Kindergärten, Schule, Parks und Reihenhäuser: In den Plänen ist schon jede Menge Leben auf dem einstigen, 15 Hektar fassenden „Kellogg“-Gelände in der Bremer Überseestadt eingezogen. Ab 2021 soll mit der Bebauung begonnen werden. Jedoch schließt Investor Dr. Klaus Meier nicht aus, dass das Quartier „Überseeinsel“ schon früher zum Anlaufpunkt wird.
Klaus Meier ist in Bremen kein Unbekannter. Er ist Gründer und Aufsichtsratschef der wpd AG, die auf der ganzen Welt Windparks plant, entwickelt und betreibt. Dass sich der 53-Jährige jetzt auch der Stadtentwicklung annimmt, ist hingegen neu. „Wir haben Spaß an dem Thema Projektentwicklung und Bau. Da kann man ja auch mal was anderes machen als immer nur Windkraft“, erklärt der promovierte Jurist sein Engagement mit einem Augenzwinkern. Konkret hat er den Bau eines neuen Stadtviertels in Bremen ins Visier genommen – und zwar dort, wo früher Kellogg Deutschland Cornflakes produziert hat.
Ganz wie die Jungfrau zum Kinde kam der Bremer Unternehmer aber nicht zu dem Gelände und der Idee. Meiers wpd hatte ein Vorkaufsrecht für einen Teil der Fläche. „Als Kellogg 2016 dann öffentlich gemacht hat, dass die Produktion geschlossen wird und die Diskussion um die Nachnutzung begann, haben wir den Finger gehoben.“ Im November 2017 hatte der US-Konzern nach über 50 Jahren die Zerealien-Produktion bei Kellogg Deutschland an der Weser gestoppt.
Seit Juli 2018 gehört Klaus Meier nun das 15 Hektar fassende einstige Produktionsgelände des amerikanischen Frühstücksflockenherstellers in der Bremer Überseestadt. Es ist Teil des insgesamt 41,5 Hektar großen Areals, das als letztes Sahnestück in der Gestaltung der Überseestadt gilt. Hier, auf einer Art Halbinsel, soll das neue Stadtquartier „Überseeinsel“ entstehen. Es sind 15 Hektar in bester bremischer Lage: Direkt an der Weser, keine zwei Kilometer vom Marktplatz, dem Roland und den Stadtmusikanten entfernt. Das Grundstück hat eine gut erschlossene Infrastruktur und ein modernes Ambiente. „Es ist ein toller Standort“, schwärmt Meier
Über den Kaufpreis für das Grundstück wurde Stillschweigen vereinbart. Gemeinsam mit der Stadt Bremen soll das Gesamtareal entwickelt werden. Fest steht: Es wird einen Mix aus Arbeiten, Wohnen und Freizeit geben – zukunftsgerichtet und nachhaltig, wie Meier sagt.
Zentralisierte Mobiliät
Und an dieser Stelle schließt sich der Kreis zu dem Experten für regenerative Energien, der für die Entwicklung des Gebiets die Überseeinsel GmbH gegründet hat: „Eine zentrale Frage der Zukunft wird sein: Wie werden die Sektoren Wärme und Verkehr erneuerbar? Und dabei insbesondere, wie bekommen wir den Windstrom in die Häuser und Autos? Darum kümmern wir uns exemplarisch“, erläutert Klaus Meier. Er denkt dabei beispielsweise daran, über Quartiersgaragen die Mobilität zu zentralisieren. Dort könnten auch Batterien von Elektroautos aufgeladen und Car-Sharing-Systeme installiert werden. Meier schwebt eine Lebensweise vor, die insbesondere Familien als künftige Bewohner des Quartiers ansprechen soll.
Sechs Büros aus Berlin, Kopenhagen, Rotterdam, Bremen und Wien waren damit beauftragt, sich in Vorstudien mit dem Areal zu beschäftigen. Durchgesetzt hat sich das Berliner Büro SMAQ für Städtebau und Architektur mit seinem Gesamtkonzept. „Aber auch Ideen aus den Plänen der Bremer Architektenteams OMP und COBE Architects aus Kopenhagen werden in die weiteren Überlegungen mit einfließen“, sagt Meier und ergänzt: „Wir wollen ein Quartier für Menschen gestalten. Lebendig, gesund, sicher und ökologisch.“
In einem ersten Schritt werden jetzt die Bestandsimmobilien auf dem Gelände unter die Lupe genommen und wenn möglich erhalten. Das betrifft auch ein weißes Getreidesilo, das weithin sichtbar ist. Andernorts habe er bereits tolle zeitgemäße Verwendungen für solche Industriedenkmale sehen können – beispielsweise als Restaurant, betont Meier. Aber auch ein Museum oder ein Hotel seien denkbar.
2021 sollen die Neubauten starten
Ab etwa 2021 will Meier mit Neubauaktivitäten auf dem Kellogg-Gelände beginnen. Geplant sind 1200 Wohneinheiten, auch Arbeitsplätze für bis zu 3000 Menschen sollen im Zuge der Neugestaltung entstehen. Eine Grund- und Oberschule sowie drei Kindergärten gehören ebenfalls zur Planung. Von den Kitaplätzen könnten auch die Beschäftigten der wpd-Firmenzentrale profitieren, die nur einen Steinwurf entfernt von der „Überseeinsel“ ansässig ist. Die Kitaplätze sind neben Schulen aber vor allem ein unerlässliches Element, um Familien in die Überseestadt zu locken, weiß Meier. Deshalb sollen auch viele Grünflächen, Bolz- und Spielplätze entstehen – oder schlicht „Platz zum Toben“, wie Meier, selbst Vater von vier Kindern, sagt. Dazu: Ein Bio- und Regionalmarkt, viele Einzelhändler und sehr viele gastronomische Angebote. „2040 ist es das Quartier in Bremen, wo man sein will. Jung und Alt, Singles und Familien“, ist der Geschäftsführer der Überseeinsel GmbH überzeugt.
Entstehung mit Industrie kompatibel
Neben Wohnen bleibt das Gewerbe ein fester Bestandteil in der Weiterentwicklung der Bremer Überseestadt – so auch auf der „Überseeinsel“. „Auf den Grundstücksbereichen in der Nähe zu den Industriebetrieben kann natürlich nur etwas entstehen, das auch mit der Industrie kompatibel ist“, nimmt Klaus Meier mögliche Bedenken vorweg. In enger Absprache mit der Stadt und den Industrieanrainern werde hier geplant. In etwa zehn Jahren soll die „Überseeinsel“ frühestens komplett fertig entwickelt und bebaut sein. Sie ist ein weiterer Meilenstein in der Gesamtentwicklung des Europa- und Überseehafens.
Vorzeigeprojekt Überseestadt
Seit nunmehr gut 18 Jahren entsteht mit der Bremer Überseestadt auf 300 Hektar Fläche eines der größten städtebaulichen Revitalisierungsprojekte in Europa. Das einstige Hafenquartier hat sich zum Vorzeigeobjekt entwickelt, darüber sind sich nicht nur Experten einig: Die Wohnimmobilien sind rege nachgefragt, weitere Wohnprojekte sind in der Umsetzung, darunter auch Angebote im sozialen Wohnungsbau. Rund 16000 Beschäftigte arbeiten heute in den zahlreichen Büros in der Überseestadt. Wohnen und arbeiten direkt am Wasser liegen wie in anderen Städten mit vergleichbaren Umnutzungen auch in Bremen hoch im Kurs. Davon wird die „Überseeinsel“ profitieren, ist sich Meier sicher.
(Text: Corinna Laubach)