„Die Türen stehen offen“

Fotos: IN-TIMESylvia Gienow-Thiele und Christoph Gienow, Inhaber von IN-TIME am Trelder Berg, sind als Unternehmerehepaar derzeit gleich mehrfach herausgefordert. Foto: IN-TIME

Fachkräftemangel, explodierende Spritpreise und hohe Baukosten: Harte Zeiten für den Buchholzer Logistik- und Lagerspezialisten IN-TIME.

Am Empfang der IN-TIME Transport GmbH springen dem Besucher Aufrufe ins Auge. Unter der Überschrift „Wir brauchen Dich!“ werden Lkw-Fahrer und Auszubildende für Lagerlogistik sowie Speditions- und Bürokaufleute gesucht. „Wir könnten viel mehr Geschäft abbilden, wenn wir das Personal dafür hätten. Die Türen stehen für neue Mitarbeiter offen, aber kaum jemand tritt ein“, erklärt Sylvia Gienow-Thiele, die gemeinsam mit ihrem Mann Christoph Gienow das im Buchholzer Gewerbegebiet am Trelder Berg angesiedelte Unternehmen für Lagerhaltung und Logistik leitet. 130 Frauen und Männer arbeiten derzeit bei IN-TIME, 150 sollten es sein. Es fehlen allein zehn Lkw-Fahrer, um den Fuhrpark auszulasten. Und das, obwohl einige Fahrer, die dem Unternehmen seit vielen Jahren verbunden sind, bereitwillig über die Altersgrenze hinaus hinter dem Lenkrad sitzen. Doch der Fachkräftemangel ist nur eines der Probleme, die das Unternehmerpaar derzeit umtreibt.

Christoph Gienow lässt den Blick vom Bürofenster aus über Hallen und Lastwagen in Firmenfarben schweifen. „Eigentlich sind 40-Tonner ein ökonomisches Wunder, sie verbrauchen nicht einmal 30 Liter Diesel auf 100 Kilometer. In Anbetracht ihrer Transportkapazität ist das wenig.“ Doch natürlich ändert das nichts daran, dass die Treibstoff-Kosten für Gienows Fuhrpark dramatisch ansteigen. Denn seit Beginn der Ukraine-Krise explodieren die Energie- und damit die Spritpreise. Jedes einzelne Fahrzeug der IN-TIME-Flotte fährt jährlich 100 000 Kilometer. Da kommen riesige Summen zusammen. Früher schrieb Gienow die Rechnungen an seine Transportpartner auf Basis des Dieselpreises von vor zwei Monaten. Jetzt muss er wöchentlich anpassen. Immerhin ist IN-TIME nicht von steigenden Heizkosten betroffen. Strom und Wärme für die erst drei Jahre alten, hochmodernen Gebäude werden auf den Dächern aus Sonnenenergie gewonnenen. Der Krieg im Osten trifft den Buchholzer Logistik- und Lagerspezialisten auch durch unterbrochene Lieferketten. Am Trelder Berg sind Container für Russland gestrandet. Sie können nicht an ihren Bestimmungsort weitergeleitet werden. Schon deshalb, weil die russischen Auftraggeber keine Möglichkeit mehr haben, die georderten Waren zu bezahlen. Christoph Gienow wäre die Container gerne los. „Ein Lager lebt davon, dass sich etwas bewegt. Wenn Ware nur liegt, kostet das Geld.“

IN-TIME baut zurzeit ein weiteres Lager mit 10 000 Quadratmetern Fläche. Auf dem Papier sei es schon jetzt ausgelastet, sagt
Gienow. Denn Lagerhaltung, lange Zeit als ineffizient verpönt, liegt wieder im Trend. „Die Zeit der Just-in-time-Lieferungen ist vorbei. Wer die Ware hat, hat den Markt.“ Schon die Lieferengpässe durch Lockdowns während der Corona-Pandemie oder die monatelangen wirtschaftlichen Verwerfungen, die die sechstägige Blockade des Suezkanals durch die Havarie des Containerschiffs „Ever Given“ nach sich zog, hatten aufgezeigt, wie wichtig Lagerhaltung ist. Gienow entschloss sich deshalb zur Erweiterung. Im Prinzip eine richtige Entscheidung. Nur explodieren nun auch die Baukosten. Der Grund: kriegsbedingte Verknappung von Energie und Rohstoffen. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Anzeige

Trotz mannigfacher Herausforderungen lassen sich Christoph Gienow und seine Frau nicht verunsichern. Sie glauben an die Zukunft und wollen sie auch künftig gestalten. „Wir sind Unternehmer, keine Unterlasser. Wer die Lippen spitzt, muss auch pfeifen.“ 

Podcast