hit-Technopark: Christoph Birkel über seine Philosophie, den Mehrwert für die Mieter und das neue Drei-Säulen-Modell
Never touch a running system“ – diese Grundregel aus der IT gilt schon lange nicht mehr. Mittlerweile ist die Entwicklungsgeschwindigkeit so hoch, dass ein System, kaum dass es läuft, schon wieder angefasst, sprich angepasst werden muss. Mittlerweile gilt das überholte IT-Gesetz für fast alle Branchen. Selbst für Klassiker wie Technologieparks, davon ist Christoph Birkel, geschäftsführender Gesellschafter des hit-Technoparks in Harburg, fest überzeugt. Während vielerorts noch die Vermietung von Räumen an Unternehmen als Basisgeschäftsmodell betrieben wird, denkt er sein Unternehmen neu und sagt: „Ein cooles Gebäude ist toll und vermietet sich gut, aber am Ende zählt der Inhalt.“
Es braucht Mut, kreative Ideen und einen langen Atem, um das Rad neu zu erfinden. Um nicht weniger geht es, wenn Birkel seinen hit-Technopark fit für die Zukunft machen und die Basis für die in wenigen Jahren anstehende Erweiterung auf der sogenannten Pferdekoppel legen will. Er sagt: „Wir haben erkannt, dass es nicht mehr ausreicht, bequeme und moderne Büro- oder Laborräume zu vermieten. Was zählt, ist das Netzwerk. Es muss uns auf Sicht gelingen, dass unsere Unternehmen Produkte im Netzwerk entwickeln. Das ist ein Baustein, an dem wir hier arbeiten.“
Birkel nimmt damit die Grundidee auf, die das Silicon Valley zum weltweit anerkannten Innovationszentrum gemacht hat. Allerdings: Die Kultur von US-Unternehmen und Investoren ist nicht vergleichbar mit der Wirtschaftskultur in Deutschland. Das vernetzte Arbeiten an neuen Geschäftsideen hat hierzulande den unterschwelligen Beigeschmack der Industriespionage. Was ist, wenn jemand meine Idee klaut?
Vom Vermieter zum Connecter
Birkel: „Wir haben hier im hit-Technopark 110 Unternehmen. Die kreativen Workshops, die wir anbieten, werden besucht und positiv bewertet, aber dann geht jeder wieder in sein Büro und macht die Tür hinter sich zu. Wir arbeiten daran, diese klassische Art des Nebeneinanders aufzulösen. Wir verfolgen eine Strategie nach innen und wollen dazu beitragen, dass Unternehmen, die nebeneinander arbeiten plötzlich erkennen, dass sie vielleicht mit denselben Themen beschäftigt sind und voneinander lernen, also miteinander arbeiten können.“ Aus dem Vermieter wird auf diese Weise ein „Connecter“ im imaginären Netzwerk – eine Person, die Verbindungen herstellt und so für positive Synergieeffekte sorgen kann. Es gibt mittlerweile einige Beispiele von technologischen Themen, die hit-intern angepackt werden konnten. Innovationsmanager Mark Behr hat die Aufgabe übernommen, die Firmen abzuklappern und nach Synergie-Ansätzen Ausschau zu halten. Denkbar wäre es, hier eine digitale Plattform zu schaffen, um Anfragen und Angebote zusammenzubringen, aber Birkel sagt: „Mit 110 Firmen sind wir viel zu klein. Außerdem braucht so ein Kulturwandel Zeit. Die wollen wir uns nehmen und sind jetzt dabei, dieses wirklich dicke Brett zu bohren.“
Drei Geschäftsbereiche
Birkel hat für die Neuausrichtung seines Unternehmens drei Geschäftsbereiche definiert.
Bereich 1 ist die klassische Vermietung von Räumen, allerdings mit dem Anspruch, nicht nur Quadratmeter bereitzustellen, sondern auch Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Dazu wird der eigene Bürobereich demnächst komplett neu gestylt und unter dem Aspekt der Kommunikation umgebaut.
Bereich 2 trägt die Überschrift Service und dient dazu, den Mietern – darunter nicht selten Start-ups, die vor dem Sprung auf das nächste Level stehen – Zeit zu verschaffen, damit sie weiterhin innovativ und unternehmerisch arbeiten können. Birkel: „Dazu bieten wir eine Reihe von Services an, die beispielsweise auch von anderen Mietern erbracht werden können. Auch hier hilft uns das eigene Netzwerk. Ein Beispiel: Wenn ein junges Unternehmen an einer Messe teilnehmen möchte, dann bindet die Vorbereitung unglaublich viel Zeit, die für andere Dinge fehlt. Wir übernehmen das. Zum Messebeginn können die Mieter entspannt erscheinen, und alles ist vorbereitet. Natürlich kostet das etwas, aber die Zeit, die ich zum Beispiel in die Weiterentwicklung meines Produktes stecke, ist am Ende viel kostbarer investiert als für die Organisation meines Messeauftritts.“
Bereich 3 unterscheidet sich von den vorherigen vor allem dadurch, dass hier die Verbindung zu externen Unternehmen hergestellt wird. Hier ist die Schnittstelle zu einem perspektivisch weitaus größeren Netzwerk. Christoph Birkel: „Wir haben kompetente Partner, mit denen wir Workshops organisieren können, die auch von externen Firmen genutzt oder sogar in Auftrag gegeben werden können. Mein Ziel ist es, dass Unternehmen, die kreativ an ihrem Produkt arbeiten möchten, wissen, dass dies im hit-Technopark möglich ist. Zum Beispiel ein Produkt-Sprint, ein Kampagnen-Sprint, ein Service-Sprint. Hier werden festgefahrene oder langwierige Entwicklungen beschleunigt und vielleicht entscheidend vorangetrieben. Dazu arbeiten wir mit Experten der Hamburger Kreativgesellschaft, der Agentur Innovation Natives (ehemals Haruki) und der Technischen Universität Hamburg zusammen. Wir bringen Wirtschaft in Verbindung mit den innovativen Kräften und den kreativen Köpfen. Wir können ein World-Café veranstalten oder auch Design Thinking anbieten – Methoden, über die kreative Quantensprünge möglich sind. Wir bringen die Experten in Position.“
So entsteht das Netzwerk 2.0
Das Spannende an dem Konzept: Auf dieser Drei-Säulen-Basis entwickelt sich ein neues Netzwerk, so die Hoffnung von Birkel. Ein Netzwerk 2.0, das weit über den hit-Technopark hinausgehen könnte und innovativen Input von außen ermöglicht. Er sagt: „Der Reiz steckt in den Querverbindungen. Warum sollte sich nicht ein Künstler mit einem Ingenieur unterhalten – da entstehen ganz neue Sichtweisen auf Probleme und auch neue Lösungsansätze.“
Stiftung eines Lehrstuhls geplant
Birkel ist derzeit mit der TUHH im Gespräch. In seinem Speed-Vortrag anlässlich des zehnjährigen Bestehens von Business & People berichtete er darüber, dass der hit-Technopark einen Lehrstuhl an der TU stiften möchte. Ziel ist die Erforschung der Mechanismen, die den eingangs erwähnten Kulturwandel herbeiführen können. TUHH-Präsident Ed Brinksma nahm das Thema in seinem Speed-Vortrag auf – die TUHH sieht die Initiative sehr positiv. Doch die Stiftung eines Lehrstuhls ist in Deutschland ein komplexer Vorgang mit vielen akademischen und organisatorischen Verfahrensregeln, die eine intensive interne Abstimmung erfordern. Dieses Verfahren wird gerade mit den verantwortlichen Gremien in Gang gesetzt.
Birkel: „Der Technopark ist eine Gemeinschaft technologiebegeisterter Menschen, die auch bereit sind, zusammenzuarbeiten – das ist unser erklärtes Ziel. Wenn unsere Strategie erfolgreich ist, dann werden wir ein Alleinstellungsmerkmal haben. Vermutlich wird der Kulturwandel Jahre dauern, aber ich glaube fest daran, dass er gelingen kann. Der Mehrwert unseres Parks besteht nicht aus Gebäuden – es sind die Menschen, die hier arbeiten.“ Dazu passt auch der neue Slogan des hit-Technoparks: „Wir leben Technologie“. wb
Die oben gezeigte Optik steht für das Netzwerken und ziert die neue Homepage des hit-Technoparks – dort allerdings in animierter Darstellung:
https://www.hit-technopark.de