Auftakt für den TIP Innovationspark Nordheide: WLH als Vorbild für grenzüberschreitende Kooperation
Von Wolfgang Becker
Zusammenarbeit ist das Gebot der Stunde in einer zunehmend globalisierten Welt. Politiker, Zukunftsforscher und auch immer mehr Wirtschaftsvertreter werden nicht müde, dies zu betonen. Doch wie sähe das real in einem Staat aus, der bis ins letzte Flurstück von Grenzen durchzogen ist? Ländergrenzen, Landkreisgrenzen und Gemeindegrenzen – das ganze föderale Konstrukt mit unterschiedlichen Entscheidungsebenen, Förderbedingungen bis hoch zur EU und politischen Mehrheiten macht den Supertanker Deutschland zu einem trägen Gefährt in einer sich immer schneller drehenden Welt. Durchaus möglich, dass die WLH Wirtschaftsförderung im Landkreis Harburg GmbH nun eine Vorbildfunktion übernimmt, denn mit dem in Buchholz geplanten Technologie- und Innovationspark (TIP) wird ein Projekt vorbereitet, dass bereits jetzt über die Grenzen hinaus Menschen zusammenbringt, die vor zehn Jahren kaum auf die Idee gekommen wären. Einen Vorgeschmack auf grenzüberschreitendes Interesse bekamen die Teilnehmer der offiziellen Auftaktveranstaltung für den TIP Innovationspark Nordheide, so der neue Name, den WLH-Geschäftsführer Jens Wrede im ISI Zentrum für Gründung Business & Innovation in Buchholz bekannt gab.
Mit Dr. Sabine Johannsen, niedersächsische Staatsrätin für Wissenschaft und Kultur, und Landrat Rainer Rempe war das Bundesland Niedersachsen politisch stark präsent, was bei so einem Anlass nicht verwundert, denn mit dem TIP soll ein Leuchtturmprojekt im Landkreis Harburg realisiert werden. Der Kreis ist wirtschaftlich durchaus stark und als Gründerregion sogar Spitze in Niedersachsen, er hat dennoch ein Manko: Es fehlt eine Universität. In der Folge ist es schwierig, wissensbasierte Jobs zu schaffen – es fehlen die universitären Gründerimpulse vor Ort.
Brückenschlag nach Hamburg
Mit dem TIP soll sich das ändern und dazu hatte Wredes Vorgänger, Wilfried Seyer, Kontakt zu wissenschaftlichen Einrichtungen im weiten Umfeld geknüpft. Offenbar erfolgreich, denn mit Martin Mahn, Geschäftsführer der Tutech Innovation (Transfergesellschaft der Technischen Universität Hamburg in Harburg) und Verena Fritzsche, Geschäftsführerin des Northern Institute of Technology Management (Harburg) wird der Brückenschlag in die Hamburger Uni-Landschaft möglich. Beide waren bei der Auftaktveranstaltung dabei. Vertreten waren außerdem Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff und Dr. Holger Peinemann, beide vom offis e.V. – Institut für Informatik der Uni Oldenburg. Weitere Kooperationen sind mit der Hochschule21 in Buxtehude und der Ostfalia in Osnabrück vereinbart. Mit der Leuphana Universität in Lüneburg und der Privaten Hochschule Göttingen, die in Stade den PFH-Hanse-Campus betreibt, werden Gespräche geführt. Ebenfalls dabei sind die Steinbeis Transferzentren Niedersachsen und das Machining Innovation Network MIN in Varel.
Im fünften Jahr seines Bestehens steht das ISI Zentrum nun im Fokus einer Wissenschafts-Kampagne, die dazu führen soll, mit dem TIP Innovationspark Nordheide Forschungseinrichtungen in Kontakt mit Unternehmen zu bringen. Das Projekt ist von langer Hand geplant, der Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan steht unmittelbar bevor – es könnte also umgehend losgehen mit der Erschließung des 25 Hektar großen Gebietes im Norden von Buchholz, direkt im Dreieck B75/Dibberser Straße/Gewerbegebiet Vaenser Heide II.
Unterstützung aus Hannover
Laut Landrat Rempe wird der TIP eine Strahlkraft entwickeln, die weit über die Grenzen des Landkreises hinausreicht. Er betonte die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit den Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen, insbesondere weil der Landkreis Harburg keine eigene Uni habe. Das Projekt passe in die Strategie eines ressortübergreifenden Projektes, das derzeit in Hannover vorbereitet wird und den Namen „Innovationsland Niedersachsen“ trage, sagte Staatsrätin Johannsen: „Unsere Unterstützung haben Sie.“
WLH-Chef Wrede sieht durchaus eine Entwicklung in den großen Städten, die dazu führt, dass Innovationsparks aufgrund der hohen Kosten eher in den Randbereichen entstehen. Dies gelte für den TIP Innovationspark Nordheide ebenso wie für den Hamburg Innovation Port HIP und den hit-Technopark in Harburg, selbst die neue Hamburger Science City werde in Bahrenfeld geplant.
Tatsächlich ist die Entwicklung derzeit außergewöhnlich, denn der HIP im Hamburger Binnenhafen ist mitten im Aufbau begriffen, der erste Bauabschnitt soll noch in diesem Jahr fertig werden. Weitere Gebäude sollen folgen. Der hit-Technopark in Bostelbek (ehemaliges Tempowerk-Gelände in der Nachbarschaft des Mercedes-Werks) will seine Flächen ebenfalls innerhalb der kommenden fünf Jahre deutlich aufstocken und sich stark erweitern. Und direkt hinter der Landesgrenze soll der TIP Ende 2020 erschlossen sein. Hier ist der Bau des Nordheide-Campus‘ für wissenschaftliche Kooperationspartner geplant, hier sollen außerdem neue Firmen angesiedelt werden.
Investorenkonferenz geplant
Wrede kündigte an, dass im Herbst dieses Jahres eine Investorenkonferenz stattfinden soll. Bereits jetzt gebe es großes Interesse aus dem Landkreis. Im Sommer soll zudem ein Workshop mit den derzeit acht Partnern aus der Wissenschaft stattfinden. Ziel ist ein Konzept, das am Ende dazu führt, dass hochqualifizierte Arbeitskräfte Jobangebote vor Ort finden. Wrede: „Das ist Lebensqualität.“
„Wir müssen uns treffen“
Volle Unterstützung bekommen die TIP-Pläne von der Tutech Innovation in Harburg, Transfergesellschaft der Technischen Universität Hamburg. Geschäftsführer Martin Mahn berichtete über die Entwicklung der Tutech Innovation sowie ihrer Schwester Hamburg Innovation und den rasant steigenden Bedarf an wissenschaftlicher Begleitung bei der Entwicklung neuer Produkte. Und ein wichtiger Aspekt: „Wir brauchen Orte! Wir sind Menschen, und wir müssen uns treffen.“ So entstünden neue Netzwerke und Synergien. Aus seiner Sicht gebe es hervorragende Chancen für die Schaffung eines Innovations-Ökosystems im Hamburger Süden, das von Stade (PFH) und Buxtehude (Hochschule 21) über Harburg (HIP, TUHH, NIT, hit) und die gesamte Hamburger Uni-Szene sowie Buchholz (TIP) bis nach Lüneburg (Leuphana) und Geesthacht reiche. Mahn: „Wir brauchen Weiterbildung und Innovationsberatung. Alle Schalter für die Zusammenarbeit sind bereits umgelegt!“
Web: www.wlh.eu