5. Buxtehuder Gewerbe-Forum im Zeichen von Strom, Wasserstoff & Co.
ie können wir wirtschaften, ohne Umwelt und Gesellschaft zu belasten? Und wie können sich Unternehmen klimapositiv und ressourcenschonend weiterentwickeln? Unter dieser Fragestellung fand das 5. Buxtehuder Gewerbe-Forum mit dem Titel „Energiewende: Impulse – Ideen – Handeln“ statt. Wirtschaftsförderung und Stabstelle Nachhaltige Entwicklung der Hansestadt Buxtehude hatten dafür gemeinsam mit der hochschule 21 und dem Wirtschaftsverein ins Autohaus STADAC geladen.
„Wir haben eine große Aufgabe vor uns, bei der wir auch die Skeptischen mitnehmen müssen“, sagte Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt zum Auftakt der ausgebuchten Veranstaltung. Allen sei bewusst, dass jeder an einer anderen Stelle stehe. Mancher habe bereits Lösungen, andere fragten sich noch, wie sie die Transformation schaffen sollten. Aus diesem Grund hatten beim Gewerbe-Forum regionale Unternehmen die Chance, ihre Ideen, Konzepte oder Lösungsansätze zu präsentieren und anschließend ins Gespräch zu kommen.
Als Keynote-Sprecher und Inspirationsquelle bat Moderator Wolfgang Becker (Objektleiter Business & People) Rüdiger Köhler auf die Bühne. Er ist Geschäftsführer der Elobau GmbH in Leutkirch (Allgäu). Der Hersteller von Zubehör für Baumaschinen und landwirtschaftliche Geräte wurde im Sommer von der Wirtschaftswoche bereits zum zweiten Mal als nachhaltigster Mittelständler Deutschlands ausgezeichnet. Köhler eröffnete seinen Vortrag mit dem Gedicht „Der Panther“ von Rainer Maria Rilke und zog Parallelen zur heutigen Wirtschaftswelt: „Überproduktion, Hektik, Druck, Energieverschwendung – das sind die Gitterstäbe der Wirtschaft. Wir geben dem Panther aber seinen ursprünglichen Raum zurück.“ Elobau versuche deswegen, die Aspekte Ökologie, Soziales und Ökonomie im Gleichgewicht zu halten.
Marcus Hübner, Geschäftsführer der hochschule 21, betonte, dass die Wende auch in der Lehre angekommen sei: „Das Thema Nachhaltigkeit zieht sich bei uns durch sämtliche Fächer.“ Lars Oldach, Vorsitzender des Wirtschaftsvereins Buxtehude, richtete den Blick auf das vielfältige Engagement der heimischen Wirtschaft: „Mancher hat eine Bienenwiese, andere nutzen in ihrer Produktion kein Palmöl mehr und ich kenne sogar Kleinunternehmer, die nur noch solche Kunden annehmen, die auch per ÖPNV erreichbar sind.“
Nach Köhler betrat ein Duo die Bühne. Dennis Dreier (Innung Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Klempnertechnik) und Stadac-Inhaber Martin Leuchtenberger sprachen über die Rahmenbedingungen für die Energiewende. Der Heizungs-Profi verwies darauf, dass die Effizienz von Gasbrennern nicht weiter gesteigert werden könne. „Wenn wir also Treibhausgas einsparen wollen, dann mit Wärmepumpen.“ Engpass sei eher das Material, weil nicht alle aktuell verfügbaren Modelle für den deutschen Markt geeignet seien, beispielsweise wegen zu hoher Lautstärke. „Personell sollten wir es aber hinbekommen, die Kapazitäten umzusteuern. Unsere Branche war schon immer ziemlich wandlungsfähig.“
Wie die Energiewende ganz praktisch aussehen kann, zeigte dann Martin Leuchtenberger auf. Weil er mit allen Angeboten für eine Ladesäulen-Infrastruktur auf seinem Firmengelände unzufrieden war, baute er die Anlage einfach selbst – inklusive Photovoltaik-Fläche auf dem Dach. „Es war ein Spießrutenlauf, aber wir haben unsere Energiekosten jetzt im Griff. Das eröffnet uns finanzielle Handlungsspielräume, zum Beispiel bei Lohnanpassungen.“
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen beleuchteten anschließend Daniela Westerhoff, von der IHK Stade und der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Harburg-Buxtehude, Andreas Sommer. Westerhoff unterstrich, dass die EU-Vorgaben in Sachen „Green Deal“ harte Anforderungen an die Wirtschaft stellten: „Das wird Unternehmen dazu zwingen, klimaneutral zu werden.“ Sommer ergänzte, dass auch bei der Kreditvergabe an Unternehmen ökologische Kriterien immer wichtiger würden: „Die Politik hat verstanden, dass die Finanzwirtschaft der Transmissionsriemen für die Transformation in Richtung Green Deal ist. Wir werden künftig einen Score ermitteln, um die Nachhaltigkeit einzuschätzen und bei schlechten Werten dezidiert nachfragen müssen.“
Dr. Roland Hamelmann vom Transferzentrum Elbe-Weser sprach über das Wasserstoff-Netzwerk Nordostniedersachsen (H2.NON). „Mit unseren 136 Mitgliedern brauchen wir uns auch nicht zu verstecken. Wir werden in Berlin durchaus wahrgenommen.“ Durch das geplante Hyperlink-Projekt solle Wasserstoff bis nach Salzgitter transportiert werden, wo er für die Stahlerzeugung verwendet werden könne.
Stefan Babis, Geschäftsführer der Stadtwerke Buxtehude, benannte zum Abschluss die Herausforderungen, die die Energiewende für kommunale Versorger bedeuten. „Wir wechseln unsere Rolle vom Ein- und Verkäufer zum Erzeuger. Unser altes Geschäftsfeld wird obsolet.“ Auch bei den Stromnetzen werde es Änderungen geben: „Wenn immer mehr Wärmepumpen und Ladesäulen in Wohngebieten auf Stromnetze aus den 70er- und 80er-Jahren treffen, dann werden wir die Netze punktuell verstärken müssen. Welche Kosten das mit sich bringt, ist aktuell noch die große Unbekannte.“ Das sei aber auch eine Riesenchance: „Wir werden Lösungen und Wege finden. Aber wir brauchen dafür Investitions- und Finanzierungssicherheit.“
Derart thematisch aufgeladen ging es für das Publikum anschließend ans Netzwerken. Bis weit in den Abend gingen die Debatten über die Herausforderungen der Energiewende in kleineren Kreisen weiter. „Energie ist einer der entscheidenden Standortfaktoren für die Standortsicherung von Unternehmen und die Energiewende ist eine komplexe Gemeinschaftsaufgabe; von daher bin ich sehr dankbar für all die unterschiedlichen Impulse“, lautet das Fazit von Buxtehudes Wirtschaftsförderin Kerstin Maack. „Die Bewältigung dieser Aufgabe gelingt nur mit regionalem Fokus und einem guten Netzwerk zwischen Unternehmen, Politik und Verwaltung – dafür ist unser Gewerbeforum eine hervorragende Plattform.“
Entstanden war das Gewerbe-Forum im Rahmen des ersten Klimaschutzkonzepts von 2014, mit dem Ziel, das Thema Klimaschutz und gesellschaftliche Verantwortung gemeinsam mit den Unternehmen der Region voranzutreiben. Derzeit wird das zweite Klimaschutzkonzept erarbeitet, mit dem Ziel bis 2035 klimaneutral zu werden.
>> Web: Buxtehude2035.de
Buxtehude 2035
„Buxtehude 2035 – Bring deine Stadt in die Zukunft“ unter diesem Motto richtet die Hansestadt den Blick auf ein lebenswertes und vielfältiges Buxtehude. Mit der kommunalen Gesamtstrategie „Buxtehude 2035“ orientiert sie ihr künftiges Handeln an den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Die Krisen der vergangenen Jahre zeigen, dass wir neue ganzheitliche Lösungen benötigen. In einem breiten Beteiligungsprozess hat die Stadt sechs wegweisende Themenfelder identifiziert:
Innovative und
zukunftsfähige Wirtschaft
Lebens- und
erlebenswerte Stadt
Starke und solidarische
Gesellschaft
Gesundheit und
Wohlergehen
Klimaneutralität, Mobilität und Naturschutz
Bildung, Erziehung
und Betreuung
Nachhaltiges Wirtschaften ist von großer Bedeutung: Wie können wir wirtschaften ohne Umwelt und Gesellschaft zu belasten? Die Strategie dient bei diesen Fragen als Kompass für das künftige Handeln. Der Rat der Hansestadt Buxtehude entscheidet im Herbst über die Strategie.