Im Hamburger Hafen hat der erste großflächige Einsatz des neuen Kommunikationsstandards 5G begonnen. In dem europäischen Forschungsprojekt „5G Monarch“ will die „Hamburg Port Authority“ (HPA) gemeinsam mit der Deutschen Telekom als Dienstanbieter und dem Hardwarehersteller Nokia die schnelle mobile Übertragung von großen Datenmengen erproben.
Zur Halbzeit des zunächst auf zwei Jahre befristeten Modellprojektes haben die Beteiligten nach eigenen Angaben eine stabile 5G-Abdeckung des 7200 Hektar großen Hafengebietes erreicht. Die Sendeantennen strahlen im 700-MHz-Band vom zwei Kilometer Luftlinie entfernten Fernseh- und Funkturm an der Messe Hamburg rund sieben Kilometer tief in den Hafen hinein. Den Angaben der Projektteilnehmer zufolge weist das Funksignal in der Fläche die erforderliche Stabilität und damit Verlässlichkeit auf. Während Messtrupps noch die Empfangsqualität auch im letzten Winkel in Deutschlands größtem Seehafen prüfen, hat die erste praktische Anwendung begonnen. In einer ersten, eher symbolischen Anwendung steuert der HPA-Verkehrsleitrechner über die schnelle Datenverbindung eine Baustellenampel auf dem Parkplatz vor der Zentrale der Hafenverwaltung in der Speicherstadt.
Drei Einsatzfelder
Die Aufteilung des Projektes in drei verschiedene Einsatzfelder für die 5G-Kommunikation dient vor allem der praktischen Erprobung grundsätzlicher Anforderungen. Von zwei HPA-Schiffen werden Sensorendaten unter anderem über die aktuellen Pegelstände gesendet. Dabei handelt es sich um relativ kleine Datenmengen, die jedoch mit einem hohen Maß an Verlässlichkeit von ständig wechselnden Punkten in Echtzeit in der HPA-Zentrale ankommen müssen. Im zweiten Versuchsteil sollen HPA-Ingenieure bei der Inspektion von Bauwerken die Realität durch Datenbrillen betrachten und Baupläne über das reale Bild legen können.
Signale kommen per Funk
Damit soll der Fluss sehr großer Datenmengen unter besonderen Rahmenbedingungen wie Funkschatten in Gebäuden getestet werden. Im dritten Fall wird die Lichtsignalanlage auf einer Kreuzung im Hafen nicht mehr über Kabel, sondern per Funk an den HPA-Verkehrsrechner angeschlossen. So soll getestet werden, ob mit Hilfe von 5G tatsächlich verzögerungsfrei sicherheitsrelevante Prozesse auch über größere Entfernungen und lange Zeiträume mit einer Maximal-
Latenz von einer Millisekunde gesteuert werden können.
Einer der Kernpunkte des Projektes ist der Test des so genannten Network-
Slicing. Während über die Übertragungsstandards LTE und 3G nur jeweils ein Datenpaket zurzeit übertragen werden kann, lässt sich ein 5G-Netz per Software in „Scheiben“ schneiden. Dadurch können verschiedene Datenpakete parallel auf virtuell voneinander getrennten Wegen transportiert werden. „Es ist das erste Mal, dass wir diese Technologie in der Praxis testen können“, betont die 5G-Programm-Koordinatorin der Telekom, Antje Williams.
Ein Netz innerhalb des Netzes
Beim Slicing unterscheidet die Software zwischen den Prioritäten der zu transportierenden Informationen und weist ihnen dann die notwendigen Übertragungskapazitäten zu. Am Tag der Projektpräsentation veranstaltet die Hamburger Sicherheitsbehörde im Hafen die bislang größte Übung der Hansestadt zur Abwehr eines Terroranschlages. „In einem solchen Fall können die Behörden dann binnen kürzester Zeit innerhalb des öffentlichen 5G-Netzes ein eigenes virtuelles Kommunikationsnetz aufbauen“, erläuterte HPA-Chef Jens Meyer.
Neben dem Network-Slicing als grundsätzlichem Thema gibt es in dem Modellversuch auch jede Menge Detailfragen zu klären – beispielsweise die Übertragungstechnik innerhalb geschlossener Räume.
Ob alle Fragen bis zum bislang geplanten Projektende im kommenden Sommer geklärt werden können, stellen die Teilnehmer bereits in Frage und drängen deshalb auf eine Fortsetzung. Der Deutschland-Geschäftsführer von Nokia, Wolfgang Hackenberg, verweist darauf, dass andere Länder wie Japan und China deutlich mehr in die Entwicklung der 5G-Technologie investieren: „5G ist der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit unserer gesamten Industrie.“
(Wolfgang Heumer)