„Wer nichts tut, verlässt sich auf den Zufall“

Peter Bachmann leitet das Sentinel Haus Institut in Freiburg.

INTERVIEW Peter Bachmann, Gründer des Sentinel Haus Instituts aus Freiburg, über gesundes Wohnen und Bauen

Schadstoffe in Häusern sind ein vielschichtiges Thema, vor allem, weil sie der Laie gar nicht vermutet. Dass Schimmel ein erstzunehmendes Problem darstellt, ist allgemein bekannt, aber was ist eigentlich mit Formaldehyd, VOC, CO2, Feinstaub und vielen weiteren Schadstoffen? Wie groß ist die Gefahr, gesundheitliche Schäden zu erleiden? Und vor allem: Was kann der Bauherr oder Sanierer tun, um dieser Gefahr zu entgehen? Peter Bachmann, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Sentinel Haus Instituts aus Freiburg, setzt sich für messbare und zuverlässige Kriterien zur gesundheitlichen Qualität in Immobilien ein. Gemeinsam mit Forschern, Herstellern und Prüfunternehmen arbeitet das Institut an einer Weiterentwicklung von gesünderen Innenräumen und berät Unternehmen aus der Baubranche, beispielsweise auch die Mittelstädt Baugeschäft GmbH in Himmelpforten.

Sie schreiben in Ihrem Ratgeber- Buch „Gesünder bauen und wohnen“ darüber, dass täglich Menschen an ungesunden Gebäuden erkranken. Lässt sich das belegen?

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Es gibt eine Vielzahl an Studien. Zum Beispiel von Prof. Dr. Irina Lehmann von der Charité in Berlin. Sie schreibt in ihrem Beitrag in dem Buch unter anderem von den Langzeituntersuchungen LINA und LISA, die sie an ihrer früheren Arbeitsstelle, dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig, durchgeführt hat. Danach steigt zum Beispiel bei ungeborenen Kindern und Babys das Allergierisiko um das Zehnfache, wenn Schwangere in Räumen leben, die durch schadstoffhaltige Baustoffe oder Schimmel belastet sind.

Wie viele Menschen sind prozentual von Erkrankungen durch belastete Räume betroffen?

Das ist ganz unterschiedlich, denn wir haben ja nicht nur fest definierte festgestellte Krankheiten, sondern auch zahlreiche unspezifische Befindlichkeitsstörungen durch eine schadstoffhaltige Raumluft. Wenn man die Zahl der Lernenden nimmt, die in schlecht belüfteten Klassenzimmern und Seminarräumen wegen einer zu hohen Belastung mit Kohlendioxid unter Aufmerksamkeitsstörungen, Müdigkeit und Schwindel leiden, geht das sicherlich in die Zehntausende, wahrscheinlich auch Hunderttausende. Auch sind Schimmel in Gebäuden, aber auch flüchtige organische Verbindungen (VOC) eigentlich überall zu finden – nicht immer, aber häufig in gesundheitsschädlichen Konzentrationen.

Thema Verbraucherschutz: Sind wir als Verbraucher beim Hausbau, -kauf oder bei der Haussanierung ausreichend geschützt?

Nein, in den Regalen des Handels befinden sich viele Produkte, die uns Menschen krank machen können. Man muss sich aktiv kümmern, dann kann man sich schützen. Wer nichts tut, verlässt sich auf den Zufall. Wichtig für Bauherren und Sanierer: eine vertragliche und rechtssichere Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.

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Können sich Bauherren über einzelne, konkrete Baumaterialien informieren, die nachweislich emissionsarm oder schadstofffrei sind?

Ja, das geht in unserem Bauverzeichnis Gesündere Gebäude. Aber Vorsicht: Wer von schadstofffrei redet, zeigt, dass er keine Ahnung hat oder seine Kunden hinters Licht führt. Denn vollständig schadstofffreie Bauprodukte oder auch Möbel und Reinigungsmittel gibt es nicht! Irgendetwas misst der Gaschromatograph im Labor immer. Darauf kommt es auch nicht an. Vielmehr sollte man darauf achten, dass für wichtige Substanzen die Vorsorgewerte des Umweltbundesamtes nicht überschritten werden. Unser Ziel ist es, den Eintrag von Schadstoffen durch Bauprodukte in das Gebäude so gering wie möglich zu halten.

Web: www.bauverzeichnis.gesündere-gebäude.de www.sentinel-haus.eu