Senat aktuell: Hamburg bekommt modernstes S-Bahn-Netz mit komplett digitalisiertem Betrieb

Hamburgs S-Bahn ist das am schnellsten wachsende Schienenverkehrsunternehmen in Deutschland. Foto: Unsplash / Wolfgang Weiser

Senat stellt hierfür Mittel in Höhe von 285 Millionen Euro bereit

Mehr Kapazität, größere Zuverlässigkeit, höhere Effizienz und Pünktlichkeit: Um die notwendige Kapazität angesichts der steigenden Nachfrage im öffentlichem Personennahverkehr herzustellen, soll der S-Bahn-Betrieb komplett digitalisiert werden. Damit wird in Hamburg das erste volldigitalisierte Netz in Deutschland errichtet. Der Senat plant hierfür Ausgaben in Höhe von 285 Millionen Euro ein. Für ein benötigtes digitales Stellwerk hat der Bund bereits Planungsmittel in Höhe von 20 Millionen Euro bereitgestellt.

Hamburgs S-Bahn ist das am schnellsten wachsende Schienenverkehrsunternehmen in Deutschland. Bis 2030 sollen durch die Integration der S4 und der S6 sowie der Verlängerung der S5 und des Hamburg Taktes der Zugverkehr um 30 Prozent wachsen. Dies bedeutet, dass die S-Bahn Hamburg nach Abschluss der Maßnahmen dann 1,1 Mio. Passagiere pro Tag anstelle der heutigen 750.000 Passagiere pro Tag befördern wird. Ziel ist es, diese erhebliche Mehrleistung, die das Netz stark belasten wird, mit einer höheren Qualität als heute abzuwickeln. Um diese Herausforderung zu bewältigen, bedarf es eines volldigitalisierten Betriebs. Hierfür ist der Senat nun einen weiteren entscheidenden Schritt gegangen.

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Anjes Tjarks, Senator für Verkehr und Mobilitätswende: „Unser Ziel ist es, dass Hamburgs S-Bahn wächst und dabei gleichzeitig an Pünktlichkeit und Qualität gewinnt. Nachdem wir das neue S-Bahnnetz etabliert haben, gehen wir jetzt den nächsten entscheidenden Schritt: Mit der Volldigitalisierung der S-Bahn werden wir deutschlandweit das modernste System auf die Schiene bringen und zukunftsweisend aufstellen. Nachdem der Senat bereits viel Geld für die Erweiterung und Ertüchtigung der S-Bahn Infrastruktur in die Hand nimmt und damit vor allem die Korridore in den Süden ausbaut, werden nun auch fahrzeugseitig die Voraussetzungen geschaffen, in einen voll digitalisierten S-Bahn-Betrieb zu kommen. Dies ist ein starkes Bekenntnis zur Hamburger S-Bahn und eine große sowie lohnenswerte Investition für die Fahrgäste. Besonders profitieren werden die Fahrgäste nach Harburg, weil sie nicht nur eine dritte Linie, sondern auch die modernste Zugführungstechnologie erhalten.“

Nachdem die ersten vier digitalen Züge der Linie S2 seit September 2022 auf dem Streckenabschnitt zwischen Berliner Tor und Bergedorf fahren, für 25 Fahrzeuge der Baureihe 474 eine Digitalisierung bereits beauftragt wurde und 64 weitere Züge der neuesten Baureihe 490 mit digitaler Technik bereits bestellt sind, erfolgt nun der nächste Schritt. Die ausstehenden 169 noch nicht umgerüsteten S-Bahnzüge sollen nun digitalisiert werden. Dieses Vorhaben wird passend zur laufenden 425 Millionen Euro-Investition für die Sanierung und Erweiterung der S-Bahnkorridore nach Harburg/Neugraben und Bergedorf realisiert.

Die Digitalisierung der S-Bahn muss zügig voranschreiten, da Linienergänzungen wie die S4 nach Bad Oldesloe, die S5-Verlängerung nach Kaltenkirchen und die Einführung der S6 als dritte Harburger Linie bevorstehen. Die Maßnahmen nach Harburg befinden sich bereits in der Umsetzung und sollen 2029 abgeschlossen werden, ebenso die S6 nach Harburg Rathaus und perspektivisch bis Neugraben. Die S4-Ost soll 2027 Richtung Ahrensburg starten. Der Harburger Korridor wird dabei von der Digitalisierung besonders profitieren, weil der Streckenausbau einem Neubau der gesamten Leit- und Sicherungstechnik gleichkommt, in dem erstmals in Hamburg eine Strecke komplett im so genannten ETCS Level 2 ohne Signale ausgerüstet wird. Neue Stellwerke, der Entfall von ortsfesten Signalen, sowie neue digitale Zugsteuerungs- und Kommunikationstechnik werden für eine höhere Streckenkapazität sorgen, so dass der Betrieb einer dritten Linie möglich wird. Mit der Digitalisierung können bis zu 30 Prozent mehr Züge auf bestehenden Gleisen fahren. Der Bergedorfer Korridor ist im Rahmen des ITS-Kongresses 2021 mit ETCS ausgerüstet worden, da hier ein Betrieb mit konventioneller Leit- und Sicherungstechnik über mehrere Jahre absehbar gewesen ist.

Die hochautomatisierten Züge übernehmen das Anfahren, Beschleunigen, Bremsen und Halten. Die Züge müssen dafür mit den Zugsteuerungssystemen ausgestattet werden – Automatic Train Operation (ATO) und European Train Control System (ETCS). Die vier bereits in Betrieb genommenen Züge der Linie S2 wurden mit Balisenantennen, Radaren und ETCS- sowie ATO-Computer ausgestattet; die Infrastruktur entlang der Strecke wurde aufgerüstet.

Um dieses System auf den gesamten S-Bahnbetrieb in Hamburg auszuweiten, ist ein digitales Stellwerk nötig, damit auch der Zentralbereich des Hamburger S-Bahnnetzes, der von allen Linien und Fahrzeugen befahren wird, ohne Signale ausgebaut werden kann. Das neue digitale Stellwerk soll die bisherigen Stellwerke in Altona und am Hauptbahnhof ersetzen und ermöglicht eine höhere Taktung ohne aufwendigen Bau von Gleisen und Signalen. Bis zu 30 Prozent mehr Züge können so auf den bestehenden Gleisen fahren. Die Umrüstung der S-Bahn-Fahrzeugflotte soll bis Ende 2029/Anfang 2030 abgeschlossen sein, da bis dahin auch die genannten Erweiterungstrecken umgerüstet sowie das digitale Stellwerk in den Betrieb genommen werden soll. Nur digitalisierte Fahrzeuge können auf den umgerüsteten Strecken mit einem Digitalen Stellwerk fahren. Eine Doppelausrüstung für diese Strecken (für ETCS und nicht umgerüstete Fahrzeuge) ist wirtschaftlich nicht sinnvoll.

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Die Fahrzeuge stellen sich aus zwei Fahrzeuggenerationen (sog. „Baureihen“) zusammen: Dies sind 112 Fahrzeuge der Baureihe 474 und 146 Fahrzeuge der Baureihe 490. Ursprünglich war geplant, die Fahrzeuge der Baureihe 474 bis 2033 auszuwechseln. Ihr Einsatz wird nun bis 2037 verlängert. Die Verlängerung des Einsatzes der dann digitalisierten Baureihe reduziert die Haushaltsbelastung der Jahre 2023 – 2038 im Gesamtvertragsvolumen auf Basis einer statischen Kostenschätzung zum ermittelten Bedarf der ursprünglich früher angedachten Neufahrzeugbeschaffung zum Jahr 2033 um etwa 400 Mio. Euro. Diese Summe wurde auf Basis einer Kostenschätzung zum finanziellen Bedarf der ursprünglich angedachten Fahrzeugbeschaffung der neuen Baureihe zum Jahr 2033 ermittelt.

Die Nachbarländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen profitieren ebenso von der Digitalisierung wie die Freie und Hansestadt Hamburg. Die Störungsreduktion und die Erhöhung der Pünktlichkeit im Zentrum wirken sich direkt auch auf alle Außenäste aus bzw. lösen durch die teilweise weiteren Takte sogar höhere Betroffenheit aus. Hamburg geht mit der Planung zur Digitalisierung der S-Bahn in die Vorhand und wird weiter mit den Nachbarländern dazu im Gespräch bleiben.