Die Wasserbauspezialisten von HC Hagemann bauen die neue Seebrücke in Wyk auf Föhr – Gespräch mit Christian Weber
Ein Seebad ohne Seebrücke? Undenkbar! Das dachten sich auch die Stadtväter von Wyk auf Föhr, als Ende der 2020er-Jahre klar war, dass die 1960 gebaute und 1980 sanierte „Mittelbrücke“ kein weiteres Mal erneuert werden kann. Nach dem Abriss ist nun das Harburger Unternehmen HC Hagemann (HCH) dabei, die neue Mittelbrücke zu bauen. Anstelle der alten Holzkonstruktion, die aufgrund der Tide immer nur eine begrenzte Lebensdauer hatte, hat HCH jetzt die Vorbereitung zur Montage einer komplexen Stahlkonstruktion abgeschlossen – fast 60 Stahlrohre wurden von den HCH-Wasserbauspezialisten in den Grund der Nordsee gerüttelt. Zentimeterarbeit, wie HCH-Geschäftsführer Christian Weber erläutert. Auf die Gründungspfähle wird die eigentliche Seebrücke gesetzt, ein Mosaik aus etwa 100 vorgefertigten Segmenten, die von HCH zur neuen Mittelbrücke zusammengesetzt werden.
Christian Weber: „Die neue Mittelbrücke ist ein eher schwieriges Projekt: Insellage, Tide, Spezialgerät und Knowhow sind erforderlich. Als das Projekt ausgeschrieben wurde, war klar: Das ist etwas für HCH.“ Das Unternehmen ist seit vielen Jahren eine Topadresse, wenn es kompliziert wird. So etwa wie beim Bau der Strompfeiler für die neue Kattwykbrücke in Hamburg (siehe Link) oder bei der Sanierung des Alten Elbtunnels. Die neue Mittelbrücke in Wyk auf Föhr ist zwar vom Auftragsvolumen her deutlich kleiner dimensioniert, erfordert aber dennoch Spezialwissen und Spezialgerät. Weber: „Deshalb waren bei der Ausschreibung nur drei Firmen zugelassen, denen man das zutraute. Eine davon waren wir – und wir haben dann 2022 den Zuschlag erhalten. Bei so einem Projekt entscheidet nicht allein der Preis – es kommt auf Erfahrung und Expertise an.“
„Zweifach geknickter Brückenverlauf“
Die neue Mittelbrücke in Wyk wurde vom Hamburger Ingenieurbüro Ramboll entworfen – modern, multifunktional, beständig und so ganz anders als gewohnt: Realisiert wird ein „zweifach geknickter Brückenverlauf“. Die Brücke wird durchgehend vier Meter breit und mehr als 150 Meter lang. Am „Kopf“ entsteht eine etwa 1100 Quadratmeter große Plattform, von der aus eine Treppen- und eine Liftanlage zu einer Badestelle führen. Eine weitere Badestelle ist im vorderen Bereich vorgesehen. Im ersten „Knick“ soll zudem ein Spielgerät aufgestellt werden – passenderweise ein Wal zum Klettern und Verstecken.
Nach allen Planungen und Berechnungen erfolgte irgendwann der erste „Rammschlag“. Der fand im Frühjahr 2023 statt. Christian Weber: „Die Gründungspfähle bestehen aus 19 Meter langen Rohren, die mittels Rüttler mit einem variablen statischen Moment in den Seegrund eingetrieben und anschließend mit Sand verfüllt werden. Wir sind hier immerhin im Naturschutzgebiet Wattenmeer. Das ist sensibel, deshalb haben wir nicht gerammt. Der Seilbagger mit dem Rüttler stand an Bord eines Arbeitsschiffes, das seitlich Stützen auf den Meeresboden absenken kann, um fest zu stehen. Durch die Tide setzte das Schiff manchmal auf, sodass wir unsere Arbeiten nach dem Tidekalender ausführen mussten.“ Von dem fast 40 Meter lange Arbeitsschiff aus werden in der Montagephase mit dem Seilbagger auch die Brückenelemente, der so genannte „Stahlüberbau“, auf die Pfähle gesetzt.
Brückenbausatz aus 100 Teilen
Bereits in der ersten Bauphase nahmen die Inselbewohner regen Anteil an den Arbeiten, wie Christian Weber berichtet. Die zivile Bauaufsicht dürfte in der Montagephase noch einmal deutlich zunehmen, denn dann werden die rund 100 Module Stück für Stück auf See zusammengesetzt – eine Art riesiger Bausatz. Weber: „Die Bauteile werden samt Elektrik für die Ambiente-Beleuchtung und Beplankung geliefert. Die Tragkonstruktion ist zwar aus Stahl, insgesamt 400 Tonnen, aber die Lauffläche besteht aus fünf Zentimeter starken Bongossi-Bohlen.“ Hinter dem eigentlichen Bau steckt eine aufwendige Logistik, denn das Material wird per Schiff und Lkw zur Baustelle geliefert. Erstmals kommt auf Föhr ein neuer Teleskop-Raupenkran von HCH zum Einsatz, der vom Strand aus das Material aufs Arbeitsschiff hievt.
Stand heute sind alle Pfähle punktgenau gesetzt und eingemessen. Die ersten Elemente sollen Anfang Oktober gesetzt werden. Die Übergabe der neuen Mittelbrücke ist für den Sommer 2024 geplant. Der Neubau kostet einen zweistelligen Millionenbetrag, von denen 90 Prozent das Land Schleswig-Holstein übernimmt. Die alte Mittelbrücke, die im Januar binnen weniger Tage komplett zurückgebaut wurde, wird übrigens nicht ganz verschwinden. Gut erhaltene Pfähle und Bretter wurden eingelagert. Sie werden zur Reparatur der Südstrandbrücke genutzt, die 2020 durch eine Sturmflutserie zerstört worden war. wb
>> Web: www.hchagemann.de
(Unternehmen), https://www.business-people-magazin.de/business/immobilien- bau/hier-werden-zwei-hochhaeuser-versenkt-18387/ (Kattwyk-Brücke)