Der Ehevertrag als rechtliches Gestaltungsinstrument?

Von Jakob Köster, Rechtsanwalt bei SKNvonGeyso.

Die wenigsten Paare denken vor ihrer Hochzeit darüber nach, einen Ehevertrag zu schließen. Dem Ehevertrag hängt zu Unrecht weiterhin der Ruf an, ein Zeichen für Misstrauen und mangelnde Romantik der Ehegatten zu sein. Tatsächlich eröffnet das Instrument des Ehevertrags vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, um sich auf faire Regeln für den Fall der Scheidung (in Deutschland wird statistisch jede dritte Ehe geschieden) zu einigen und sogar (gänzlich) den Anfall von Erbschaftsteuer zu vermeiden. 

Gerade, wenn größere Werte wie Unternehmensbeteiligungen und Immobilien im Vermögen eines Ehegatten vorhanden sind, sollte in Erwägung gezogen werden, den Ehevertrag als Instrument zu nutzen, um eine Scheidung und den Erbfall finanziell glimpflich ausgehen zu lassen. Insbesondere für Unternehmen können diese Fälle sonst existenzbedrohend werden. 

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Schließen Ehegatten keinen Ehevertrag gilt der Güterstand der Zugewinngemeinschaft. In einer solchen erwirtschaften die Ehegatten rechtlich betrachtet zwei getrennte Vermögensmassen. Es ist eine weitverbreitete Fehlvermutung, dass ohne einen Ehevertrag eine Art Gütergemeinschaft herrscht und Vermögen automatisch gemeinsam erworben wird. 

Tatsächlich wird bei Beendigung der Ehe durch Scheidung dann eine wirtschaftliche Schlussrechnung gemacht und der jeweilige wirtschaftliche Gewinn der Ehegatten während der Ehe errechnet. Der Ehegatte mit dem höheren ehelichen Zugewinn, muss diesen dann ausgleichen, damit im Ergebnis beide Ehegatten den gleichen ehelichen Zugewinn erzielt haben. Um dies zu vermeiden, kann ein Ehevertrag geschlossen und der Güterstand der Gütertrennung vereinbart werden. Dann muss bei der Scheidung keine Schlussrechnung vorgenommen und kein Ausgleich durchgeführt werden. 

Ein Ehevertrag mit diesem Inhalt erscheint im Hinblick auf die Beendigung der Ehe durch Scheidung insbesondere für Unternehmer sehr attraktiv. Für den Fall der Beendigung der Ehe durch den Tod kann die Vereinbarung der Gütertrennung und die Abweichung vom gesetzlichen Güterstand jedoch erhebliche steuerliche Nachteile bedeuten. Dies zeigt folgendes Beispiel.

Im Erbfall steht dem überlebenden Ehegatten ein persönlicher erbschaftssteuerlicher Freibetrag von 500 000 Euro zu. Der übersteigende Betrag ist zu versteuern. Der Ausgleich des Zugewinns ist steuerfrei. Erbt der Ehegatte im Güterstand der Zugewinngemeinschaft  zum Beispiel 700 000 Euro, kann er seinen erbschaftsteuerlichen Freibetrag von 500 000 und zusätzlich seinen steuerfreien konkreten Zugewinn geltend machen. So kann unter Umständen die gesamte Erbschaft steuerfrei erworben werden. 

Diesen Vorteil verschenkt derjenige, welcher nur die Folgen einer Scheidung im Auge behält und vorschnell im Ehevertrag die Gütertrennung vereinbart. Durch geschickte rechtliche Gestaltung im Ehevertrag können unter Umständen die Vorteile des Güterstands der Zugewinngemeinschaft im Erbfall und der Gütertrennung im Falle der Scheidung vereinbart werden. Bereits geschlossene Eheverträge sollten darauf überprüft werden, ob sie nach der bisherigen Ehegestaltung noch wirksam sind. 

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Die gute Nachricht ist, dass ein Ehevertrag jederzeit bis zu Beendigung der Ehe geschlossen oder geändert werden kann, um eine bestmögliche Lösung für beide Fälle zu finden. 

Werden also die persönlichen Freibeträge im Erbfall voraussichtlich überschritten oder sind hohe Zugewinnansprüche eines der Ehegatten denkbar, empfiehlt sich eine individuelle fachkundige Beratung.

Fragen an den Autor: Koester@skn.partners