„Der Mittelstand hat seine Stärken im Miteinander“

INTERVIEW Ralf Moormann, Sprecher der Geschäftsführung bei Zajadacz in Neu Wulmstorf, über soziale Aspekte beim mobilen Arbeiten, 50 offene Stellen und den Boom bei Photovoltaik-Anlagen Foto: B&P

INTERVIEW Ralf Moormann, Sprecher der Geschäftsführung bei Zajadacz in Neu Wulmstorf, über soziale Aspekte beim mobilen Arbeiten, 50 offene Stellen und den Boom bei Photovoltaik-Anlagen.

Mit 27 Niederlassungen ist der Elektrogroßhandel Adalbert Zajadacz einer der Marktführer im Dreieck Flensburg, Münster und Frankfurt/Oder. B&P-Redakteur Wolfgang Becker sprach in der Zentrale in Neu Wulms­torf mit Geschäftsführer Ralf Moormann über die Herausforderungen dieser krisenhaften Zeit und die Ziele des Unternehmens. Bis 2030 wollte er die halbe Umsatz-Milliarde geknackt haben, aber nun sagt Ralf Moormann: „So wie es heute aussieht, erreichen wir dieses Ziel bereits im nächsten Jahr.“ Kurz: Das Geschäft läuft bestens, allerdings kämpft auch Zajadacz mit dem Arbeitskräftemangel. 50 offene Stellen – das spricht für sich. Aktuell beschäftigt das Unternehmen insgesamt rund 700 Mitarbeiter.

Wenn Sie sich die ganzen Krisen einmal anschauen – welche wirkt sich auf Ihr Geschäft am stärksten aus?

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Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel an sich ist natürlich ein großes Thema, aber auch die nachrückende Generation der Beschäftigten als solche – weil sie heute ganz andere Anforderungen an einen modernen Arbeitgeber hat, als dies bei früheren Generationen der Fall war.

Sie sprechen das Leistungsprinzip an?

Die Art der Arbeit muss sich verändern – das sehe ich als die größte Herausforderung an. Ich habe das früher nicht so wahrgenommen, aber heute stellt sich die Frage, wie ich als Arbeitgeber einer nachwachsenden Generation einen Arbeitsplatz bieten kann, der nicht nur sicher und zukunftsorientiert ist, sondern auch sexy. Und wenn wir ehrlich sind: Elektrogroßhandel klingt jetzt nicht wirklich sexy. Wenn man genau hinsieht, erkennt man aber, dass die Eckpfeiler der Energiewende mit unserem Tagesgeschäft untrennbar verwoben sind. Die Aufgaben des Elektrogroßhandels haben sich in den letzten Jahren verändert und werden sich weiter verändern. Unser Anspruch ist es, darauf nicht nur zu reagieren, sondern die Veränderung aktiv mitzugestalten. Dazu braucht man Menschen, die das auch wollen.

Was begegnet Ihnen in den Bewerbungsgesprächen konkret – sind das direkte Wünsche oder eher diffuse Erwartungen, die gar nicht so recht greifbar sind?

Keine Frage, da sind auch diffuse Erwartungen dabei. Aber wenn man beispielsweise mobiles Arbeiten im Homeoffice nicht anbietet, ist man sowieso schon raus. Das Thema Zugehörigkeit zum Unternehmen spielt nicht mehr die Rolle wie früher, als man noch stolz war, 20 Jahre beim selben Arbeitgeber zu sein. Jetzt hat man eher den Eindruck, dass man nicht mehr hip ist, wenn man nicht jedes Jahr den Arbeitgeber gewechselt hat. Das ist herausfordernd für alle Beteiligten.

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Zajadacz beschäftigt viele gewerbliche Mitarbeiter, beispielsweise in der gesamten Logistik. Das lässt sich ja nicht im Homeoffice regeln, da ist Präsenz ein Muss.

Deshalb ist die öffentliche Diskussion aus meiner Sicht häufig auch nicht gerechtfertigt und berücksichtigt bei weitem nicht alle Parameter und Interessengruppen. Ich habe das Gefühl, dass nur noch über mobiles Arbeiten gesprochen wird. Aber was machen wir mit den Beschäftigten, die beispielsweise am Flughafen arbeiten oder den vielen Menschen, die – nicht nur bei uns – in der Logistik tätig sind? Die müssen vor Ort sein. Und was haben wir da für Arbeitsmodelle? Darüber müssen wir uns Gedanken machen, denn nur mobiles Arbeiten funktioniert vielfach nicht. Und: Wenn das Homeoffice zur Normalität wird, wie bekomme ich dann eigentlich den Spirit eines Unternehmens und die Identifikation mit dem Unternehmen transportiert?

Da wären wir beim Thema Kommunikation und Teambuilding.

Das soziale Miteinander im Unternehmen ist beim mobilen Arbeiten schwer aufrechtzuerhalten. Mit Teams, Zoom & Co. lässt sich das nicht im gleichen Maße auffangen, obwohl ich diese Instrumente nicht mehr missen möchte. In die öffentliche Diskussion zieht das Thema gerade unter dem Begriff „Social Glue“ ein. Sozialer Klebstoff, die Quelle der Stabilität einer Gemeinschaft. Und gerade der Mittelstand hat seine Stärke doch im Miteinander. Hier haben Sie kurze Wege, schnelle Entscheidungen und die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen. Das zeichnet uns aus und begründet unseren Erfolg.

Das Unternehmen Adalbert Zajadacz ist in der Elektro-Branche als Partner des Handwerks und der Industrie sehr bekannt. Haben Sie trotzdem Probleme, genügend Leute zu finden?

Ja. Wir haben zurzeit 50 offene Stellen ausgeschrieben. Und wenn wir ehrlich sind, suchen wir auf allen Ebenen. Allerdings haben wir noch kein elementares Problem, denn viele Aufgaben lassen sich mittlerweile digital und automatisiert abbilden. Aber wenn wir nicht schon vor mehr als zehn Jahren damit angefangen hätten, unsere Prozesse zu verschlanken, zu digitalisieren und Standard-Abläufe in der Logistik zu automatisieren, wären wir heute nicht da, wo wir sind. Weil wir nicht genügend Menschen hätten, um die Aufgaben zu bewältigen. Außerdem könnten sie jungen Leuten keinen Arbeitsplatz anbieten, der interessant ist. So gesehen, haben wir überall Themen. In manchen Niederlassungen bzw. Regionen ist es einfacher Mitarbeiter zu finden, in anderen schwieriger. Wenn Sie beispielsweise in Pritzwalk jemanden suchen, ist das wirklich nicht einfach.

Wie sieht es denn hier in der Zentrale in Neu Wulmstorf aus?

Gefühlt haben wir in Neu Wulmstorf jeden . . . (lacht)

. . . der nicht bei Drei auf dem Baum ist.

Naja, so ungefähr. In Neu Wulmstorf und den umliegenden Orten ist Zajadacz schon ein Begriff und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter empfehlen uns als Arbeitgeber ja nicht nur auf Bewertungsplattformen wie kununu, sondern glücklicherweise auch ihren Bekannten und Nachbarn. Aber das Thema der öffentlichen Anbindung ist ein Desaster. Wenn die S-Bahn denn fährt, ist es vielleicht ganz nett. Ich freue mich über die neue Autobahn, auch wenn das zurzeit nicht en vogue ist.

Immerhin haben Sie im Gegensatz zu Buxtehude einen Zubringer . . .

Die größte Herausforderung: Wir reden teilweise über theoretische Ansätze, die in der Praxis noch nicht funktionieren. Nehmen wir als Beispiel die E-Mobilität, und ich kann Ihnen versichern, dass gerade wir als Elektrogroßhandel da einen gewissen Markt­überblick haben, und die Zusammenhänge kennen. Natürlich sind wir da dran, aber wie viele Ladesäulen haben Sie denn – auf dem Weg nach Berlin oder in ländlichen Gebieten? In der Theorie mag das auf dem Papier alles funktionieren. In der Praxis fehlen uns das Material und die Menschen im installierenden Handwerk, um die politischen Ziele in dieser Kurzfristigkeit umzusetzen. Warum müssen wir immer im Absoluten leben? Die Welt ist bunt. Wir müssen Lösungen entwickeln, die innovativ, preisgünstig und exportierbar sind. Dann machen alle mit, denn nur alle zusammen können das Klima retten. Verbote, Sanktionen und Verteuerung fordern nur selten zum Mitmachen auf. Ich denke, wir müssen immer berücksichtigen, dass wir in Deutschland nicht allein auf der Welt sind. Wir sind im Wettbewerb.

Was meinen Sie konkret?

Isoliert betrachtet, mögen manche Dinge, die wir hier in Deutschland machen, durchaus Sinn ergeben. Aber wir sind auf einem europäischen oder gar globalen Markt. Wir haben nicht nur den Arbeitskräftemangel, sondern teilweise umfangreiche behördliche Auflagen. Auf der einen Seite will ich preiswerten Wohnraum schaffen, mache aber zugleich das Bauen so teuer, dass es gar nicht preiswert werden kann. Ich spreche von einem Mietendeckel und wundere mich, wenn kein Interesse am Wohnungsbau vorhanden ist. Und im Energiesektor kommen ganz aktuell auf uns alle neue gesetzliche Auflagen zu, die wir noch gar nicht genau beziffern können.

. . . und damit haben wir eine hausgemachte Krise: die latente Überregulierung.

Die Baubranche ist massiv unter Druck. Allein durch die Zinspolitik und die Inflation. Der Einfamilienhausbau ist quasi zum Erliegen gekommen – von daher: Es gibt unglaublich viele krisenhafte Themen, aber auch gleichzeitig viele Chancen.

Wie sieht es mit den Lieferketten aus?

Wir haben teilweise immer noch große Probleme bei der Beschaffung von Ware, die wir in der Vergangenheit wie selbstverständlich kurzfristig bekommen konnten. Unsere ganzen EDV-Systeme sind auf diese Situation gar nicht eingestellt, da man nicht mehr mit normalen Wiederbeschaffungszeiten arbeiten kann.

Thema Energie: Sie haben hier einen großen Gebäudekomplex und entsprechend einen hohen Aufwand für elektrische Energie und Heizung. Wie wirkt sich das aus?

Unsere Idee, die neue Halle mit Photovoltaik auszustatten, ließ sich leider nicht umsetzen, da wir unsere neue Autostore-Anlage – als Reaktion auf den Brand einer ähnlichen Anlage in Irland – während die Halle bereits gebaut war, zusätzlich mit einer Sprinkleranlage absichern mussten. Diese ist an der Hallendecke befestigt, wodurch die geplante Photovoltaik-Anlage statisch nicht mehr realisierbar war. Übrigens ein generelles Thema, wenn in der Politik über PV-Anlagen auf Dächern diskutiert wird. Bei uns sind die wenigsten Hallendächer unserer Bestandsgebäude photovoltaikfähig, wir tun aber, was wir können.

Als Elektrogroßhandel verkaufen Sie auch PV-Panels an Ihre Gewerbekunden. Regis­trieren Sie eine steigende Nachfrage?

Ja, das ist sehr deutlich spürbar. Bei uns hat sich der Umsatz alleine im Bereich PV aktuell verfünffacht – auf etwa fünf Millionen Euro pro Monat.

Seit wann hat die Nachfrage so angezogen?

Wir haben im vorigen Jahr damit begonnen, in diesen Bereich noch stärker zu investieren. Sie brauchen aus Gewährleistungsgründen jedoch Lieferanten, bei denen Sie sicher sein können, dass diese auch in ein paar Jahren noch am Markt vertreten sind. Außerdem brauchen Sie nicht nur die PV-Panels, sondern u.a. auch die Gestelle und die Wechselrichter. Beides ist manchmal nicht so einfach zu bekommen. Hätten wir alle Produkte zur richtigen Zeit vorrätig, könnten wir sicherlich noch viel mehr Umsatz generieren. Aber: Wir sind nicht unglücklich über das, was da gerade passiert. Wir treten im Elektrobereich als Vollsortimenter und Komplettausstatter für ein Gebäude an. Bei uns erhält man alles, was dafür notwendig ist. Und dazu zählt eben auch Photovoltaik.

>> Web: https://www.zajadacz.de/