Eine Kolumne von Sebastian Wessendorf, SchlarmannvonGeyso.
Als Folge der weiterhin grassierenden Corona Pandemie sind Beschäftigte bei vielen Unternehmen noch immer in Kurzarbeit. Entsprechend arbeiten die Arbeitnehmer*innen reduziert oder – bei „Kurzarbeit Null“ – gar nicht. Während der Kurzarbeit sind die gegenseitigen Leistungspflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer suspendiert. Kurzarbeiter sind deshalb als „vorübergehend teilzeitbeschäftigte“ Arbeitnehmer anzusehen. Bei der Kurzarbeit Null besteht für den Arbeitnehmer überhaupt keine Arbeitspflicht. Der Zeitraum der vereinbarten Kurzarbeit ist mit Null Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. Unklar war bislang, ob der Urlaubsanspruch während der Kurzarbeit Null entsprechend gekürzt werden kann.
Mit dieser Problematik hatte sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf jüngst zu beschäftigen. Geklagt hatte eine Verkaufshilfe aus dem Bereich der Systemgastronomie. Für die Klägerin galt in der Zeit zwischen April 2020 und Dezember 2020 wiederholt Kurzarbeit Null. Für drei Monate bestand die Kurzarbeit Null durchgehend. Die Arbeitgeberin kürzte entsprechend den Urlaubsanspruch für jeden vollen Monat Kurzarbeit Null um 1/12.
Die Klägerin argumentierte, dass Kurzarbeit keine Freizeit sei. So könne die Arbeitgeberin die Kurzarbeit jederzeit beenden, zudem unterliege sie Meldepflichten. Zudem erfolge die Kurzarbeit nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, sondern im Interesse der Arbeitgeberin. Es fehle schlicht an der Planbarkeit der freien Zeit. Außerdem argumentierte die Klägerin damit, dass bei einer Arbeitsunfähigkeit die Urlaubsansprüche bestehen blieben.
Die Arbeitgeberin argumentierte, dass mangels Arbeitspflicht auch keine Urlaubsansprüche entstehen würden. Entsprechend sei sie zu Kürzung berechtigt gewesen.
Das Landesarbeitsgericht folgte der Argumentation der Arbeitgeberin.
Grundsätzlich müsse der Urlaubsanspruch – bei einem unterjährigen Wechsel der Anzahl der Arbeitstage – umgerechnet und angepasst werden. Dies gelte auch bei Kurzarbeit. Das Bundesurlaubsgesetz sehe im Bereich Kurzarbeit auch keine Sonderregelungen vor. Die bestehenden Regelungen beträfen nur die Höhe der Urlaubsvergütung, nicht die davon zu trennende Frage, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer zustehen.
Soweit die Klägerin darauf abstelle, dass Kurzarbeit keine planbare Freizeit sei, sei dies unerheblich. Kurzarbeit Null führe dazu, dass für die entsprechende Zeit erst gar kein Urlaubsanspruch entstehe. Für die Frage der Entstehung des Urlaubsanspruches komme es aber allein auf die Arbeitspflicht, nicht auf die Frage der Erholung an. Das Modell der Kurzarbeit Null sei zudem nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen.
Zudem erfolge die Kurzarbeit nicht allein im Sinne des Arbeitsgebers. Zweck der Kurzarbeit sei es, Arbeitsplätze zu erhalten und Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Kurzarbeit diene damit in erster Linie den Beschäftigten.
Auch ein Verstoß gegen europarechtliche Vorgaben liege nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof entstehe der europäische Mindesturlaubsanspruch bei Kurzarbeit Null nicht. Das deutsche Recht enthalte keine spezielle Regelung. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Kurzarbeit aktuell durch die Corona Pandemie veranlasst wird.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob sich das BAG der bisherigen Rechtsprechung anschließt.
Um Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich, das Thema Urlaub und Urlaubskürzung in die Vereinbarungen zur Kurzarbeit aufzunehmen und so eine abschließende Regelung zu treffen.