Taschenkrebse abgewandert – Der Klimawandel ist schuld – Arne Weber feiert auf der Seuten Deern dennoch 150 Jahre helgoländisch-österreichische Freundschaft
Arne Weber rückte mit der Nachricht des Tages gleich zum Start heraus: „Ich freue mich über die vielen Gäste beim zwölften Knieperessen auf der Seuten Deern – erstmals am neuen Standort im Sandtorhafen, allerdings auch erstmals ohne Knieper. Da ist uns noch nie passiert. Den Krebsen ist es in der Nordsee zu warm. Die gehen einfach nicht in die Fangkörbe.“
Knieperessen ohne Knieper? Zum Glück gibt es noch andere Schalentiere, und so wurde den etwa 150 Gästen an Bord des ehemaligen Helgoland-Fahrers Kaisergranat serviert. Der hat auch Scheren, aber eben nicht so große und schmack-hafte wie der Taschenkrebs aus der Nordsee bei Helgoland. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Außerdem hatte Weber mit den „Casanovas“ aus Tirol und Kultwirtin Babsi aus Kitzbühel drei zünftige Spaßkanonen an Bord geholt – galt es doch, das 150-jährige Bestehen der helgoländisch-österreichischen Freundschaft zu feiern. Tatsächlich hatte 1864 bei einem Seegefecht vor Helgoland ein brennendes Schiff unter österreichischer Flagge im neutralen Hafen der Hochseeinsel Schutz gesucht. Helgoland gehörte damals noch zu England und hatte mit dem Krieg der Dänen gegen Preußen und Österreich nichts zu tun.
Für die Seute Deern war das Knieperessen zugleich der Einstand im Herzen Hamburgs. Das schneeweiße Traditionsschiff wurde im Sommer aus dem Harburger Binnenhafen in die Hafen-City verlegt, nachdem es von der Harburger Verwaltung vom Kai am Kanalplatz vertrieben worden war – ein Umstand, der vor allem von den Harburger Gästen mit Kopfschütteln kommentiert wurde. Nun liegt das Schiff am besten Platz in ganz Hamburg – mitten in der Hafen-City. Neidlos darf man anerkennen: Dort ist es tatsächlich deutlich attraktiver, und die Seute Deern kommt in der engeren Kulisse der Hafen-City-Gebäude sehr gut zur Geltung. So kann es gehen, wenn Paragrafen geritten werden. Professorin Dr. Karen Wiltshire, Leiterin der Biologischen Anstalt Helgoland, erklärte, warum die Knieper dieses Mal fehlten: Das Wasser ist mit 16 Grad noch so warm, dass sich die Tiere weiterhin häuten, beziehungsweise in kältere Gefilde abwandern. Sie hatte für den Gastgeber eine verzinkte Krebsschere (Knieper) mitgebracht: „Als Erinnerung für den Fall, dass Sie einen echten Knieper nie wieder in die Hand kriegen.“ Was fatal wäre, denn die Scheren sind eine echte Delikatesse.
Zu den Gästen zählten neben zahlreichen Wirtschaftsvertretern aus dem Süden Hamburgs auch wieder die Minister a. D. Volker Rühe mit Ehefrau Anne und Werner Marnette mit Ehefrau Angela sowie Wirtschaftssenator Frank Horch, Hamburgs Touristik-Chef Dietrich von Albedyll und erstmals der Bürgermeister von Helgoland, Jörg Singer. Passend zum bilateralen Anlass hatte Weber als Kleidung auch das Dirndl empfohlen – was von einigen Damen tatsächlich aufgegriffen wurde. Dass dem Kniepermangel künftig mit Murmeltierbraten begegnet werden soll, dürfte jedoch nur ein unschick-liches Gerücht sein . . . wb