Wasserstoff-Symposium im Tempowerk: Leistungsschau mit lebhafter Debatte.
Von Tobias Pusch
Wird Wasserstoff entscheidend zur Energiewende beitragen können? Diese Frage ist nach wie vor umstritten. Doch eines wurde beim Wasserstoff-Symposium von Wirtschaftsverein, Süderelbe AG und TU Harburg klar: Es wird kräftig geforscht – und die technischen Lösungen überzeugen mehr und mehr. Mehr als 200 Besucher machten sich im Tempowerk an 19 Ständen ein Bild vom aktuellen Stand der Emtwicklung und lauschten den Ausführungen zahlreicher Referenten, die teils informativ, teils aber auch durchaus kontrovers daher kamen.
Durch den Ukraine-Krieg bekam das Thema Wasserstoff zuletzt kräftigen Rückenwind und wurde endlich sein Stiefkind-Image los. Kein Wunder, verspricht das Gas doch Unabhängigkeit von politisch problematischen Lieferanten bei gleichzeitiger Klimaneutralität. Woran es allerdings nach wie vor hakt, ist die Energieeffizienz. Denn bei der Elek-trolyse, also der strombasierten Gewinnung von Wasserstoff aus Wasser, liegt der Wirkungsgrad noch zwischen 60 und 85 Prozent.
Die Geschwindigkeit, mit der dieser Umbau in die „Neue Welt“ geschieht, ist vielen dabei noch deutlich zu langsam. Zum Beispiel Dirk Lehmann, Verwaltungsratsvorsitzender der Clean Logistics SE, die in Winsen wasserstoffgetriebene Sattelschlepper baut. Er sieht ein Henne-Ei-Problem und fordert, dass beispielsweise die Stadt Hamburg bei der Wende mutig vorangehen müsse, indem sie in den Hafenbetrieben auf eine wasserstoffbetriebene Flotte setze. „Wir haben aktuell genug Grünen Wasserstoff, um die Fahrzeuge zu betreiben. Woran es mangelt, sind die Abnehmer“, erklärte er. „Wenn man jetzt aber, statt zu handeln, erst noch Förderprojekt um Förderprojekt auflegt, dann haben wir irgendwann 2030“, so der Unternehmer unter dem Applaus seiner Zuhörer.
Den richtigen Weg gibt es nicht
Auch Christopher Schwieger, Amtsleiter der Behörde für Wirtschaft und Innovation, wünscht sich mehr Eile, gerade auch angesichts der angespannten Lage am Erdgas-Markt. „Aktuell versuchen wir, mit gigantischen Summen über den Winter zu kommen. Wir bauen LNG-Terminals und wissen schon jetzt, dass die Gasversorgung nicht mehr zum alten Preis stattfinden kann – aber der Staat kann eben auch nicht alles runtersubventionieren, bis wir endlich wettbewerbsfähigen Wasserstoff haben.“ Am Ende hänge der Erfolg „von uns allen“ ab, so Schwieger, der bedauerte, „dass größere Firmen bei der Umstellung oft gar nichts ohne Fördermittel tun“.
Professor Martin Kaltschmitt vom Institut für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der TUHH erweiterte derweil in einem kurzweiligen Beitrag das technische Wissen seiner Zuhörer und zeigte vor allem auf, dass es bei der Energiewende nicht den einen richtigen Weg gibt. „Entweder müssen wir Elektronen importieren, also Strom, oder aber Moleküle, also Wasserstoff.“ Beide Systeme hätten spezifische Vor- und Nachteile. So sei der Strom in hohem Maße kompatibel mit den vorhandenen Systemen und könne zudem über kurze und mittlere Strecken relativ effizient und günstig transportiert werden. „Aber wenn wir eine Leitung zu Solarparks nach Saudi Arabien bauen wollen, dann ist das eher schwierig. So oder so steuern wir aber auf eine Welt zu, die immer mehr auf Elektrizität als Energie setzt.“
Eine Energieversorgung auf Wasserstoff-Basis sei hingegen weniger störanfällig, weil sie nicht zwingend über Leitungen erfolgen müsse, sondern auch durch Tanker möglich ist, also ähnlich zur heutigen Ölversorgung. „Diese Technik ist resilienter, zudem ermöglicht der Energietransport über Moleküle, dass der Import grundsätzlich in der von uns benötigten Menge stattfinden kann.“ Doch gleichzeitig sei der Transport auch das größte Problem. Denn der Wasserstoff müsse zuvor entweder verflüssigt oder mittels Ammoniaksynthese umgewandelt werden – beide Wege sind technisch aufwendig, bisweilen gefährlich und obendrein verlustbehaftet.
Kaltschmitts Fazit: „Unsere energieimportabhängige Volkswirtschaft mit grüner Energie zu versorgen, erscheint mit Wasserstoff derzeit am aussichtsreichsten. Aber er ist eben nur ein Teil der Lösung, denn wenn wir Strom direkt nutzen können, dann werden wir das machen, denn das ist einfacher, günstiger und effizienter.“
Tempowerk Innovationsmanager Mark Behr zeigte sich nach der Veranstaltung zufrieden: „Das Symposium heute war eine großartige Möglichkeit für Austausch, Debatte und Kooperation. Die vielen Teilnehmenden zeigen, wie sehr das Thema Wasserstoff Wirtschaft, Wissenschaft und Politik beschäftigt.“ Gehe es nach ihm, könne ein zweites Symposium im nächsten Jahr gern kommen.