Schwierige Zeiten am Bau

Was gilt bei kriegs- und sanktionsbedingten Kostensteigerungen?

Von Dr. Jens Biederer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, SKNvonGeyso

Die Auswirkungen des Ukrainekrieges sind inzwischen auch am Bau massiv zu spüren. Neben den massiven Steigerungen bei den Energiekosten sind Rohstoffe in vielen Fällen nicht nur teuer geworden. Ihre Beschaffung ist deutlich erschwert. Dies führt zu Verzögerungen bei vielen Bauvorhaben und erheblichen Kostensteigerungen. Es stellt sich derzeit sehr häufig die Frage, wer die gestiegenen Kosten trägt und welche Auswirkungen die Materialknappheit auf die zeitliche Fertigstellung des Bauvorhabens hat.

Grundsätzlich gilt, dass der Auftragnehmer während der vereinbarten Bauzeit an die vereinbarten Preise gebunden ist (sogenannte Festpreisabrede). Nur selten werden zwischen den Vertragsparteien Preisgleitklauseln vereinbart. Dies hat auch seinen Grund darin, dass es angesichts der Anforderungen der Rechtsprechung sehr schwierig ist, wirksam Preisgleitklauseln in den Vertrag einzubeziehen. Erst wenn die vereinbarte Bauzeit aus Gründen überschritten wird, die der Auftragnehmer nicht zu vertreten hat, hat dieser Anspruch auf eine Preisanpassung. Eine Ausnahme gilt, wenn Umstände eingetreten sind, die die Parteien bei Vertragsabschluss nicht vorhergesehen haben, deren Risiko nach dem Vertrag nicht eine bestimmte Partei zu tragen hat, und die das Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar erscheinen lassen.

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Einzelfallbetrachtung wichtig

In einem solchen Fall kann ein sogenannter Wegfall der Geschäftsgrundlage vorliegen. Allerdings sind auch hier die Anforderungen, die die Rechtsprechung stellt, sehr hoch. Überschaubare Kostensteigerungen oder auch massive Kostensteigerungen bei Einzelpositionen des Leistungsverzeichnisses werden für eine Preisanpassung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage regelmäßig nicht ausreichen. Hier ist stets eine Einzelfallbetrachtung notwendig.

Von nicht minderer Bedeutung für die Parteien ist in der Regel, ob Materialbeschaffungsprobleme zu einer Verlängerung der vereinbarten Ausführungsfristen führen. Insofern gilt, dass es grundsätzlich Sache und Risiko des Auftragnehmers ist, rechtzeitig die erforderlichen Materialien zu beschaffen. Im Einzelfall ist aber auch hier denkbar, dass sich der Auftragnehmer auf „höhere Gewalt“ berufen kann, die ihm die (rechtzeitige) Erfüllung des Vertrages unmöglich macht. Auch dies muss jeweils im Einzelfall betrachtet werden.

Da kein Bauvorhaben ohne ein Mindestmaß an Kooperation der Bauvertragsparteien

erfolgreich zu Ende geführt werden kann, tun diese gut daran, nach einer einvernehmlichen Lösung der sich aktuell stellenden Probleme zu suchen. Hilfreich ist dafür, zuvor die eigenen Rechte und Pflichten fachkundig prüfen und bewerten zu lassen.

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Fragen an den Autor? biederer@skn.partners