Das war’s!

Häuserzeile entlang der Straße im Fischbeker Heidbrook Foto: IBA Hamburg

B&P VOR ORT Nach sechs Jahren hat die IBA Hamburg mit dem Fischbeker Heidbrook ein ehrgeiziges Quartiers­projekt für 3000 Menschen im Bezirk Harburg abgeschlossen – Projektkoordinatorin Philippa Dorow zieht Bilanz.

Wir treffen uns Mitte September an einer der letzten Baustellen im Quartier: Im Fischbeker Heidbrook zwischen dem Bärentraubenweg und dem Heidschnuckenring baut die Saga 54 Wohneinheiten. Die Bodenplatte liegt bereits, die Grundrisse der Parterrewohnungen sind bereits zu erkennen. Hier und an zwei weiteren Baustellen wird noch gearbeitet, aber dann ist mit einer Ausnahme das gesamte Neubaugebiet fertiggestellt, sagt Philippa Dorow, als IBA-Projektkoordinatorin zuständig für den Fischbeker Heidbrook und das nördlich angrenzende Neubaugebiet Fischbeker Reethen. Lediglich ein Grundstück mit Platz für 51 Reihenhäuser wird verspätet noch bebaut. Es musste noch einmal ausgeschrieben werden. Dennoch: Jetzt ist Zeit, einmal Bilanz zu ziehen.

Ältere Semester werden sich erinnern: Das 54 Hektar große Gelände südlich der Bundestraße 73 gehörte einst dem Bund – hier lag die Röttiger-Kaserne, in der Panzergrenadiere, ein Artillerie-Bataillon und das Flug­abwehr-Regiment 3 zu Hause waren. Letztere führten 1979 den mittlerweile schon wieder ausgemusterten Flak-Panzer Gepard ein, der unlängst von der Bundesregierung als schwere Waffe an die Ukraine geliefert wurde. Aber das ist alles Geschichte. Heute leben hier etwa 3000 Menschen, die in dem Quartier das naturnahe Wohnen am Rande der Fischbeker Heide genießen.

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Architektonische Leichtigkeit

Eine Rundtour durch den Fischbeker Heidbrook zeigt aufwendig gestaltete Spielplätze, den typischen Hamburger Drittel-Mix aus Eigentum, freifinanzierten Mietwohnungen und gefördertem Wohnungsbau, viele Frei­flächen, mit der sanierten Uwe-Seeler-Halle eine Sportstätte und viele Menschen, die sich hier bereits häuslich eingerichtet haben. Im Quartier gibt es einen Supermarkt, ein Ärztehaus, noch im Ausbau befindliche Seniorenwohnungen in den denkmalgeschützten ehemaligen Kasernengebäuden im Norden des Geländes (Fischbeker Höfe) sowie viele kleine Wohnstraßen, die durch ihre Anordnung automatisch zu übersichtlichen Nachbarschaften führen. Der Fischbeker Heidbrook bietet acht Hektar Freiraum, ist also keineswegs eng dichtgepflastert, sondern von einer gewissen architektonischen Leichtigkeit geprägt. Erstaunlich in Zeiten grassierender Nachverdichtung. 1200 Wohneinheiten stehen im Plan, die letzten sind im Werden. Die Hamburger Projektentwicklungsgesellschaft IBA hat mittlerweile ein großes Quartiersfest gefeiert und damit den Schlusspunkt gesetzt. Das war’s. Ab sofort ist wieder der Bezirk Harburg zuständig.

Die Mulde ist keine Sandkiste!

Die Qualitätssicherung wird über die IBA allerdings noch bis 2023 geleistet. Unter diesem Begriff ist die Kontrolle der architektonischen und gestalterischen Vorgaben zu verstehen. Die IBA Hamburg hatte bei der Konzeptionierung einen detaillierten Plan entwickelt, um ein Wohngebiet neuen Typs zu realisieren. Ein Thema: die Oberflächenentwässerung. Philippa Dorow: „Wir haben hier ein Risa-Pilot-Projekt umgesetzt. Doch es zeigt sich, dass wir noch stärker an der Kommunikation arbeiten müssen, denn nicht alle Grundeigentümer haben verstanden, um was es geht. Sie wundern sich darüber, dass sie im Garten eine Mulde haben, in der Wasser versickern soll. Und nein, das ist keine Sandkiste!“

Risa steht für RegenInfraStruktur­Anpassung. Konkret geht es darum, Quartiere so zu konstruieren, dass die Bewohner bei Starkregenereignissen nicht Land unter und volle Keller melden. Deshalb gibt es im Fischbeker Heidbrook Grundstücke, die das Oberflächenwasser ableiten und solche mit einer Versickerung. Ein klassisches Regenwassersiel für die Oberflächenentwässerung gibt es nicht. Das ganze Gebiet ist von Gräben durchzogen, die im Ernstfall das Wasser aufnehmen können und zu einem tiefgelegenen Regenrückhaltebecken leiten. Die Straßen sind als Überschwemmungsflächen eingeplant. Philippa Dorow: „Trotz umfangreicher Informationsmaßnahmen ist es nicht in jedem Fall gelungen, das Prinzip rüberzubringen. Selbst manche Garten- und Landschaftsbauer waren irritiert, weil sie Sickermulden noch nie gebaut hatten. Also machten sie es so, wie sie es kannten – die Verrohrung unter die Erde.“

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Aber die Diplom-Ingenieurin im Fach Architektur mit Master im Fach Urban Management bleibt dennoch gelassen: „Mitte 2020 habe ich hier ein Starkregenereignis live erlebt. Es war unglaublich, was da herunterkam und sich auch aus der Fischbeker Heide ins Wohngebiet ergoss. Tatsächlich hat die Risa-Planung funktioniert – das Wasser stand randvoll in den Gräben, floss aber geordnet ab. Die Lehre: Der hohe Anspruch der IBA an neue Wohngebiete ist auch ein Kommunikationsthema. Wer hier ein Grundstück bekommt, ist eben nicht nur neuer Grundeigentümer, sondern auch Teil eines Konzepts, einer Idee, die nur funktioniert, wenn alle mitmachen.“

Mehr Platz für Ärzte einplanen

Eine weitere Herausforderung war die Vermietung des Ärztehauses – eine Aufgabe, die der Investor angeboten hatte, also auch erledigen musste. Das Problem schildert
Philippa Dorow: „Immer weniger Ärzte lassen sich allein nieder. Eher werden Medizinische Versorgungszentren oder Gemeinschafts­praxen eröffnet. Das funktionierte jedoch nicht, weil die vorgesehenen Praxisräume zu klein waren. Wir wollten aber einen Allgemeinmediziner und gerne auch einen Kinderarzt im Wohngebiet haben. Und das hatte der Investor zugesagt – so kämpfte er über eineinhalb Jahre mit Leerstand.“ Mittlerweile ist eine Lösung gefunden, aber der Fall zeigt: Veränderte Marktbedingungen können gut gemeinten Konzepten zuwiderlaufen. Hier sind in Zukunft durchaus andere Grundüberlegungen anzustellen. Dass noch zwei Einfamilienhäuser im Bau sind, hat übrigens mit dem Ärztethema zu tun. Philippa Dorow: „Diese Grundstücke wollten wir den niedergelassenen Ärzten zum Kauf anbieten. Wir haben sie am Ende dann frei vergeben.“

Fazit: Binnen sechs Jahren, Hochbaustart im Quartier war 2016, können sich viele Dinge ändern, die bei den Planungen so noch gar nicht absehbar waren. Philippa Dorow wird die Akte Fischbeker Heidbrook nun schließen und nördlich der B73 weiterarbeiten. Das Baugebiet Fischbeker Reethen steht noch ganz am Anfang. wb

>> Web www.iba-hamburg.de