AGV-Forum in Lüneburg: Prof. Dr. Nick Lin-Hi rüttelt die Unternehmer mit seiner Zukunftsvision durch.
Das Interesse ist überwältigend: Rund 500 Interessierte aus der gesamten Region strömen Ende Februar in den Libeskindbau der Leuphana Universität Lüneburg, um sich genau diesen Fragen zu stellen und Denkanstöße zu bekommen, wie sich das eigene Unternehmen für die nächsten Jahrzehnte aufstellen kann. „Mit diesem Thema haben wir offenbar einen Nerv getroffen“, stellt AGV-Hauptgeschäftsführer Bernd Wiechel erfreut fest.
Lebenserwartung
von 200 Jahren?
Die Erwartungen der Besucher werden nicht enttäuscht: Renate Peters, beim AGV unter anderem verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit, und Arbeitgeberberaterin Wiebke Krohn führen durch einen Tag mit vielfältigen Angeboten. Hochkarätige Referenten, informative Workshops und vielseitige Aussteller bieten den Besuchern eine Fülle an Informationen und oftmals eine ganz neue Sicht auf Themen wie Digitalisierung, Mitarbeitergewinnung und -motivation. Dabei ist in den Workshops durchaus auch aktives Mitgestalten gefordert.
Gleich dem ersten Referenten gelingt es, mit seinen provokanten Thesen das Publikum wachzurütteln und auch zum Nachdenken zu bewegen. Der Unternehmensethiker und Strategieforscher Prof. Dr. Nick Lin-Hi präsentiert sein Szenario des Jahres 2040: Schon in 20 Jahren haben Neugeborene eine Lebenserwartung von 200 Jahren. Den Menschen wird ein Chip implantiert, der mithilfe Künstlicher Intelligenz die ärztliche Diagnose ersetzt und Erkrankungen schon im Vorfeld erkennt. Führerscheine sind angesichts autonom fahrender Autos überflüssig. Nach der Überzeugung des Experten steht der Mensch vor dem größten Technologiesprung aller Zeiten. Und wer das nicht erkenne, werde abgehängt.
„Was wir in den nächsten Jahren erleben werden, ist jenseits dessen, was wir uns vorstellen können“, führt Lin-Hi weiter aus. Für viele Unternehmer bedeute das konkret:
„Wenn Sie glauben, dass die Welt von morgen so aussieht wie die heutige, könnte es sein, dass Sie morgen keine Firma mehr haben.“
Prof. Dr. Nick Lin-Hi
Ein Beispiel dafür sei der Nokia-Konzern, im Jahr 2007 noch Weltmarktführer für Handys, der sich von Apple überholen ließ und acht Jahre später nicht mehr existierte. Die Manager hätten den Fehler gemacht und in den Rückspiegel geschaut, so Lin-Hi, „aber in dem Moment, wo die neuen Technologien die alten überholen, gibt es keine Chance mehr, sie einzuholen“. Seine Ermunterung ans Publikum: „Denken Sie die Welt komplett neu!“
Wachrütteln will zum Abschluss auch Christian Bredlow, Geschäftsführer der Digital Mindset GmbH, der dem Publikum den Spiegel des eigenen Zauderns vorhält.
„Sie haben hier heute viel gehört und gehen morgen wieder in den Betrieb und werden nichts ändern. Denn das E-Mail-Postfach ist ja voll, und dann kommt ja schon bald das Wochenende . . .“
Christian Bredlow, Digital Mindset GmbH
Die große Herausforderung sei es jetzt, die Arbeitnehmer mitzunehmen, wenn der Arbeitsplatz plötzlich digital wird. „Wir müssen die Unternehmen agiler machen und unsere verstörten Mitarbeiter mitnehmen.“ Das ist das Schlusswort eines Arbeitgeberforums 2020, das zum Nachdenken bewegt und viele Chancen aufzeigt.
>> Web: www.agv-lueneburg.de