Weg von den Küchentischen!

Foto: MITMacht sich Gedanken über das Arbeiten nach Corona: Frank Thöle-Pries, Vorsitzender der MIT Harburg-Land. || Foto: MIT

MIT Harburg-Land plädiert für neue
und wohnortnahe Bürokonzepte

Viele Unternehmen ermöglichen ihren Angestellten, während des Lockdowns von zu Hause aus zu arbeiten. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich dafür der Begriff „Homeoffice“ eingebürgert. Aber ist diese Bezeichnung eigentlich gerechtfertigt? „Nein“, sagt Frank Thöle-Pries, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Harburg-Land, „der Begriff ist in diesem Zusammenhang eigentlich falsch. Denn wer bei schlechter Internet-Verbindung am Küchentisch auf einem ungeeigneten Stuhl versucht, die Arbeit zu erledigen, während gleichzeitig die Kinder betreut werden müssen, ist von einer büroähnlichen Situation meilenweit entfernt.“

Ad hoc lasse sich diese missliche Lage natürlich kaum ändern. Aber Thöle-Pries schaut bereits auf die Zeit nach der Pandemie. „Wenn Corona überwunden ist, dann werden sich die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Menschen stark verändert haben. Sie wollen nicht mehr in vollen Zügen sitzen oder auf der Autobahn im Stau stehen. Und auch die Rückkehr ins Großraumbüro wird nicht jedem leichtfallen.“

Diese neuartige Situation könne der Startschuss für alternative Bürokonzepte und somit die dringend benötigte Belebung der Stadt- und Ortskerne der Kommunen im Landkreis Harburg sein – wenn die richtigen Weichen gestellt werden. „Der erwarteten Nachfrage nach wohnortnahem Arbeiten müssen ausreichend viele und geeignete Räumlichkeiten gegenüberstehen. Konkret braucht es zentral gelegene, günstige und flexible Büroflächen, in denen die vorherigen Pendler komplett oder tageweise ihrer Tätigkeit nachgehen können“, sagt Thöle-Pries. „Und auch für Gründer, Kleinunternehmer und Solo-Selbstständige sind solche Flächen interessant, weil sie zunächst einmal den tatsächlichen Flächenbedarf abdecken – und den Unternehmen dann die Möglichkeit bieten, am Standort zu wachsen.“

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Satelliten in der Metropolregion

Der MIT-Vorsitzende weiter: „Ich würde mir sogar wünschen, dass größere Hamburger Unternehmen in der gesamten Metropolregion Satelliten einrichten. Das wären einzelne Büros und Besprechungsräume, in denen die Angestellten aus dem Landkreis Harburg für ihren in der Hansestadt ansässigen Arbeitgeber tätig sein könnten. Damit schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe: Der Wunsch nach wohnortnahem Arbeiten wird genauso erfüllt wie die Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf.“ Das improvisierte Arbeitsumfeld zu Hause würde der Vergangenheit angehören. „Und gleichzeitig fällt die Pendelproblematik mit all ihren Nebeneffekten weg“, sagt Thöle-Pries.

Diese Menschen würden dann verstärkt wieder in ihrem Heimatort einkaufen und die örtliche Gastronomie beleben. „Aber diese Entwicklung geschieht natürlich nicht von allein. Um diesen Wandel zu ermöglichen, braucht es dringend ein koordiniertes Vorgehen von Politik, Verwaltung, Wirtschaftsförderung, Vermietern und Investoren. Denn nur dann können die benötigten Flächen rasch und in ausreichendem Umfang mit guter Infrastruktur entstehen“, so der MIT-Vorsitzende. „Dadurch lässt sich vermeiden, dass verödete Innenstädte und das Arbeiten vom Küchentisch aus zum Dauerzustand werden.“