Makler Dirk Sauer
(DBS Immobilien) über den sich verändernden Markt in einer alternden Gesellschaft.
Es sind zu wenig Objekte auf dem Markt“ – dieser Satz ist in Maklerkreisen speziell in und um Hamburg seit Jahren zu hören. Mancherorts gilt der Markt als „leer gefegt“, was nicht selten zu einer rasanten Preisentwicklung führt. Jetzt meldet sich der Harburger Makler Dirk Sauer, Inhaber von DBS Immobilien in Marmstorf, mit einer gegenläufigen Prognose zu Wort und stellt eine Frage in den Mittelpunkt, die nach seiner Beobachtung gerade auch die Generation Ü50 zunehmend bewegt: „Wie wollen wir künftig wohnen?“ Dahinter verbirgt sich nicht nur der Wunsch nach neuen Wohnkonzepten, sondern auch die indirekte Bereitschaft, sich von der eigenen Immobilie zu trennen. Sauer: „Ich sehe vier Signale dafür, dass es in den kommenden Jahren einen deutlichen Zuwachs von Objekten auf dem Markt geben wird: den Trennungsverkauf, die Privatinsolvenz, Veränderungsdruck durch gestiegenen Raumbedarf und den Wunsch nach einem Garten sowie den klassischen Altersverkauf.“
Generell spricht Sauer im Rückblick auf die Corona-Jahre 2020 und 2021 von einer guten bis sehr guten Geschäftslage. Was bei einem Makler, der sein Geschäft versteht und den Markt kennt, keine Überraschung sein dürfte. Doch er schaut auf einen sich verändernden Markt: Schon heute sei in den südlichen Hamburger Wohnstadtteilen, aber auch im Umland ein hoher Anteil an Senioren zu verzeichnen, sagt Sauer. Und mit Blick auf die Babyboomer: „Wir leben in einer alternden Gesellschaft. Das führt automatisch zu Bewegung auf dem Immobilienmarkt.“ Speziell in Harburg mangele es an zukunftsfähigen Wohnkonzepten. Es fehlten beispielsweise neue Wohnkomplexe für ein sorgenfreies und komfortables Wohnen sowie speziell in Harburg attraktive Einkaufsmöglichkeiten. Sauer: „Im gewerblichen Bereich haben wir es mittlerweile mit Shared Spaces zu tun – also Räumen, die mit anderen geteilt werden. Im übertragenen Sinne wäre so etwas auch beim Thema Wohnen denkbar – Co-Living statt Co-Working. Doch Projekte, die das Wohnen neu denken und umsetzen, sind die absolute Ausnahme.“
Noch schwieriger wird es in den höheren Altersgruppen Ü70 und Ü80. Unter dem Begriff „Ambient Assisted Living“ (deutsch: altersgerechte Assistenzsysteme) geht es um teils technische Lösungen für ein selbstbestimmtes Leben im hohen Alter, doch Wohnen für selbstständige und mobile Senioren wird bis heute überwiegend in Räumen, nicht in Konzepten gedacht, die eine schlüssige Antwort auf die Frage „Wie will ich wohnen?“ liefern. Sauer: „Es gibt einfach keine entsprechenden Quartiere.“ In seinem Alltag begegnen ihm aber zunehmend Menschen, die über einen Wechsel nachdenken, weil ihnen das Wohnumfeld nicht mehr gefällt – was gerade Alteingesessene in einen Konflikt führt: Einerseits hätten sie eine enge Bindung an ihre Immobilien, doch das stehe im Widerspruch zu der Antwort auf die Frage: „Wie will ich wohnen?“ Dabei spielten klare Vorstellungen über das gewünschte Wohnumfeld eine große Rolle.
Speziell auf Marmstorf projiziert führen Veränderungen im Wohnumfeld laut Sauer dazu, dass sich Anwohner verstärkt Richtung Seevetal, Rosengarten, Buchholz, Buxtehude und Lüneburg orientieren. „Ich habe Kunden, die mir sagen, ich solle sie sofort anrufen, wenn ich dort etwas anzubieten habe. Nach meiner Beobachtung ist diese Dynamik enorm.“ Dass die Angebote allerdings rar sind, ist auch Sauer klar, zumal die Generation Ü50 kein Fall für die Seniorenresidenz, aber eben auch nicht für die Eigentumswohnung auf der Etage sei. Und noch einmal bauen, sei derzeit ebenfalls ein freudloses Thema: „Hohe Baukosten, Materialmangel, ausgelastete Baufirmen und hohe Grundstückspreise – das zusammengenommen macht Bauen unattraktiv.“
Stichwort Preise: Vor vier Jahren war der Punkt erreicht, dass für eine Doppelhaushälfte im Hamburger Süden Preise um 400 000 Euro bezahlt werden mussten – ein Allzeithoch. Seitdem hat der Boom auf dem Immobilienmarkt jedoch nicht nachgelassen. Selbst Corona konnte ihn nicht stoppen. Folge: „Wo vor vier Jahren eine Vier stand, steht jetzt eine Sechs“, sagt Sauer und attestiert der Metropolregion nach wie vor rasant gestiegene Preise. Ob das so bleiben wird, darüber streiten die Experten, denn derartige Preissprünge ziehen erhebliche Finanzierungsprobleme nach sich. Sauer: „Bei hochpreisigen Objekten ist deshalb heutzutage schnell mal ein Eigenkapital in Höhe von
50 Prozent nötig.“ wb
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