Pastor Johannes Justus (Buchholz) über die theologischen Fähigkeiten von ChatGPT.
L iebe Gemeinde . . .“ – es ist schon einigermaßen befremdlich, was da auf dem Bildschirm erscheint, wenn ChatGPT den Auftrag bekommt, eine Predigt zu schreiben. Wer spricht da – ein Theologe? Ein Hirte? Ein Seelsorger? Am Ende der Papst? B&P hat den Textgenerator aufgefordert, eine Predigt zu Psalm 16.11 im Stile von Johannes Justus, Pastor der Friedenskirche Buchholz, zu schreiben (siehe unten) und den Theologen befragt, wie er das Ergebnis findet. Seine Antwort trifft den wunden Punkt der KI.
Sätze wie „In Gottes Gegenwart dürfen wir das Glück finden, das keine Grenzen kennt. Es ist eine Glückseligkeit, die uns niemals verlassen wird.“ dürften dem 36-Jährigen noch nie über die Lippen gegangen sein. Es sagt: „Das Ergebnis ist theologisch betrachtet ja nicht falsch, kommt aber eher wie eine Aneinanderreihung von Floskeln rüber. Eine Predigt ist immer auch mit dem Menschen verbunden – und der Frage, was das Gesagte für mein Leben bedeutet. Als Pastor einer evangelischen Freikirche finde ich mich in dem KI-Text nicht wieder. Ein Grund unabhängig von der pastoralen Art der Sprache: Eine Predigt soll nicht informieren, sondern transformieren. Das gesprochene Wort soll Veränderung bewirken.“ Will heißen: Der KI-Text ist nicht falsch, kommt aber blutleer daher – er wird mangels eines lebendigen Absenders in gewisser Weise abgestorben.
Johannes Justus weiter: „Mit Veränderung ist beispielsweise gemeint: Wie schaffe ich es, im Angesicht des Todes zu leben. Ich denke, dass ist der Ursprung aller Religionen. Und bestimmt keine Frage, die sich eine KI stellt. Das Wort, das der Mensch in der Not braucht, kann er sich nicht selbst geben. Und die KI kann es eben auch nicht. Denn Künstliche Intelligenz kann keine Beziehung aufbauen. Also auch nicht auf einer Beziehungsebene schreiben oder sprechen. Als Pastor liebe ich es, Dinge aus meinem Leben zu erzählen, christliche Inhalte greifbar zu machen und Menschen im Gottesdienst ‚abzuholen‘. ChatGPT hat nichts erlebt und verfolgt auch kein Ziel. Der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber betont die Beziehung, wenn er sagt: Nur im Du werde ich zum Ich. KI ist kein Du – und kann deshalb auch kein Gegenüber sein.“ Das ist der wunde Punkt von KI. wb