B&P-BUSINESSTALK SKN-Experte Lennart Holst über lange Verfahrensdauern bei Bauprojekten.
Deutschland muss mehr Wohnraum schaffen – das ist mittlerweile wohl auch dem Letzten klar. Um so erstaunlicher ist es, welche bürokratischen Hürden den Investoren bisweilen begegnen. Besonders deutlich wird dies, wenn es im Rahmen des Genehmigungsverfahren vor Gericht geht. Lennart Holst, Anwalt und Spezialist für das öffentliche Baurecht, erklärt im BusinessTalk mit Host Wolfgang Becker, wo Beschleunigungspotenzial schlummert – und wieso es zumeist besser ist, sich bei Streitfällen im Vorfeld zu einigen.
Vorschriften gibt es bekanntermaßen viele im Baurecht. „Beim Einfamilienhaus natürlich weniger als bei einem komplexen Projekt“, so Holst. Wird die Baugenehmigung gestellt, dann leitet die Baubehörde den Antrag auch an andere betroffene Fachabteilungen weiter, beispielsweise an das Umweltdezernat. „Und dadurch dauert‘s dann zum Teil natürlich auch mal ein bisschen länger. Aber das ist auch gleichzeitig eine Form von Service, weil ich mit meinem Antrag nicht selbst an jede Behörde einzeln herantreten muss.“ Nicht zuletzt gibt es auch Fristen, innerhalb derer sich die Behörden äußern sollen. „Ob das dann so geschieht, ist natürlich die andere Frage“, erklärt der Anwalt.
Holsts Erfahrungen sehen jedenfalls eher anders aus. Naturgemäß hat er viel mit Projekten in der Region zu tun. „Da geht es oft um zig Millionen Euro, aber die Vorhaben hängen einfach in der Warteschleife. Wenn man mit den Investoren spricht, dann liegen die Nerven oft blank.“
Am schlimmsten werde es jedoch, wenn Investoren sich mit der Behörde oder mit den Nachbarn nicht ganz einig sind und das ganze Projekt vor Gericht geht. „Dann ist man mit Verfahren konfrontiert, die häufig eine halbe Ewigkeit dauern.“ Natürlich stehe es jedem Investor frei, trotz eines nachbarlichen Widerspruchs schon einmal loszubauen. „Aber dann droht die Gefahr, dass man bei einer Niederlage alles wieder zurückbauen muss, und dieses Risiko möchte natürlich niemand eingehen.“ Gerade bei Großprojekten gebe es eigentlich immer irgendeine Streitfrage. „Natürlich ist es sinnvoll, die Themen im Vorfeld gütlich zu lösen. Aber das gelingt nicht immer“, sagt Holst.
Doch der Gang zum Gericht ist dann oft riskant. Und zwar nicht nur deshalb, weil das Urteil nicht wie gewünscht ausfallen könnte. Lennart Holst: „Wir haben immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Entscheidung sehr lange dauern kann. In erster Instanz sind vier bis fünf Jahre keine Seltenheit.“ Was bis dahin mit den Baukosten passiert ist und wo die Zinsen liegen, wird bei solch langen Horizonten zum Glücksspiel. Und somit auch die Frage, ob sich das Projekt überhaupt noch rechnet, selbst dann, wenn man das Gericht als strahlender Sieger verlässt.
Holsts Fazit: „Natürlich haben fast alle Regeln irgendwo einen sinnvollen Kern – und es ist auch gut, dass man gegen Bauprojekte juristisch vorgehen kann. Aber am Ende ist es vor allem die praktische Ausgestaltung, mit der wir uns in Deutschland oft selbst im Weg stehen.“ top
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