Der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union kann unter Umständen schwerwiegende Folgen für die deutsche Fischwirtschaft haben. Im Falle eines ungeregelten Brexits „gehen uns möglicherweise wertvolle Fanggründe rund um die Britischen Inseln verloren“, warnt der Geschäftsführer der Doggerbank Seefischerei GmbH, Dr. Uwe Richter.
45000 Tonnen Heringe pro Jahr
Innerhalb der britischen 200-Meilen-Zone fängt das größte deutsche Hochseefischerei-Unternehmen unter anderem mehr als 45000 Tonnen Hering pro Jahr und damit etwa 90 Prozent der Kapazität der reederei-eigenen Heringsverarbeitung auf Rügen. Richter fürchtet aber nicht nur die Folgen für die eigene Firma, sondern weist auch auf negative Auswirkungen für die nachhaltige und schonende Fischerei hin: „Niemand weiß, wie in einem solchen Fall die Fangquoten geregelt werden.“ Die Auswirkungen bekommen nach Überzeugung des Fachmanns nicht nur die Beschäftigten der verarbeitenden Betriebe zu spüren – die Verbraucher müssten sich auf steigende Preise oder sogar Versorgungsengpässe gefasst machen: „Zu den Fanggründen rund um Großbritannien gibt es für uns keine Alternativen.“
Ins eigene Fleisch geschnitten
Die mögliche Situation in der Fischerei zeigt aus einem weiteren Blickwinkel die Problematik des Brexit-Gerangels. Wie zum Beispiel in ihrem Nationalgericht Fish ‘n‘ Chips essen die Briten nur weißes Fischfleisch, also Kabeljau, den müssen sie jedoch importieren. Seelachs aus den eigenen Gewässern verschmähen sie dagegen. Einerseits werden sie den Fisch nicht mehr bekommen, den sie mögen. „Andererseits bleiben sie auf Fisch sitzen, den sie bei uns nicht mehr verkaufen können“, sagt Frosta-Vorstand Felix Ahlers, dessen Unternehmen Nordsee-Seelachs zu Frikadellen und Schlemmerfilets verarbeitet. Das Absurde: Die Brexit-Bewegung ging in Großbritannien ursprünglich von den Fischern aus, die ihre Fanggründe für sich selbst behalten wollten. (heu)