Die Notwendigkeit der Geldanlage und ihre Tücken
Prof. Dr. Benjamin Beug, Sachverständiger für Immobilienbewertung und Studiengangsleiter an der hs21, über die Notwendigkeit der Geldanlage und ihre Tücken
Die Rente ist sicher. Dieser Satz, erstmals 1986 vom damaligen Bundesarbeitsminister Norbert Blüm geäußert und noch elf Jahre später von ihm wiederholt, gilt nicht mehr, sagt Dr. Benjamin Beug. Wenn es um um das Thema Altersvorsorge geht, kommt der Professor für Betriebswirtschaftslehre und Finanzmanagement an der hochschule 21 in Buxtehude in Fahrt. „Da beschäftigen sich manche wochenlang mit der Frage, welches Auto sie kaufen sollen. Aber mit der privaten Altersvorsorge setzen sie sich nicht auseinander. Dabei ist das heute existenziell.“
Grundsätzlich hält er den Erwerb von Immobilien in beliebten Großstädten wie Hamburg für interessant. Dort werden die Preise weiter steigen, besonders in Toplagen, etwa rund um die Alster. Aber auch in weniger noblen Vierteln wie Lurup, Wandsbek oder Hamm erwartet Beug noch Wertsteigerungen. Allerdings habe Corona dafür gesorgt, dass die Vergaberichtlinien für Kredite verschärft wurden. Wer heute Haus oder Wohnung kaufen möchte, muss deutlich mehr Eigenkapital mitbringen als vor der Pandemie. „Das bedeutet, dass eine weitere Einkommensschicht nicht in der Lage ist, eine Immobilie zu erwerben, um mietfrei zu wohnen.“
Auch Aktienkäufe seien nicht unproblematisch. „Die Höchstwerte bei vielen Indizes sind nach dem durch Corona bedingten Einbruch im März schon wieder auf Vor-Corona-Niveau. Das spiegelt die starke Erwartungshaltung der Aktionäre wider und ist nicht unbedingt kongruent mit den Unternehmensumsätzen. Wäre die derzeitige Situation der Realwirtschaft auf den Aktienmärkten abgebildet und nicht die große Hoffnung der Aktionäre auf baldige Erholung der Wirtschaft, wären die Kurse viel niedriger.“ Und: „Wird es eine große Insolvenz- und Kündigungswelle geben? Und wie lange halten Investoren dann fallende Kurse aus, ohne voreilig zu verkaufen? Das ist eine Frage der Psychologie.“ Eine gute Möglichkeit der Altersvorsorge mit Immobilien sieht Beug in Real Estate Investment Trusts (REITs). Denn diese Kapitalsammelstellen, die in Immobilien beziehungsweise Immobilienbeteiligungen investieren und daraus ihre Erträge erwirtschaften, haben einen Vorteil für die Anteilseigner: REITs müssen große Teile der Gewinne als Dividenden ausschütten, je nach nationaler Regelung etwa 90 Prozent. In Deutschland ist diese Art der Altersvorsorge eher unüblich. Dies liegt unter anderem an einigen Restriktionen des deutschen Gesetzgebers zur Bildung von REITs. Zudem ist es bei vielen Banken noch nicht möglich, in derartige Wertpapiere zu investieren. Es bedarf also einer genauen Recherche, bei welchen Brokern und zu welchen Transaktionskosten REITs gehandelt werden können.
Die größten Märkte für REITs sind die USA, Kanada und einige asiatische Länder. Dort werden sie seit Jahrzehnten als Teil der Altersvorsorge eingesetzt. Und nicht nur die Ausschüttungspflicht der Dividende ist vorteilhaft, sondern auch eine quartalsweise beziehungsweise monatliche Dividendenzahlung. Durch REITs lassen sich somit passive Einkommen aufbauen, ohne eine Immobilie direkt kaufen zu müssen. „Allerdings sollte man darauf achten, in welchem Immobiliensektor investiert wird“, empfiehlt Beug. Außerdem ist eine weltweite und breite Streuung unabdingbar, da REITs ebenso wie gewöhnliche Aktien starken Schwankungen unterworfen sind.
Auch Exchange Traded Funds (ETFs), also passiv gemanagte Fonds, die für gewöhnlich ohne Ausgabeaufschlag und mit sehr niedrigen jährlichen Verwaltungsgebühren zu haben sind, hält der Professor für grundsätzlich empfehlenswert. Mit einem ETF-Sparplan, der die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer abbildet, könnten sogar schon Studenten, die monatlich nur 100 oder 200 Euro übrig haben, in den Aufbau der Altersvorsorge einsteigen.