Sind Sie dabei? Oder nicht . . .

Foto: Wolfgang BeckerWiederverwertbare Raketen: Zukunftsforscher Michael Carl hatte allerlei plakative Beispiele dabei, um den Eröffnungsvortrag zu illustrieren. || Foto: Wolfgang Becker

Mittelstandskongress der Sparkasse Lüneburg: Gelungene Premiere mit fast 400 Teilnehmern – Zum Start eine Dosis Zukunft von Futurist Michael Carl

Das war eine Premiere nach Maß: Fast 400 Gäste fanden sich zum ersten Mittelstandskongress ein, zu dem die Sparkasse Lüneburg in das Hauptgebäude der Leuphana Universität geladen hatte. Unter dem großen Themendach Wirtschaft trifft Wissenschaft versammelten sich Gäste aus der ganzen Metropolregion Hamburg und darüber hinaus, um sich unter anderem mit der Frage zu beschäftigen, was die Zukunft bringen wird und wie sich Unternehmen am besten aufstellen sollten. Zwölf Vorträge und Workshops sowie ein Info-Marktplatz im großen Uni-Foyer boten zahllose Gelegenheiten zum Austausch und zum Netzwerken. Janina Rieke, Leiterin der Business-Bank innerhalb der Sparkasse Lüneburg, und Michael Pistohl, Leiter Mittelstand, hatten dieses Event angeschoben. Beide zogen noch am selben Tag eine positive Bilanz und freuten sich nicht nur über das große Echo, sondern auch über die inhaltlichen Impulse und die Tatsache, dass vor allem auch viele Gäste aus Hamburg den Weg an die Ilmenau gefunden hatten.

„Wir informieren über die brennenden Themen unserer Zeit“, sagte Torsten Schrell, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Lüneburg, in seiner Begrüßungsansprache und versprach nicht zu viel. Denn mit Michael Carl, Zukunftsforscher bei 2bAhead Think Tank, kamen im Eröffnungsvortrag Themen auf den Tisch, die sich eher unter dem Begriff „nahe Zukunft“ zusammenfassen ließen. Carl, bekennender Cyborg („Ich trage einen Chip, habe meinem Körper also eine Zusatzfunktion einbauen lassen“), schaut optimistisch auf die vielen Neuerungen, die im Zuge der Digitalisierung auf die Menschheit zukommen: „Die Frage ist ja nicht, ob das alles erwünscht und sinnvoll ist – sie lautet: Sind Sie dabei? Oder nicht . . .“ Dieser Frage müsse sich jeder stellen.

Anzeige

Foto: Wolfgang Becker
Unter ihrer Führung wurde der erste Mittelstandskongress organisiert: Janina Rieke, Leiterin der Business-Bank, . . .

Carl geht davon aus, dass sich Krypto-Währungen à la Bitcoin & Co. binnen kürzester Zeit durchsetzen werden – weil sich eine Blockchain-Technologie etablieren wird. Der Futurist: „Mein Tipp: Kaufen Sie sich ein Stück Krypto-Währung. Sie wissen nicht, wie das geht? Finden Sie es heraus!“ Als zweites Beispiel umwälzender Entwicklungen hatte Carl ein Foto der beiden landenden Booster-Raketen aus dem Raumfahrtprogramm von Elon Musk mitgebracht. „Wiederverwertbare Raketen – damit sinken die Kosten für die Raumfahrt im freien Fall.“ Und: „Wer heute 50 Jahre alt ist, kann sich die Frage stellen, ob er eventuell noch einmal ins All reisen möchte.

. . . und Michael Pistohl (links), Leiter Mittelstand, hier im Gespräch mit dem Hamburger Investor Carsten Dierksen.

Richtig provokativ war dann das dritte Beispiel des Zukunftsforschers. Er zitierte den britischen Bioinformatiker Aubrey de Grey, der das Altern aufhalten will, mit den Worten: „Der erste Mensch, der 1000 Jahre alt wird, ist wahrscheinlich schon geboren.“ Für Carl eine Steilvorlage, um sich der Thematik der Genforschung am Menschen, dem Ausdruck von Organen und den Brain-Machine-Interfaces zu widmen. Letztere seien noch in den Kinderschuhen, aber bis Mitte der 2040er-Jahre halte er es für möglich, dass Maschinen über das menschliche Gehirn gesteuert werden. Carl: „Ist das dann ewiges Leben?“ Seine Folgerung: „Die Spielregeln verändern sich.“ Fazit des Zukunftsforschers: Die Beherrschung und Nutzung von Daten wird die Zukunft bestimmen. Carl: „Daten kennen heißt ja nicht zu wissen, wie heißt jemand und wo wohnt er. Das steht im Personalausweis und ist langweilig. Interessant sind die Daten, die im Kopf sind. Die vor zehn Sekunden noch nicht da waren und in weiteren zehn Sekunden wieder irrelevant sind. Aber in diesen zehn Sekunden sind sie vielleicht wichtig für eine Kaufentscheidung. Daraus werden sich neue Formen des Geschäftemachens entwickeln.“

Aus der Hamburger Speicherstadt angereist: Florian Kamrath von Spherie UG informierte im Foyer über 360-Grad-Videos und Drohneneinsatz.

Etwas weniger futuristisch klingen da die Pläne von Volkswagen, die darauf ausgerichtet sind, Metropolen staufrei zu machen – indem alle sich bewegenden Individuen erfasst werden. Wer weiß, wo sie starten und wohin sie wollen, der kann die Wege per Rechner so optimieren, dass keine Staus entstehen. Soweit die Theorie. Carl: „Um das zu testen, wurde Peking als Metropole zugrunde gelegt. Um die Bewegungen der Masse zu analysieren und zu optimieren, brauchen selbst Hochleistungsrechner 45 Minuten – viel zu lange. Aber in wenigen Jahren kommt die nächste Rechnergeneration auf den Markt – Quantum-Computer. Sie schaffen den Rechenvorgang in drei Sekunden. Das passt.“

Trend zum Zweitherz Zum Abschluss seines Vortrages gab Michael Carl die Prognose, dass es nicht mehr lange dauern werde, bis sich die Menschheit daran gewöhnt habe, mit Rechnern zu kommunizieren und beispielsweise persönliche digitale Assistenten zu nutzen, die permanent die Autoversicherung optimieren („Check24 wird dann Geschichte sein . . .“), die eigenständige Finanzierungsentscheidungen im Sinne ihres Menschen treffen, die Ansprechpartner in Gesundheits- und Bildungsfragen sind. Carl: „Im Laufe der 20er-Jahre werden wir erleben, dass sich human-digitale Teams bilden. Und Mitte der 40er-Jahre werden wir dann möglicherweise rechtzeitig ein neues Herz ausdrucken lassen, bevor das eigene dann schlapp macht. Damit sprengen wir die Grenzen.“

Web: www.sparkasse-lueneburg.de

Anzeige