So möchten junge Menschen in Zukunft arbeiten.
Ein Gespräch mit Pamela Reidt, Personalleiterin bei Dierkes Partner, und Steuerberater Herbert Schulte
Die kolportierten Geschichten über „eigenartige Bewerbungsgespräche“ häufen sich, seit die Vertreter der Generation X, Y und Z verstärkt ins Arbeitsleben drängen, den Job wechseln oder eine Ausbildung starten. Oder eben auch nicht. Wer mit dem Leistungsprinzip großgeworden ist, sieht sich nicht selten überrascht jungen Leuten gegenüber, die ganz andere Maßstäbe an ihren künftigen Arbeitsplatz und das Umfeld anlegen. Pamela Reidt, seit Jahresbeginn Personalleiterin bei der Hamburger Partnergesellschaft Dierkes Partner Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Rechtanwälte, trimmt das Unternehmen (130 Mitarbeiter an den Hamburger Standorten HH-City/Baumwall und Harburg/Veritaskai) jetzt auf Zukunft – ein Thema auch für Partner und Steuerberater Herbert Schulte. Er sagt: „Wir setzen uns heute mit der Situation auseinander, die wir in fünf Jahren haben werden.“ Spätestens dann wird die Generation Z erwartet.
Pamela Reidt kommt eigentlich aus der Hotellerie und hatte es dort mit einer ganz anderen Art von Personalplanung zu tun – zukunftsgerichtet ja, aber deutlich stärker von Fluktuation geprägt. Die Themen sind allerdings dieselben, wenngleich in beiden Branchen ungleich stärker umsetzbar. Sie sagt: „Die jüngeren Vertreter der Generationen XYZ haben neue Bedürfnisse und andere Vorstellungen von Arbeit. Täglich von 8 bis 16 Uhr am Schreibtisch sitzen? Nein! Die möchten sich selbstbestimmt entfalten.“ Herbert Schulte: „Die vielzitierte Work-Life-Balance ist hier viel präsenter – darauf müssen wir uns als Arbeitgeber einstellen. Bei Dierkes Partner haben wir genau das vor und legen damit die Basis für die Gewinnung von guten Bewerbern und Nachwuchskräften.“
Das könnten konkrete Punkte sein
Die wahrgenommenen Wünsche potenzieller Bewerber hat Pamela Reidt zu einem theoretischen Anforderungskatalog zusammengestellt, bei dem alteingesessene Personalverantwortliche vermutlich Schnappatmung bekommen dürften:
o 25-Stunden-Woche bei 40-Stunden-Bezahlung
o Anfangszeiten selbstbestimmt
o keine Anwesenheitspflicht im Büro
o Homeoffice möglich
o Vereinbarkeit von Beruf und Familie
o Arbeiten auch von außerhalb (dort, wo ein Internetanschluss ist . . .)
o betriebliche Sozialleistungen aller Art (Kita-Zuschuss, Bike-Leasing, Zuschüsse für das Fitness-Studio, betriebliche Altersvorsorge, etc.)
o Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten
o Mobilitätssicherung (HVV-Ticket)
o Betriebliches Eingliederungsmanagement nach längeren Ausfallzeiten beispielsweise durch Krankheit und Elternzeit
o Berufsunfähigkeitsversicherung
o 13 Gehälter
Soweit die Liste der Optionen. Herbert Schulte: „Dabei gibt es natürlich branchenspezifische Einschränkungen. Für uns steht beispielsweise die Erreichbarkeit für unsere Mandanten selbstverständlich an oberster Stelle. Deshalb lässt sich Arbeitszeit nicht einfach auf die Abend- oder gar Nachstunden verlegen. Und wer in seiner Firma an einer Maschine steht oder bei Karstadt in der Damenoberbekleidung verkaufen soll, der kann natürlich nicht ins Homeoffice wechseln. Aber der Trend ist eindeutig.“ Und: „Wer selbstbestimmt arbeiten möchte, muss ein hohes Maß an Pflichtgefühl und Verantwortung mitbringen – das ist also auch eine Frage des Vertrauens. Entscheidend ist immer, dass am Ende geliefert wird. Die Leistung muss stimmen.“
Viele der aufgezählten Punkte sind bei Dierkes Partner bereits umgesetzt, bei einigen wird noch diskutiert. Hinzu kommt: Die Einführung einer neuen Arbeitskultur ist ein Prozess, und dazu ist es insbesondere nötig, die Mitarbeiter mitzunehmen. Pamela Reidt: „Als Personalverantwortliche bin ich immer mit den Mitarbeitern im Gespräch. Das ist absolut wichtig.“ Die Erfahrung zeigt auch: Nicht jeder möchte ein Höchstmaß an Freiheit und Selbstbestimmung haben, es gibt durchaus Menschen, die froh über einen festgelegten Rahmen sind. Schulte: „Dazu zählt für uns Arbeitgeber ja auch die Frage, wie sich Führungskräfte entwickeln lassen. Wer will Verantwortung übernehmen? Da sind die Antworten durchaus unterschiedlich.“
Am Ende zählt das Ergebnis
Ganz sicher gehört die 25-Stunden-Woche zu den ganz heißen Eisen in diesem Prozess der Neuaufstellung. Pamela Reidt: „Die junge Generation zeichnet sich durch ein großes Bedürfnis nach Freiheit aus – da ist der Beruf nicht mehr der alleinige Maßstab. Nicht einmal das Gehalt ist entscheidend. Darauf müssen wir uns einstellen. Außerdem ist es in der Regel viel effektiver, fünf Stunden täglich konzentriert zu arbeiten, als einen Acht-Stunden-Arbeitstag durchzuhalten und abzusitzen, weil ja Anwesenheitspflicht besteht.“ Auch hier zählt am Ende wieder das Ergebnis.
Auch Dierkes Partner ist allerdings klar, dass eine Form gefunden werden muss, in der der Leistungsprinzipler mit dem neuen Typus des Arbeitnehmers Hand in Hand laufen kann. Herbert Schulte: „Die heute 50- bis 75-Jährigen haben die berufliche Erfahrung, die Kontakte und insbesondere Erlebnisse aus der Praxis. Davon können die Jungen profitieren, denn ohne geht es eben nicht mal so eben. Das Thema ist insgesamt für alle Altersgruppen eine echte Herausforderung, aber wir kommen nicht umhin, uns dem zu stellen.“ Im ersten Schritt will Dierkes Partner die bisher geltende Gleit- und Kernzeitregelung abschaffen und eine Funktionsarbeitszeit einführen – zwischen 6 und 20 Uhr.
Die neue Arbeitskultur hat übrigens auch steuerliche Aspekte, die nicht zu unterschätzen sind, wie Herbert Schulte betont. „Arbeitnehmer, die im Homeoffice sitzen, können ihr Arbeitszimmer steuerlich geltend machen. Arbeitgeber sparen Kosten für Arbeitsplätze – das sind je nach Lage und Ausstattung normalerweise so 300 bis 500 Euro pro Monat. Sie müssen allerdings für die technische Ausstattung ihrer Mitarbeiter sorgen, den Arbeitsschutz beachten und für den Datenschutz sorgen.“ wb
Stichwort Generation XYZ
Die als X, Y und Z titulierten Generationen stehen für verschiedene Jahrgangsabschnitte: Generation X folgte den so genannten Babyboomern und meint die Geburtsjahrgänge 1960 bis 1980. Die Generation Y wird auch als Millennials bezeichnet und ist die sogenannte Bevölkerungskohorte der 80er-Jahre bis in die späten 90er. Das y steht hier auch für das englische why (warum) und für die angebliche Neigung dieser Jahrgänge, alles zu hinterfragen. Die Generation Z umfasst die zwischen 1995 und 2010 Geborenen, die absehbar in fünf Jahren langsam auf dem Arbeitsmarkt erscheinen wird.