Alles nur Liebhaberei . . . ?

B&P-GESPRÄCH Steuerberaterin Inken von Minden (SKNvonGeyso) über die neue
Besteuerungsregelung für Gewinne aus PV-Anlagen

Die Energiewende in Deutschland hat allerlei Facetten. Die am deutlichsten sichtbare dürfte dabei der exorbitante Zuwachs an Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern der Repu­blik sein – ein Thema, das übrigens auch unter verschiedensten Aspekten in diesem Immobilien-Special beleuchtet wird. Einen Punkt hat Inken von Minden, Steuerberaterin bei SKNvonGeyso, im B&P-Gespräch in den Mittelpunkt gerückt und dabei einen Begriff gebraucht, der in diesem Zusammenhang eher unerwartet daherkommt: Liebhaberei. Das Thema: Die steuerlichen Aspekte einer PV-Anlage vor dem Hintergrund der neuen gesetzlichen Regelung durch das Jahressteuergesetz 2022 und das erst kürzlich veröffentlichte BMF-Schreiben zur Anwendung der Vorschrift.

Bisher war es so: Wer sich eine PV-Anlage aufs Dach setzte und den erzeugten Strom ins Netz einspeiste, der erzielte hieraus mit Gewinnerzielungsabsicht gewerbliche Einkünfte. Die Finanzbehörden wurden zwar angewiesen, die innere Tatsache der Gewinnerzielungsabsicht im Einzelfall zu prüfen, eine bundesweite einheitliche Umsetzung der Überprüfung konnte allerdings nicht sichergestellt werden. Im Ergebnis waren die Erfolgschancen für den Steuerpflichtigen nicht absehbar und mit einem hohen Verwaltungsaufwand verbunden. Der erzielte Gewinn unterlag damit oftmals der Ertragssteuer. Inken von Minden: „Bei einer installierten Leistung von bis zu zehn kW oder kWp (Kilowatt/Peak) kann man einen formfreien Liebhaberei-Antrag stellen, vorausgesetzt der Strom wurde neben der Einspeisung ausschließlich in Räumlichkeiten genutzt, die eigenen Wohnzwecken dienen. Das bedeutete: Trotz Einspeisung und Vergütung wurden die Einnahmen fiskalisch nicht als steuerpflichtig behandelt.

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Im Jahressteuergesetz 2022 wurde kurz vor dem Jahreswechsel eine Vielzahl steuerlicher Vorschriften geschaffen. Unter anderem wurde eine Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen eingeführt. Die neue gesetzliche Regelung brachte einige Zweifelsfragen mit sich. Inken von Minden: „Die gesetzliche Neuregelung gilt rückwirkend für Einnahmen, die nach dem 31. Dezember 2021 erzielt wurden.“

Die neue Regelung: Sie sieht eine Steuerbefreiung für bestimmte PV-Anlagen vor, differenziert jedoch stärker. Kurz: Es wird möglicherweise gerechter, aber eben auch deutlich komplizierter. Ab sofort wird im ersten Schritt nach der Gebäudeart entschieden: Einfamilienhäuser und nicht zu Wohnzwecken dienende Gebäude (zum Beispiel Gewerbe-Immobilien) oder sonstige Gebäude, wie gemischt genutzte Immobilien. Die Obergrenze wurde von vormals zehn auf 30 kWp für Einfamilienhäuser und nicht zu Wohnzwecken dienenden Gebäuden angehoben. Bei kombinierten Gebäuden (Wohnen und Gewerbe) gelten zwei Mal 15 kWp. Inken von Minden: „Also 15 kWp pro Einheit. Besteht ein Gebäude aus einer Gewerbeeinheit und zwei Wohneinheiten, was ja durchaus nicht unüblich ist, kommen folglich sogar 45 kWp als Obergrenze zusammen. Die Summierung könnte man bei entsprechenden Kombi-Gebäuden nun endlos weiterführen, aber da hat der Gesetzgeber vorgesorgt: Die Steuerbefreiung ist maximal bis 100 kWp pro Steuerpflichtigem oder pro Mitunternehmerschaft möglich.“

Angenommen, die PV-Anlage ist größer dimensioniert und unterliegt damit nicht mehr der Steuerbefreiung, so kann die Vergütung des eingespeisten Stroms zudem der Gewerbesteuer unterliegen. Für diese großen PV-Anlage sei in Erinnerung gerufen: Es gilt ein gewerbesteuerlicher Freibetrag von 24 500 Euro Gewinn pro Jahr.

Und nun wird es noch komplizierter, wie die Steuerberaterin erläutert: „Wenn ich nur einen Teil des erzeugten Stroms einspeise, mit dem anderen Teil aber beispielsweise meine Fahrzeuge lade oder eine elektrische Anlage betreibe, so gilt dieser private Eigenverbrauch als Sachentnahme und wird zusätzlich zu der Einspeisungsvergütung als steuerpflichtiger Ertrag erfasst. Und zwar nicht zu den üblicherweise niedrigen Vergütungsbeträgen, sondern zu den marktüblichen Strompreisen. Das gilt bei Anlagen mit Gewinnerzielungsabsicht, die das Finanzamt grundsätzlich annimmt, wenn die Leistung höher als 30 kWp ist. Diese kann bei gemischt genutzten Gebäuden möglicherweise höher sein.“

Im Gegenzug können die PV-Anlagen über 20 Jahre lang abgeschrieben und weitere Kosten gegengerechnet werden. Da dies alles einen immensen Verwaltungsaufwand bedeutet, haben Betreiber von größeren PV-Anlagen die Möglichkeit, eine Langzeitprognose (die so genannte Totalgewinnprognose) zu erstellen, mithilfe der nachgewiesen werden kann, dass keine Gewinne erwartet werden. Inken von Minden: „Dann würde die PV-Anlage wieder als Liebhaberei gewertet, sodass mangels Gewinnerzielungsabsicht keine steuerpflichtigen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen.“

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„Kaum zu durchschauen“

Wer als Privatperson Solarstrom einspeist, wird damit unter oben genannten Voraussetzungen steuerlich zum Gewerbetreibenden. Dass ein privater PV-Betreiber mehr als 24 500 Euro Gewinn (Einnahmen minus Kosten und Abschreibungen) pro Jahr erzielt, hält die Steuerberaterin für unwahrscheinlich. Aber: Der erzielte Gewinn aus der PV-Anlage ist in der privaten Einkommensteuererklärung anzugeben und unterliegt dem individuellen Einkommensteuertarif.

Inken von Minden: „Das ganze PV-Paket ist unter steuerlichen Gesichtspunkten ziemlich komplex geworden und für den normalen Bürger, der eigentlich nur seinen Beitrag zur Energiewende leisten möchte, kaum zu durchschauen. Trotzdem lässt sich sagen, dass die Steuerbefreiung für kleine PV-Anlagen ein Schritt des Gesetzgebers in die richtige Richtung darstellt. Für kleine PV-Anlagen muss kein Gewinn ermittelt werden, die Steuerbefreiung gilt kraft Gesetzes ohne Antragstellung und zudem muss keine Wirtschaftlichkeitsberechnung aufgestellt werden. Im Hinblick auf das erst kürzlich vom Bundestag verabschiedete Gebäudeenergiegesetz, besser bekannt als ‚Heizungsgesetz‘, sind weitere steuerliche Vereinfachungen und Anreize im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien aber durchaus wünschenswert.“ wb

>> Kontakt: vonminden@skn.partners
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