Liefern Co-Working Anbieter die Antwort?
Von Oliver Horstmann, Immobilienexperte bei Engel & Völkers
In meinem letzten Kolumnenbeitrag habe ich den Wandel des Hamburger Marktes für Büroimmobilien beschrieben, der seit mittlerweile 10 Jahren steigende Preise, schrumpfende Leerstandsquoten und längere Vertragsbindungen verzeichnet. Es hat sich ein starker Vermietermarkt etabliert, der Mietinteressenten von Hamburger Büroimmobilien zunehmend vor Herausforderungen bei der Objektakquise stellt. Der Durchschnittspreis bewegt sich bei 17,60 € pro Quadratmeter, wer ein modernes Büro in den heiß begehrten Hamburger Top-Lagen wie der HafenCity oder der Innenstadt mieten möchte, sieht sich mit Spitzenpreisen von mittlerweile über 30,00 € pro Quadratmeter konfrontiert. Für viele Unternehmen, die sich in Hamburg niederlassen möchten, gestalten sich auch die Mindestlaufzeiten für Büromietverhältnisse immer schwieriger. Konnten 2009 noch problemlos Verträge über 5 Jahre geschlossen werden, sieht die Realität im Jahr 2020 insbesondere für große Flächen anders aus: 10 oder sogar 15 Jahre Objektbindung sind heute keine Seltenheit mehr, da Eigentümer auch zu derartigen Konditionen dank des immensen Nachfrageüberhangs keine Probleme haben, ihre Immobilien zu vermieten. Für Interessenten geht damit allerdings eine deutliche Einschränkung der unternehmerischen Flexibilität einher: Wer sich dafür entscheidet, eine Bürofläche in Hamburg zu mieten, muss über einen langen Zeitraum vorausplanen, da die gewählte Immobilienlösung sowohl in Zeiten konjunktureller Schwäche, als auch in wachstumsstarken Phasen für die Dauer der Vertragslaufzeit nicht der eigenen Performance angepasst werden kann. Nur in weniger attraktiven Lagen oder im Umland besteht nach wie vor die Möglichkeit, flexiblere Laufzeiten abzuschließen, da die Markt- und Konkurrenzsituation sich hier noch etwas entspannter präsentiert als im Stadtkern. Allerdings spricht für viele Unternehmen der zunehmende Kampf um gute Mitarbeiter gegen einen solchen Schritt, da die Attraktivität des Arbeitsplatzes bei vielen Mitarbeitern einen hohen Stellenwert hat.
Im Zentrum gewinnt eine alternative Lösung zusehends an Popularität: Co-Working Anbieter wie Mindspace, SPACES oder WeWork mieten Büroflächen auch trotz langer Vertragslaufzeiten an und vermitteln diese an andere Unternehmen für eine häufig kürzere Zeit weiter. Somit entsteht eine Win-Win-Situation für beide Parteien: Während die Co-Working-Anbieter ihr Geschäftsmodell umsetzen können und produktiv wirtschaften, profitieren andere Unternehmen in solchen Räumlichkeiten von weitaus größerer Flexibilität. Dafür wird erfahrungsgemäß auch ein erhöhter Quadratmeterpreis in Kauf genommen. Für die Co-Working-Anbieter hingegen bleibt das Risiko klein, da sie ebenfalls von der hohen Nachfrage nach Büroimmobilien in Hamburg profitieren und ihre Flächenkontingente schnell weitervermieten können. Folglich beobachten wir in Hamburg einen wachsenden Anteil solcher Anbieter, die auch großflächige Büroimmobilien in zentralen Lagen anmieten. Ob und inwieweit sich diese Lösung langfristig durchzusetzen vermag, bleibt abzuwarten – die Analyse des Mieterverhaltens zeigt jedenfalls, dass in volatilen, schnelllebigen Zeiten wie diesen Flexibilität und Agilität für Unternehmen einen hohen Stellenwert einnehmen, für den sie auch bereit sind, höhere Mietpreise zu akzeptieren. Für Eigentümer bietet diese Entwicklung also mindestens einen Anreiz, die eigene Laufzeitpolitik zu überdenken, um die Rendite ihrer eigenen Vermietung zu optimieren.
Oliver Horstmann ist Mitglied der Geschäftsleitung des Gewerbeimmobilien-Maklers Engel & Völkers Commercial Hamburg. Als Bereichsleiter für Büro- und Einzelhandelsflächenvermietung beobachtet er die Entwicklung des Hamburger Marktes seit über 20 Jahren. Mit einem umfassenden Erfahrungsschatz und seinem weitreichenden Kontaktnetzwerk berät er sowohl Mittelständler als auch Großunternehmen zu deren idealen Immobilien-Lösung und nimmt dabei auch unkonventionelle Alternativen in den Blick.