unserer Kunden abtelefoniert – die Professoren an der TUHH und in den anderen Unis und die Industriepartner. Die gute Nachricht: Rund 90 Prozent der Projekte laufen weiter.“
Allerdings gibt es auch ein sehr sensibles Thema, denn vor allem die Luftfahrt ist von der Corona-Krise stark betroffen. Allein die Lufthansa, ein bis dato weltweites Top-Unternehmen der Branche, hat rund 80 000 Beschäftigte in die Kurzarbeit geschickt. Vor dem Hintergrund wirkt sich die Krise nicht nur auf die Flugzeughersteller, insbesondere Airbus, aus, sondern auch auf F&E im Luftfahrtbereich. Gerade die TUHH hat eine Reihe von Instituten, die hier technologisch ganz vorn mitmischen. Mahn: „Keiner weiß, wie es langfristig weitergeht. Wir werden sicherlich wieder fliegen, aber wohl kaum noch in dem Maße wie bislang.“ Auch Fragen nach staatlicher Hilfe und daraus resultierender staatlicher Einmischung in die Unternehmensführung spielen eine Rolle, ebenso die Kernfrage, wie viel Beihilfe nach EU-Recht überhaupt zulässig ist.
Im Gegenzug sieht Martin Mahn auch positive Auswirkungen – zum einen durch die nun deutlich gewordene Notwendigkeit der innereuropäischen oder innerdeutschen Medikamentenentwicklung und -produktion, zum anderen auf die Beschleunigung der Digitalisierung. Der Tutech-Chef: „Durch unsere stetige Beschäftigung mit dem Thema Work 4.0 waren wir hier beispielsweise sehr gut auf Homeoffice bzw. Mobiles Arbeiten vorbereitet – tatsächlich waren wir technisch zu 80 Prozent remote arbeitsfähig und hatten das schon mal ausprobiert. Jetzt stellt sich die Frage, was lief gut, was weniger und was können wir von all dem beibehalten. Vielleicht ist es an der Zeit, den drögen Nine-to-five-Rhythmus aufzuheben.“
Die Tutech-Abteilung Gründungsförderung kümmert sich um junge und potenzielle Unternehmen, die ein eigenes Business aufbauen wollen. Leiter Nils Neumann: „Wir haben zu mehreren Dutzend Start-ups mehr oder weniger regelmäßige Kontakte. Grundsätzlich kann ich sagen: Die bereits etablierten Jungunternehmen haben es durchweg geschafft, im Zuge der Corona-Krise in die Online-Schiene zu kommen. In der Regel läuft die Förderung ja weiter, also können die auch weiterarbeiten. Da, wo die Förderung ausläuft, beantragen wir jetzt eine Fortführung.“
Immerhin: Bislang hat noch kein Harburger Start-up aufgegeben. Aber Neumann sagt auch: „Problematisch ist es für die Start-ups, die jetzt vor oder gerade mitten in der Startphase sind. Die Erstentwicklungen leiden, unter anderem auch, weil sich nun mögliche Partnerunternehmen zunächst um die eigenen Dinge kümmern müssen.“ Immerhin habe der Hamburger Rettungsschirm funktioniert. Die Corona-Soforthilfe helfe bei der Überbrückung der ersten drei Monate. Die Exist-Gründerstipendien seien zudem bis Oktober durchfinanziert – mit Option auf Verlängerung. Wie Martin Mahn berichtet auch Nils Neumann, dass das Niveau der Vor-Corona-Zeit im Bereich der Beratungstätigkeit immer noch bei 90 bis 95 Prozent liege: „Das ist bislang weitgehend stabil.“ wb
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