Darum sind selbstfahrende Autos die geborenen Opfer

Fotos: Wolfgang BeckerGrandiose Reise ins Reich der Gedanken: Neurowissenschaftler Dr. Henning Beck vor einem Bild, das sein eigenes Gehirn zeigt. Foto: Wolfgang Becker

Jahresempfang der Sparkasse Lüneburg: Neurowissenschaftler Dr. Henning Beck erklärt, warum Computer zwar lernen, aber nicht verstehen können.

Sie können das Gehirn aufschneiden und mal nachsehen, ob Sie da einen Gedanken finden . . .“ Mit dem Neurowissenschaftler Dr. Henning Beck aus Frankfurt präsentierte die Sparkasse Lüneburg zu ihrem nachgeholten Jahresempfang im Castanea Forum in Adendorf ihren 300 geladenen Gästen einen durchaus überraschenden wie unterhaltsamen Redner, der zu einer Reise ins menschliche Gehirn einlud. Einen Gedanken mussten die Teilnehmer allerdings nicht suchen, denn er stand auf jeder Stirn geschrieben: Endlich mal wieder eine gut besuchte Präsenzveranstaltung – das hier musste dann wohl das Ende von Corona in Lüneburg und Umgebung sein . . .“

Ob dem so ist, wird sich erst im Herbst zeigen, zunächst aber kann die Sparkasse eine erfolgreiche Rückkehr ins Reich der persönlichen Gespräche, der Kontaktpflege von Mensch zu Mensch und der Vernetzung feiern. Vorstandschef Torsten Schrell und Vorständin Janina Rieke freuten sich zumindest über das große Echo auf ihre Einladung. Schrell begrüßte die Gäste mit dem passenden Motto: „Wir wollen der erste Gedanke sein, wenn es um Geld und Mehr geht.“ Die regionale und nachhaltige Ausrichtung der Sparkasse lasse sich nicht allein mit Automatisierung und Digitalisierung bewältigen. Dazu braucht es etwas noch Leistungsfähigeres – unser Gehirn.“

„Daten an sich sind tot“

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Henning Beck startete seine 50-minütige Reise in den menschlichen Denkapparat mit einem Experiment, das gleich zu Beginn deutlich machte, wie anfällig das Gehirn für Täuschungen oder besser Selbsttäuschungen ist. Die Erkenntnis: Das Gehirn ist weitaus mehr als ein großer Rechner, der Unmengen Daten verarbeiten kann. Beck: „Daten an sich sind tot. Ideen und Wissen können wir nicht googeln. Menschen mit ihren Interpretationen verändern die Welt.“

Doch was ist das da eigentlich, was denkt? Der Neurowissenschaftler: „So eine Art Supercomputer, der allerdings langsam, fehlerhaft und eitel ist. Und trotzdem arbeitet das Gehirn gut.“ So gut, dass Henning Beck überhaupt keine Sorge hat, dass eines Tages die berüchtigte Künstliche Intelligenz die Macht übernehmen könnte. Moderne Rechner böten zwar eine sehr viel höhere Rechenleistung als das menschliche Gehirn, aber: „Seien Sie sicher: Dass so ein Rechner wirklich anfängt zu denken, werden Sie und ich und unsere Enkel nicht erleben.“ Anhand von schlechten Daten gute Entscheidungen zu treffen, das mache die menschliche Intelligenz aus.

80 Milliarden Musiker . . .

Was beim Denken im Gehirn passiert, machte er an einem Bild deutlich: „Stellen Sie sich ein Orchester mit 80 Musikern vor, die Bach spielen sollen. Wenn jeder irgendwas spielt, kommt dabei nichts heraus. Wenn man die 80 Musiker aber synchronisiert, dann entsteht plötzlich ein wunderbares musikalisches Erlebnis. Auf unser Gehirn übertragen bedeutet das: Wenn 80 Milliarden Musiker synchronisiert werden, dann entsteht ein wunderbares Ergebnis: ein Gedanke. Unser Gehirn denkt in Konzepten und Kategorien. Wir verstehen Sachverhalte und Zusammenhänge. Das kann kein Rechner. Wir können KI so lange trainieren, bis der Rechner mit hoher Wahrscheinlichkeit aus unzähligen Fotos jene
heraussucht, die einen Stuhl zeigen. Der Rechner hat aber nicht verstanden, dass man auf einem Stuhl sitzen kann. Unser Gehirn versteht das sofort. Verstehen ist etwas anderes als Lernen. Unsere Computer sind genauso dumm wie vor
50 Jahren, nur dass sie heute schneller dumm sind. Kein Computer kann in Konzepten denken – und das werden wir in endlicher Zeit auch nicht erleben.“

Ein Schwätzchen auf der A7

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In seinem Exkurs nahm sich Henning Beck auch das autonome Fahren vor und kam zu dem Schluss: „Es gibt viele Gründe, warum sich das autonom fahrende Auto nicht durchsetzen wird. Der wichtigste: Es ist das geborene Opfer. Diese Fahrzeuge sind absolut auf Sicherheit programmiert. Sie stoppen sofort, sobald ein Hindernis auftaucht. Was lernen wir Fußgänger daraus? Wenn das Auto stoppt, brauche ich keine Fußgängerampel mehr. Ich kann jederzeit einfach über die Straße gehen, denn alle Fahrzeuge halten automatisch an. Ein Schwätzchen auf dem Mittelstreifen der A7? Kein Problem . . .
Autonomes Fahren wird eine sehr langsame Angelegenheit. wb

>> Web: www.sparkasse-lueneburg.de