Kündigung bei Kurzerkrankungen?

Ingolf F. Kropp

Ingolf F. Kropp

Grundsätzlich ist auch eine Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen möglich. Dazu ist eine negative Gesundheitsprognose erforderlich. Indiz hierfür sind Kurzerkrankungen von durchschnittlich insgesamt mehr als sechs Wochen pro Jahr in einem Zeitraum von drei Jahren. Die für die Zukunft prognostizierten Fehlzeiten müssen zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen; die betrieblichen Belastungen können sowohl in Betriebsablaufstörungen als auch in den zukünftig zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten liegen.

Im Rahmen der Interessenabwägung und der Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Kündigung muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass kein milderes Mittel als die Kündigung möglich gewesen ist. Zwar sei nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements gemäß § 84 Abs. 2 SGB IX (sogenanntes BEM) keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine solche Kündigung. Mit Hilfe des BEM könnten indessen „möglicherweise mildere Mittel als die Kündigung erkannt und entwickelt werden“. Der Arbeitgeber muss insoweit die Initiative zur Durchführung des BEM ergreifen und den Arbeitnehmer auf die Ziele des BEM sowie Art und Umfang der dabei zu erhebenden Daten konkret hinweisen. Der Arbeitnehmer muss nachvollziehen können, dass es dabei um die Grundlagen seiner Weiterbeschäftigung geht und dazu ein ergebnisoffenes Verfahren mit Vorschlägen von allen Seiten durchgeführt werden soll. Der Arbeitgeber hat im Rahmen dieses Verfahrens auch zu prüfen, ob nicht zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit geeignete Leistungen oder Hilfen von Rehabilitationsträgern in Anspruch genommen werden können. Eine bloße betriebsärztliche Untersuchung reicht hierzu nicht aus.

Vor diesem Hintergrund ist jedem Arbeitgeber dringend anzuraten, vor Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung (auch bei Langzeiterkrankungen) in jedem Fall ein vollständiges betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Wird das BEM von Arbeitnehmerseite aus abgelehnt, geht dies dann nicht mehr zulasten des Arbeitgebers.

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Der Autor ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in der Kanzlei SCHLARMANNvonGEYSO in Harburg.