Von Sina Schlosser, Prokuristin der Speditions-Assekuranz Versicherungsmakler GmbH
Wer kennt das nicht: Man steht früh auf, das Auto ist gepackt, die Kinder gut drauf, jeglicher Gedanke an die Arbeit vergessen, man startet in den Urlaub und dann das: Keine zehn Kilometer von zu Hause entfernt steht man im Stau! Alltag auf deutschen Straßen, gerade während der Ferienzeit. Oder täuscht das? Laut ADAC-Staubilanz 2017 ist die Zahl der Staus um vier Prozent gestiegen. Der schlimmste Tag ist demnach der 24. Mai 2017 gewesen, der Tag vor Himmelfahrt. Aufatmen ist angesagt, denn Himmelfahrt hätten wir damit auch in 2018 bereits überstanden. Die längsten Staus gibt es im Juni und September und verständlicherweise die kürzesten im Dezember und Januar. Zudem fallen zwei Drittel aller Staus auf südliche Bundesländer. Wieder Glück gehabt in Niedersachsen!
Gibt es immer mehr Baustellen? Jein. Von den 2200 Kilometer Autobahn, die hätten bis 2015 ausgebaut oder erneuert werden sollen, konnte lediglich die Hälfte realisiert werden. Aber es ist tatsächlich statistisch bewiesen, dass es in den Sommermonaten deutlich mehr Baustellen gibt als im Winter. Zum Leid der Urlauber. Viele Arbeiten sind bei Frost aber einfach nicht möglich und müssen daher auf den Frühling und den Sommer verschoben werden. In anderen europäischen Ländern wird oft 24 Stunden und sieben Tage die Woche durchgearbeitet, damit die Arbeiten auf einer Baustelle so schnell wie möglich fertig werden. Bei uns sieht man doch oft verwaiste Baustellen, gerade an Wochenenden. Hier gäbe es also Verbesserungspotenzial.
Die allgemeine Kfz-Fahrleistung hat laut ADAC von 2016 auf 2017 um 1,3 Prozent zugenommen. Das klingt erst einmal nicht viel, aber gleichzeitig stieg die Zeit, die Autofahrer im Stau verbringen, um neun Prozent. In Deutschland sind aktuell 63,7 Millionen Kraftfahrzeuge zugelassen. Eine enorme Zahl bei ungefähr 82 Millionen Einwohnern. Abzüglich der 13,5 Millionen Minderjährigen, ist pro Person ein Kraftfahrzeug zugelassen! Auch wenn es anders aussieht: Nur acht Prozent der Zulassungen fallen auf Nutzfahrzeuge, und davon sind lediglich 3.2 Millionen die ungeliebten Lastkraftwagen.
Der Volksmund gibt oft den Lkw die Schuld an Staus. Aber stimmt das? Wohl kaum. Das Wort „Berufskraftfahrer“ sagt eigentlich schon alles. Die Männer und Frauen fahren beruflich Lkw und kennen sich sehr gut aus im Straßenverkehr. Die Höchstgeschwindigkeit von 80 Stundenkilometern erscheint Pkw-Fahrern oft sehr langsam, als würde die Autobahn dadurch blockiert werden. Aber der Bremsweg eines 40-Tonners ohne moderne Bremstechnik beträgt bei voller Fahrt bis zu 100 Meter. Dank neuester Technik und Bremsassistenten kann dieser Wert bereits auf 30 bis 35 Meter reduziert werden. Tempo 80 sollte also vorerst ausreichen.
Zurück zum Mythos der blockierten Autobahnen: Zugegeben, Elefantenrennen mag niemand. Aber wie oft kommt dies tatsächlich vor? Gar nicht so oft wie man denkt. Zur Erläuterung: Fährt ein Lkw mit Tempo 76 statt der zulässigen 80 Stundenkilometer braucht er satte 50 Minuten länger für die Strecke Hamburg-München (800 Kilometer). Mal ehrlich, wer würde da nicht auch überholen?
Der Güterverkehr auf den Straßen durch Lastkraftwagen hat um 1,1 Prozent zugenommen und die Tendenz ist Jahr für Jahr steigend. Gründe: Die Wirtschaft befindet sich im Aufschwung, Deutschland hat 2016 so viel im- und exportiert wie noch nie zuvor. Und weiterer entscheidender Faktor: Online-Shopping! Es ist irre bequem, von der Couch aus zu bestellen, denn der Versand ist in der Regel kostenfrei. Natürlich ist der Versand nicht kostenfrei, denn die Kosten für den Versand wurden vorher auf den Kaufpreis draufgeschlagen, aber der Verbraucher soll sich zumindest in dem Glauben befinden. In der Folge steigt der Lkw-Verkehr weiter an.
Da ein Großteil meiner Kunden aus der Lkw-Branche kommt und mir dieses Thema persönlich am Herzen liegt, hätte ich einen Appell an alle Leser: ein wenig mehr Verständnis für die Daseinsberechtigung von Lkw auf den Straßen wäre schön, denn jeder von uns, mich inbegriffen, möchte, dass am Montagmorgen die Regale im Supermarkt befüllt oder das bestellte Paket binnen 24 Stunden nach Hause geliefert wird. Und so lange man Äpfel noch nicht per Mail schicken kann, gehört der Lkw auf die Straße. Auf ein gutes Miteinander im Straßenverkehr!
Fragen an die Autorin? Sina.
Schlosser@speditions-assekuranz.de
Sina Schlosser ist seit mehr als zehn Jahren im Bereich Versicherungen tätig und seit vielen Jahren Prokuristin und Gesellschafterin der Speditions-Assekuranz Versicherungsmakler GmbH. Das inhabergeführte Unternehmen hat seinen Sitz in Hollenstedt. Seit mehr als 30 Jahren sind die gut 20 Mitarbeiter für nationale und internationale Kunden tätig. Der Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Gewerbekunden.