Sensor-Solo für E-Gitarre . . .

Alisa Möhrke vom Startup WeDart zeigte, wie ihre Dartscheibe dank kleiner Kameras per Triangulation vollautomatisch die Punktzahl beim Dartspielen errechnet.

Manege frei für frische Ideen: Rundgang über die bunte Ausstellerwelt des Innovationszirkus‘

Beim Innovationszirkus auf dem Gelände des TIP Innovationspark Nordheide in Buchholz präsentierten zahlreiche Unternehmen ihre Erfindungen. Während des Rundgangs wurde schnell klar: Manches ist bereits heute anwendbar, anderes noch im Prototypen-Status, einiges vielleicht sogar nur eine Wette auf bestimmte technologische Entwicklungen.

Schon vor dem Zirkuszelt wartete die erste Innovation auf die Besucher: Der autonome Obstplantagenhelfer Aurora der hochschule21. Der selbstfahrende Wagen wurde unter Anleitung von Prof. Thorsten Hermes entwickelt. Das Gefährt transportiert – beispielsweise auf Apfelplantagen – die gefüllten Obstkisten zu zentralen Sammelpunkten und verlädt sie dort zum Weitertransport auf Anhänger. „Das kann gerade in Zeiten des Fachkräftemangels eine sinnvolle Einsparung menschlicher Arbeitskraft bedeuten“, sagte Isabel Bartels, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Projekts. „Zudem ermöglichen uns das geringe Gewicht und die Anordnung der Räder, dass die Böden weniger zerfurcht werden als bei einem klassischen Trecker.“

Ebenfalls autonom unterwegs sind die Produkte von Beagle Systems aus Hamburg, wenngleich in der Luft. Die Gründer ließen vor dem Zelt eine Drohne aufsteigen, die sowohl den Schwebeflug wie ein Hubschrauber beherrscht – dank ihrer Flügel und der Spannweite von 2,50 Meter aber auch in den klassischen Flächenflug übergehen kann. Denn der verbraucht nur ein Zehntel so viel Energie. Auf diese Weise kann das 13,5 Kilogramm wiegende Luftfahrzeug mit einer Akkuladung bis zu 200 Kilometer zurücklegen. „Das Besondere an unserem Geschäftsmodell ist aber nicht nur die Technik, sondern auch die Dienstleistung, die wir dazu anbieten“, so Co-Gründer Mitja Wittersheim. „Wir sind annähernd wie eine Airline aufgestellt und bieten unseren Kunden an, dass sie sich nicht mit der komplizierten Regulatorik seitens der Behörden auseinandersetzen müssen.“ Anwendungszwecke sind beispielsweise die Inspektion von Überlandleitungen oder auch die Unterstützung der Feuerwehr bei Einsätzen. Dank 5G-Technologie können hochaufgelöste Videos und zahlreiche Messdaten von Sensoren in Echtzeit an die Brandbekämpfer übertragen werden.

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Das Feld der Meteorologie bearbeitet die Firma Eigenbrodt aus Königsmoor. Im Innovationszirkus demonstrierte Geschäftsführerin Andrea Nahl die Arbeitsweise verschiedener Messgeräte; so auch ein neuartiges Produkt, das die Intensität von Hagel erkennt. „Der Sensor kombiniert mehrere Saiten mit einer darunter liegenden Magnetspule. Im Grunde ist er also wie eine E-Gitarre aufgebaut“, erklärte sie schmunzelnd. Die Sensoren der Firma werden in dem neuen Technologiepark auf einem etwa zehn Meter hohen Mast künftig die für viele Unternehmen und Forscher wichtigen meteorologischen Daten liefern.

Weniger auf den professionellen als auf den privaten Bereich zielt – im wahrsten Sinne des Wortes – das Startup WeDart, das kürzlich an der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) entstanden ist und bereits im Finale des Hamburg Innovation Awards stand. Das Unternehmen ermöglicht Dart-Spielern eine vollautomatisierte Erfassung ihrer Punktzahl. Zwar gibt es bereits elektronische Dartscheiben, die dies können. „Aber da haben die Pfeile Plastikspitzen, während man bei uns die von vielen geliebten klassischen Steel Darts benutzen kann“, so Mitgründerin Alisa Möhrke. Die Funktionsweise: Im oberen Teil des rund um die Scheibe angebrachten Styropor-Rings sind drei Kameras installiert, die per Triangulation die Position der Pfeile bestimmen können. „Unsere Genauigkeit liegt aktuell bei 98 Prozent, und wir werden immer besser“, sagte Möhrkes Co-Gründer Lennart Zorn. Aktuell läuft die Massenproduktion der Scheibe an.

Für die Industrie interessant sein dürften die Produkte von Marposs. Mehr als 40 Mitarbeiter entwickeln und produzieren in Egestorf Sensoren für die Überwachung von Maschinen. An seinem Stand hatte Forschungs-Mitarbeiter Timo Elend eine kleine Anlage aufgebaut, die live demonstrierte, welche geringen Erschütterungen bereits registriert werden können. „Auf diese Weise können wir beispielsweise eine CNC-Fräse stoppen, wenn sie sich dem Werkstück zu stark nähert“, so Elend. Aktuell wird daran gearbeitet, bestimmte Muster bereits weit vor dem „Ernstfall“ zu erkennen. „Wir wollen einen möglichen Crash schon deutlich vor dem Eintreten vorhersagen und so den möglichen Schaden noch weiter minimieren.“

Mit einer hochauflösenden VR-Brille im Gepäck war Schenker Technologies den weiten Weg aus Leipzig nach Buchholz gekommen. Mit ihr konnten die Besucher in virtuelle Welten eintauchen. Vertriebs-Mitarbeiter Volkmar Blank hatte beispielsweise ein Gittermodell sowie eine fotorealistische Animation eines Autos dabei. Dank der Brille ließen sich beide Varianten in allen Details erkunden. Wer wollte, konnte sich sogar unter das virtuelle Fahrzeug legen und sich den Unterboden anschauen. „Die Datenmengen, die dabei entstehen, sind enorm“, so Blank. Allein zwei Glasfaserkabel sind nötig, um die Informationen vom und zum Computer zu transportieren. „Bei Einsätzen vor Ort, beispielsweise beim Kunden, ist 5G dann natürlich dringend nötig. Dieser Standard ermöglicht ein gänzlich neues Anwendungsfeld.“ top

>> Web: innovationszirkus.de

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Die Innovatoren greifen nach den Sternen . . .

Die Premiere ist gelungen: Mit dem Innovationszirkus hat die WLH Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Landkreis Harburg einen besonderen Impuls für die Entwicklung des 5G-Campus‘ auf dem Gelände des TIP Innovationsparks Nordheide in Buchholz gegeben. Am Vorabend der offiziellen Eröffnung fand im Zelt ein Treffen von Akteuren, Ausstellern, Politikern und Verwaltungsvertretern statt, das eines deutlich machte: Hier wird über Grenzen hinweg ein klares Zeichen für Zusammenarbeit gesetzt. Unter anderem dabei: die Landräte aus den Kreisen Harburg, Stade und Lüneburg sowie eine ganze Reihe von Vertretern aus dem Bezirk Harburg. Landrat Rainer Rempe machte deutlich, dass es beim Projekt „Using 5G“ um mehr geht als nur ein technisches Versuchsfeld für Unternehmen aus dem Landkreis Harburg: „Der Süden Hamburgs ist eine echte Zukunftsregion – und das schließt die Nachbarkreise und Hamburg mit ein.“

WLH-Geschäftsführer Jens Wrede betonte in seiner Begrüßung den zweiten wichtigen Aspekt des Innovationsparks – die Nachhaltigkeit, die unter anderem am Pflanzen von Klimabäumen (siehe auch Seite 7 im Immobilienspecial) und an der Eröffnung des Klimalehrpfades deutlich wird. Und er sagte: „Die Unternehmen im Landkreis Harburg haben großes Interesse am Wissenstransfer mit den Hochschulen.“ Mehrere Partnerschaften hat die WLH bereits eingefädelt. Und so überraschte es auch nicht, dass die Tutech Innovation GmbH im Rahmen der Messe mit einem eigenen Stand im Zirkuszelt vertreten war. Unter dem blauen Sternenhimmel im Zelt entspannten sich in der Folge interessante Gespräche, viele mit dem deutlich geäußerten Wunsch, dass der geplante Campus in Zukunft eine universitäre Funktion erfüllen könnte – beispielsweise als Dependance der TU Hamburg. Die bereits installierte 5G-Technologie, die Datenübertragung in Echtzeit ermöglicht und Maschinen zum Kommunizieren bringen kann, könnte der Schlüssel dafür sein, dass die Vision eine Chance hat und der Landkreis Harburg künftig kein weißer Fleck auf der Hochschullandkarte bleiben muss. So der Tenor. wb