Heinz hört nicht auf . . .

Foto: Wolfgang BeckerHeinz Mielczarek auf der Baustelle in Bendestorf. Der umtriebige Parchimer ist mittlerweile 70 und heilfroh, dass er als Fachmann weiterhin seinen Job als Polier machen darf. || Foto: Wolfgang Becker

Notstand in der Baubranche: Das Fachkräfte-Update
bei Lindemann in Stade.

Ich suche Heinz, bin ich hier richtig?“ Heinz Mielczarek schaut auf und sagt: „Das bin ich.“ Er sitzt im Baucontainer an der Jesteburger Chaussee in Bendestorf, Planungs-Update mit der Bauleitung. Hier baut das Stader Unternehmen Lindemann zurzeit einen 1300 Quadratmeter großen Stahlbetonkeller, der künftig drei Gebäude verbindet, darunter ein Porzellan-Museum. Heinz, 70 Jahre jung und Hochbau-Meister, ist als Polier ständig vor Ort. Als ihm die Aufgabe von Lindemann angedient wurde, fiel ihm ein Stein vom Herzen: „Zu Hause in Parchim hatte ich schon alles saniert und fragte mich, ob das nun bis zum Ende meines Lebens alles gewesen sein sollte. Der Einsatz hier in Bendestorf ist das Beste, was mir passieren konnte. Ich muss immer etwas tun.“ Seit 55 Jahren ist er auf dem Bau, seit 2008 arbeitet er für Lindemann. Auch als Rentner. Für seinen Arbeitgeber findet er warme Worte: „Das ist die beste Firma, bei der ich jemals gearbeitet habe.“ In Stade schauen sie mit Respekt und mit Erleichterung auf den erfahrenen Polier: „Der Heinz, der hört nicht auf . . .“ Solche Mitarbeiter sind derzeit unentbehrlich.

Heinz Mielczarek ist kein Einzelfall. Auch andere Unternehmen berichten über Mitarbeiter, die längst im Ruhestand sein sollten, aber immer noch im Dienst sind. Weil sie ihren Job gerne machen. Weil sie noch fit sind. Und weil sie gebraucht werden. Doch das ist keine nachhaltige Lösung, betont Friedrich Witt, Geschäftsführer der Lindemann-Gruppe in Stade: „Viel zu viele Arbeitnehmer gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand – das ist ja kein Geheimnis, sondern war vorauszusehen. Sie kommen alle aus einer Generation, in der ein Lehrberuf noch etwas wert war. Heute heißt es dagegen eher ‚Lern was Gescheites – geh Studieren . . .‘ Das fällt uns in den nächsten Jahren auf die Füße, denn es ist immer schwieriger, Nachwuchs für das Bauhandwerk zu finden. Klar: 20 oder 30 Jahre lang bei Wind und Wetter auf dem Bau stehen? Wer will das noch . . .“

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Das bestätigt Diana Klein, Leiterin des Personalwesens bei Lindemann: „Das Bauhandwerk hat ein schlechtes Image. Das ist unser größtes Problem. Dabei sind die guten Verdienst-, Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten gar nicht bekannt. Wer heute nach der Ausbildung in einen Bauberuf einsteigt, verdient als Geselle gut 20 Euro die Stunde. Da kommt man schnell auf 3500 Euro Bruttomonatslohn. Die Vorstellung, dass man sich auf dem Bau kaputt macht, gilt auch nicht mehr, weil es mittlerweile viele technische Hilfsmittel gibt. Und dann wäre da noch das Schlechtwettergeld. Wenn im Winter nicht gearbeitet werden kann, wird zusätzlich noch eine staatliche Umlage gezahlt, sodass der Lohn deutlich höher ausfallen kann, als in den Schönwetterphasen. Das weiß nur keiner.“

Oft wird Handwerk mit Baumarkt verglichen

Friedrich Witt ist zudem überzeugt: „Was die Baubranche betrifft, haben wir einen Systemfehler. Zum einen betrifft das unser Image, zum anderen die Preise. Grundsätzlich sind wir in Deutschland nicht bereit, klaglos für gute handwerkliche Arbeit zu bezahlen. Stattdessen wird Handwerk mit Baumarkt verglichen – das passt dann preislich nicht zusammen.“ Und er sagt: „In der Folge wird dann oft kritisiert, wenn Bauarbeiter aus dem Ausland auf der Baustelle auftauchen. Angesichts der aktuellen Entwicklung auf dem Fachkräftemarkt wage ich die Prognose, dass das künftig zur Normalität werden dürfte.“ Dass sein Unternehmen bereits heute Rentner wie Heinz beschäftigt, hält er angesichts der angespannten Lage im Fachkräftebereich für alternativlos. Und Heinz ist nicht der einzige aktivierte Ruheständler. Drei Mitarbeiter der Altersklasse Ü65 arbeiten im Büro und weitere auf der Baustelle.

Alle Versuche, den Ruf des Handwerks generell und des Bauhandwerks im Besonderen zu verbessern, haben bislang nicht zu dem erhofften Durchbruch verholfen. Das bestätigen auch die Kommentare in der Umfrage des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden (Seite 31). Witt: „Wir müssen uns grundsätzlich Gedanken über das Image machen. Da ist auch die Politik gefordert.“ Zur Erinnerung: Selbst die vor einigen Jahren bundesweit durchgeführte Kampagne „Das Handwerk – Die Wirtschaftskraft von nebenan“ hat offenbar keine Spuren hinterlassen, obwohl millionenschwer getrommelt worden war.

„Und wie steht es um die Work-Life-Balance?“

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Das Thema Ausbildung gestaltet sich deshalb ebenfalls schwierig, was auch an der geänderten Situation auf dem Arbeitsmarkt und der daraus resultierenden Erwartungshaltung junger Menschen liegt. Diana Klein: „Wenn Bewerber sich beim Gespräch als erstes nach der Work-Life-Balance erkundigen, zeigt das, wie die Lage ist.“ Witt: „Wir sind als Bauunternehmung trotz Corona bislang einigermaßen gut durch die vergangenen beiden Jahre gekommen. Man kann sagen: Fachkräfte auf dem Bau haben derzeit einen krisensicheren Job. Diese Nachricht senden wir auch an die potenziellen Auszubildenden. Gemeinsam mit der befreundeten NDB-Gruppe hat die Lindemann-Gruppe ganz neu die regionale Plattform #komminshandwerk ins Leben gerufen.“ Ein regionales Einstiegsfenster für potenzielle Nachwuchskräfte.

Darüber hinaus sucht das Bauunternehmen Lindemann (mehr als 160 Mitarbeiter, Azubi-Quote bei 15 Prozent) Fachkräfte wie Bauzeichner, Bauleiter, Technische Mitarbeiter für die eigene Projektentwicklung und Bauingenieure. Witt: „Wir haben viele spannende Projekte. Und wenn der passende Mitarbeiter kommt, garantiert auch die passende Stelle.“ Noch können die Aufträge bedient werden, aber auf Sicht schließt er nicht aus, dass der Personalmangel dazu führt, dass Aufträge abgelehnt werden müssen. Die aktuelle politische Diskussion über die Kürzung von Fördermitteln sorge zusätzlich für Unruhe in der Branche. Ein schwacher Trost: Auch die Bauämter haben personelle Engpässe, was insgesamt zu Verzögerungen von Bauvorhaben führt. Die Vorlaufzeiten werden immer länger. wb

>> Web: http://zukunft-ist-handwerk.de/
(#komminshandwerk)

Ebenfalls gesucht: Flächen für Wohnen und Gewerbe

Seit gut zehn Jahren hält der Bau-Boom fast unvermindert an. Beflügelt durch die Nullzinsphase (billiges Geld), aber auch durch die Klimawandel-Debatte (energetisches Sanieren) sowie die Wohnungsnot in der Metropolregion Hamburg gehört der Baukran mittlerweile zu jeder urbanen Silhouette. Zu den Hemmnissen wie beispielsweise Materialverknappung, Kostensteigerungen und Fachkräftemangel gesellt sich mit dem Grundstücksmangel ein weiterer Aspekt, den Friedrich Witt, Geschäftsführer der Lindemann-Gruppe, betont: „Wir suchen Grundstücke für Gewerbe und Wohnen im Raum Stade-Hamburg. Unsere Region erlebt zwar nach wie vor eine positive Entwicklung, aber es mangelt an Flächen. Uns interessiert alles: Revitalisieren, Bauen im Altbestand, freie Flächen. Wir kaufen mittlerweile sogar schon Bauerwartungsland mit dem Risiko, dass es eben dauern kann, bis Bauen möglich wird.“

Stichwort Baukosten: Anfang des Jahres schreckte eine Meldung auf, wonach die Baukosten im Vorjahresvergleich um 14 Prozent gestiegen waren. Dazu Friedrich Witt: „Für Baumaterial kann ich das bestätigen. Die Kosten gehen hoch, die Qualität des Materials sinkt. Der Grund sind häufig Lieferschwierigkeiten. Für uns bedeutet das: Wir haben die eigene Qualitätssicherung hochgefahren und kontrollieren auch sehr genau, was an Materialqualitäten auf die Baustellen geliefert werden. Hierzu gesellt sich der Fachkräftemangel und auch die von uns eingesetzten Partnerfirmen kämpfen mit Personalschwierigkeiten.“ wb

π Wer über un- oder untergenutzte Flächen mit oder ohne Gebäudebestand verfügt, darf sich gern mit Lindemann in Verbindung setzen. Gemeinsame Projektentwicklungen sind ebenfalls möglich. Wer Lindemann persönlich kennenlernen möchte, kann über die Website Kontakt aufnehmen: https://www.lindemann-gruppe.de/
privatkunden/immobilien-und-grundstuecke/kontaktanfrage
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Kontakt per Mail: info@lindemann-gruppe.de, per Telefon: 0 41 41/5 26-0