Der Ideenbeweger

Verstärkt seine Entrepreneurship- Aktivitäten jetzt auch im Norden Niedersachsens: Prof. Dr. Bernhard H. Vollmar im Auditorium des PFH Hansecampus Stade. Foto: Wolfgang Becker

B&P-PORTRÄT Prof. Dr. Bernhard H. Vollmar bringt PFH-Studenten auf die Unternehmerspur

Wie selten zuvor wird die Gründerszene in Deutschland umworben. Wettbewerbe, Förderprogramme, Gründerzentren und Studiengänge zielen darauf ab, aus Geschäftsideen Unternehmen erwachsen zu lassen. Berlin gilt als Gründerhauptstadt, doch Hamburg will der Bundeshauptstadt den Rang ablaufen. Und auch abseits der Metropolen werden die Gründer gehegt und mit vielfältigen Preisen animiert. Doch wie werden Ideen eigentlich entwickelt? Wie können es beispielsweise junge Tüftler anstellen, von den ersten zaghaften Schritten in einen regelrechten Sprintmodus zu gelangen, um erfolgreich Ziele zu erreichen, die in der Startphase noch gar nicht zu sehen sind? An der PFH Private Hochschule Göttingen und ihrem Hansecampus Stade befasst sich Professor Dr. Bernhard H. Vollmar genau mit diesen Fragen. Er hat eine Professur für Entrepreneurship & Finance, ist also Experte darin, aus innovativen Geschäftsideen Unternehmensgründungen zu machen. Und das auch mit Blick auf die Finanzen.

Prof. Vollmar hat von Göttingen ausgehend das hochschulweit arbeitende ZE Zentrum für Entrepreneurship aufgebaut. Er ist der „Ideenbeweger“ und rückt seine für Südniedersachsen konzipierte Crowdfunding-Plattform nun auch für Nordniedersachsen in den Fokus. Daneben stehen weitere Projekte auf seiner Agenda, mit denen er den Entrepreneurship-Gedanken über die Stader Hochschule noch stärker in der Region verankern möchte.

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Eines stellt Prof. Vollmar im Gespräch mit B&P gleich klar: „Derzeit erleben wir rund um das Thema Gründung einen regelrechten Hype, aber an den konkreten Fallzahlen lässt sich das noch nicht wirklich ablesen. Wir sind weit entfernt von einer agilen Gründerkultur – da ist noch reichlich Luft nach oben.“ Nur etwa jeder 20. Uni-Absolvent gründet ein eigenes Unternehmen. Die PFH hat das Gründungsthema deshalb bewusst in den Mittelpunkt gestellt. Im Gründungsradar, dem wichtigsten deutschen Ranking für Gründungskultur, gehört sie seit Jahren zu den besten Hochschulen. Die praxisorientierten Studiengänge, wie sie beispielsweise auch am PFH Hansecampus Stade angeboten werden, sind ideal dazu geeignet, junge Menschen durch die Arbeit in Projekten an eigenverantwortliches Arbeiten heranzuführen. Im besten Fall wird dadurch auch der Wunsch nach Selbstständigkeit geweckt, doch Vollmar sagt: „Der Wunsch, kreativ und selbstbestimmt zu arbeiten, ist ja durchaus auch für Unternehmen interessant, die Stellen besetzen wollen, die genau dieses Denken erfordern. Wir sprechen dann von Intrapreneurship.“

„ZE Ideen-Sprint“ in Stade

Die PFH hat sich in Göttingen mit dem ZE Zentrum für Entrepreneurship als Ansprechpartner für Gründer positioniert und ist auch für Stade akkreditiert, das neue Gründerstipendium des Landes Niedersachsens zu begleiten. Die PFH-Aktivitäten beziehen sich nicht nur auf die Lehre, sondern auch auf Beratung, Coaching und Qualifizierung beispielsweise durch Workshops wie den „ZE Ideen-Sprint“, der im vorigen Jahr erstmals auch in Stade stattfand. Bereits acht Mal wurde mittlerweile auch die Entrepreneurship School durchgeführt, ein zweieinhalbtägiger Intensiv-Workshop der PFH, in dessen Rahmen aus Ideen Konzepte entstehen. Vollmar: „Unser Ziel ist es, dass die Teilnehmer die nächsten unternehmerischen Schritte gehen. Außerdem können sie sich mit Gleichgesinnten vernetzen.“

Bei allen Gründungsideen betont der 47-Jährige: „Natürlich geht es beim Gründen auch um wirtschaftlichen Erfolg. Aber uns ist wichtig, dass nicht nur auf das schnelle Geld geschaut, sondern dass nachhaltig geplant und soziale Verantwortung übernommen wird. Nur diese Unternehmen sind langfristig erfolgreich.“ Gleichwohl registriert er gerade in der Gründerszene durchaus Tendenzen, die vereinzelt auf einen „Rückfall in den reinen Kapitalismus“ schließen lassen.

Entrepreneure sind „Projektemacher“

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Entrepreneurship steht heutzutage für innovatives Unternehmertum, aber „eigentlich sollten wir Entrepreneure eher als Projektemacher bezeichnen“, sagt Vollmar. Denn: „Hier geht es um Experimentierfreudigkeit, Kreativität und auch ein bisschen Abenteuerlust. Einfach mal was ausprobieren.“ Die niedrige Arbeitslosigkeit und der Fachkräftemangel in den Unternehmen lockten allerdings mit gutbezahlten Jobs im Angestelltenverhältnis. Vollmar: „Wer sich mit einer Geschäftsidee selbstständig macht, wählt zunächst einmal nicht ‚the safe way to money‘.“ Im Gegenteil: In der Regel werde erstmal Geld gebraucht, um überhaupt in Gang zu kommen.

Eine Möglichkeit bietet das Crowdfunding. Deshalb hat Prof. Vollmar den „Ideenbeweger“ erfunden (Web-Adresse siehe unten). Er sagt: „Wir spielen bewusst die regionale Karte. Oft sind es kleine Projekte, für die Geld benötigt wird. Über den Ideenbeweger haben wir in Südniedersachsen unter dem Dach von Startnext, der größten deutschen Crowdfunding-Plattform, 20 Projekte mit einem Volumen von insgesamt 100 000 Euro finanziert.“ Dabei handelt es sich nicht etwa um Beteiligungen an Start-ups, sondern um die Umsetzung realer Projekte, für die Geld gesucht und offenbar auch gefunden wird. Die Geldgeber profitieren dabei auf unterschiedlichste Weise. Beispiel: Wenn Geld für eine CD-Produktion benötigt wird, bekommt der Geber vielleicht ein Kontingent an Tonträgern oder ein Gratiskonzert.

Eine Plattform für den Norden Niedersachsens

Vollmar: „Das Land Niedersachsen hat bereits signalisiert, dass die Crowdfunding-
Beratung auch für das Elbe-Weser-Dreieck gefördert werden soll. Dann können wir in Stade einen Mitarbeiter einsetzen, der sich um das Thema kümmert. Damit kann auch die Ideenbeweger-Plattform auf die Region ausgeweitet werden. Wir denken da durchaus auch bis Cuxhaven. Crowdfunding kann eine Mitmach-Atmosphäre schaffen. Darauf setzen wir.“

Bereits in der Region aktiv ist die PFH mit dem Projekt TRANSition. Es zielt darauf ab, Synergien zwischen Unternehmen der Wind­energie-, Agritechnik- und CFK-Branche herzustellen und so die Wirtschaft im Elbe-Weser-Dreieck zu stärken. Anfang März fand dazu der erste Workshop am PFH Hansecampus Stade statt, bei dem sich Unternehmensvertreter aus den genannten Branchen untereinander sowie mit Forschern und den Experten des hochschuleigenen ZE Zentrum für Entrepreneurship austauschen konnten. 40 Teilnehmer nahmen an dem ersten Sensibilisierungs-Workshop teil. Im Mai folgte bereits der zweite Workshop – zum Thema: „Hybride Werkstoffe – Das Beste aus zwei Welten“. 26 Unternehmen waren daran beteiligt, darunter allein sechs Landmaschinenhersteller. Im Herbst folgt die dritte Veranstaltung, die sich mit XXL-Bauteilen befassen wird.

Vollmar: „Wir wollen eine zentrale Anlaufstelle für die Kooperation von Unternehmen aufbauen und so dafür sorgen, dass wissensbasierte Jobs entstehen. Die PFH sieht sich als Innovationsauslöser für die Region.“ Das so entstehende „Gründer-Ökosystem“ werde wissenschaftlich begleitet, um zu analysieren, wie sich Aktivitäten einer Hochschule konkret auf das Kooperationsverhalten von Unternehmen auswirken. wb

Web: https://entrepreneurship.pfh.de/