Positiver Blick auf Hamburg: Thomas Falk ist Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Stade Elbe-Weser-Dreieck und vertritt die Interessen von 400 Mitgliedsunternehmen aus der Region.
Die Situation in der Logistikbranche ist auch ein Thema, das den Arbeitgeberverband Stade Elbe-Weser-Dreieck zunehmend beschäftigt. Der AGV vertritt die Interessen von rund 400 Mitgliedsunternehmen in der Region. Über die Probleme, die Chancen und die Perspektiven gerade auch im Zusammenspiel mit der Hansestadt Hamburg sprach B&P-Redakteur Wolfgang Becker mit AGV-Hauptgeschäftsführer Thomas Falk.
Welchen Stellenwert hat der Bereich Transport & Logistik im Arbeitgeberverband Stade Elbe-Weser-Dreieck?
Diese Branche wird für uns immer wichtiger. Wir müssen uns nur anschauen, wie viele Logistikzentren entlang der Autobahnen aus dem Boden geschossen sind. Ich denke dabei zum Beispiel an die Ansiedlung von Ikea und Noerpel in Elsdorf. Oder schauen Sie nach Rade. Das merken wir auch im Verband.
Was sind die konkreten Themen der Branche, die bei Ihnen im Verband ankommen?
Der Fachkräftemangel beeinträchtigt die Expansionspläne der Unternehmen sehr. Das steht an erster Stelle. Dabei geht es nicht nur um Fahrer, sondern auch Logistik-Fachkräfte. Flächen sind dagegen nicht so das große Problem, da in den vergangenen Jahren sehr viel ausgewiesen worden ist – zum Beispiel das große Depot von Home24 an der A27 bei Walsrode.
Nun denken wir bei Logistik häufig zunächst an große Hallen mit wenig Menschen, aber das Thema ist ja weitaus umfangreicher. Es geht um Wasserwege, Schifffahrt, Lufttransporte und vieles mehr. Spielt das im Stader Raum auch eine Rolle?
Das möchte ich bejahen. Wir haben Mitglieder aus diesen Bereichen und auch hier große Probleme bei der Mitarbeitergewinnung. Insgesamt hat sich eine beträchtliche Konkurrenzsituation entwickelt. Und das zweite große Problem: Die Mitarbeiter müssen auch irgendwie zu ihren Arbeitsplätzen kommen. Nicht jeder hat ein eigenes Auto, und öffentliche Verkehrsmittel sind gerade in den Außenlagen eher dünner gesät.
Sie meinen, den HVV-Bus nach Elsdorf gibt es noch nicht . . .
. . . der ist in der Tat noch nicht erfunden. Aber es gibt auch Unternehmen, die dieses Problem selbsttätig lösen – im Schichtbetrieb ist das jedoch nicht einfach.
Was raten Sie denn Ihren Mitgliedsunternehmen?
Angesichts der Konkurrenzsituation müssen sich Unternehmen möglichst attraktiv darstellen. Das heißt: Sie müssen erstmal bekannt sein. Dazu gehört auch, dass sich Mitarbeiter im Unternehmen wohlfühlen müssen. Und: Auch an der Vergütung muss gearbeitet werden, aber da können die Bäume nicht in den Himmel wachsen.
Es gibt ja durchaus Frachtunternehmen, die sich ernsthaft mit dem Gedanken über eine bessere Bezahlung beispielsweise der Fahrer auseinandersetzen.
Es wird ja vielleicht auch irgendwann das autonome Fahren kommen, aber zurzeit sehen wir einfach, dass in der Transportbranche jeder vierte Fahrer älter als 54 ist. Die sind über kurz oder lang alle weg vom Markt – und es kommen zu wenige nach. Es muss also etwas geschehen, um den Beruf attraktiver zu machen.
Wann fliegt nach Ihrer Einschätzung die erste Lieferdrohne in Stade?
Ja, wenn ich jetzt Hellseher wäre, würde ich sagen: in drei bis fünf Jahren. Aber das ist ein ganz spezieller Fall. Ich persönlich denke, das wird noch erhebliche Zeiträume in Anspruch nehmen, denn eine Lieferung per Drohne wirft zahlreiche Fragen auf. Eine Drohne über Stade ist ja vielleicht kein Problem, aber 500? Ich sehe das noch nicht so richtig . . .
Aus Hamburg kommen Mut machende Signale zum Thema Infrastruktur. Da tut sich endlich mal etwas zur A26. Sehen Sie das auch so?
Das sind äußerst positive Signale – vor allem weil es gelungen ist, die Naturschutzverbände von weiteren Klagen gegen den Teilabschnitt der A26 abzuhalten. Diese Nachricht ist für unsere Region von ganz, ganz großer Bedeutung. Nun können wir damit rechnen, dass Ende 2023 die Anbindung der A26 an die A7 erfolgt ist. Damit wäre die durchgehende Fahrt auf der Autobahn nach Hamburg möglich. Eine ganz tolle Nachricht nicht nur für die Pendler, sondern auch für die Logistikbranche.
2023 – das klingt ja fast so, als sei die A26 nun quasi vor der Haustür.
Das sind noch fünf Jahre. Nun wissen wir, dass der Baugrund durchaus problematisch ist, was zu Verzögerungen führen kann. Aber die juristischen Voraussetzungen für den Bau sind endlich geschaffen, und das Geld liegt im Bundesverkehrswegeplan bereit.
Und Hamburg scheint auch willens, die Autobahn zu bauen . . .
Ja, seit einigen Jahren hat der Senat erkannt, dass es ohne die Region nicht geht. Da sind wir auf einem guten Weg. Das gilt auch für andere Bereiche: Der HVV-Tarif wird bis Cuxhaven ausgedehnt. Eine tolle Sache. Noch toller wäre es, wenn die S-Bahn bis dahin durchfahren würde, aber das ist technisch wohl nicht so leicht zu realisieren. Und die Fahrrinnenvertiefung der Elbe, seit langem überfällig, ist jetzt endlich im Gang.
Sie beurteilen die Situation mit Blick nach Hamburg also durchaus positiv?
Äußerst positiv. Wir arbeiten auch an dem LNG-Terminal für Stade, das wird sicherlich genau so große Bedeutung wie die A26 haben. Ich denke Stade hat gute Chancen, dieses Projekt zu realisieren. Insgesamt ist die Region in Bewegung – das ist eine gute Situation.