„Jeder Braten braucht seine Zeit“

Michael KoblitzHier schneidet Küchenchef Michael Koblitz (links) gepökelte Rinderbrust – der Grundstoff für Hamburger Labskaus, laut Kai Mattfeld der „stärkste Schöpfartikel“ im Sortiment. Das Labskaus wird küchenfertig im eigenen Cash & Carry-Frischemarkt verkauft.

Fleischgroßmarkt Hamburg: Kai Mattfeld über die Spezialisierung vom reinen Zerlegebetrieb zum Convenience-Anbieter

Der Mann hat zweifellos Recht: „Junge Menschen wissen heute häufig gar nicht mehr, wie man einen guten Braten brät. Ich fürchte, da geht gerade ganz viel Wissen aus der Kochkultur verloren.“ Kai Mattfeld, Inhaber des Unternehmens Peter Mattfeld & Sohn auf dem Hamburger Fleischgroßmarkt, weiß, wovon er spricht: Er beliefert Großküchen, Kantinen, Caterer und auch die Küche der HSV-VIP-Lounge mit bis zu 50 verschiedenen Bratenprodukten, die in seiner Convenience Manufaktur an der Lagerstraße in Hamburg produziert werden. Unter dem Stichwort Convenience hat Mattfeld ein ganz neues Geschäftsfeld aufgebaut. An fünf Tagen der Woche garen seine Mitarbeiter in bis zu zwei Schichten sieben Tonnen Bratenfleisch – täglich.

Vier Konvektomaten im Einsatz

„Wer sich unsere Firmengeschichte anschaut, der weiß, dass wir immer mit Fleisch zu tun hatten. Doch der reine Zerlegebetrieb wurde immer unwirtschaftlicher. Das ist heute eher etwas für Großbetriebe, in denen auch Roboter eingesetzt werden. Also haben wir uns auf die Fleischveredelung spezialisiert. Das begann mit der Produktion von Schnitzelscheiben und Gulasch-würfeln. Heute garen wir im großen Stil zum Beispiel für Caterer und Eventveranstalter, aber auch die Küchen von fünf Unikliniken im Bundesgebiet.“ Außerdem werden bei Mattfeld immer noch pro Nacht bis zu 1000 Schweinehälften und 100 „Rinderpistolen“ (hintere Viertel) zerlegt.

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Zurück zum Thema Braten: Sieben Tonnen Fleisch täglich – das ist eine beachtliche Menge, aber beim Gang durch die Produktion überrascht die Übersichtlichkeit. Herzstück sind vier Konvektomaten – Maschinen, die braten, dünsten, backen und kochen können. Alleskönner für den professionellen Küchenbetrieb. Soeben öffnet Küchenchef Michael Koblitz einen Konvektomaten, in dem etwa 100 Schweinebraten die nötige Gartemperatur erreicht haben. Das Geheimnis: Die Braten sind nur zu 95 Prozent fertig. Kai Mattfeld: „Die fehlenden fünf Prozent kommen beim Kunden hinzu. Dort wird der fast fertige Braten ‚warmgeschossen‘ – wie wir sagen.“ In dieser Phase, die vom Aufwärmen (aus der Kühlung) bis zum finalen Abbraten bis zu 30 Minuten dauert, bekommt beispielsweise der Krustenbraten seine knusprige Kruste.

Die Produktion bei Mattfeld konzentriert sich auf die knochenlose Bratenküche. Die Verwendung vorgegarter, häufig auch gewichtsgenau portionierter Ware, verschafft den Kunden Zeit für andere Dinge: beispielsweise die Herstellung von Soßen und Beilagen. Denn bei aller Technik: „Jeder Braten braucht seine Zeit. Das lässt sich nicht beschleunigen“, sagt Kai Mattfeld. Für Krankenhäuser produziert sein achtköpfiges Küchenteam auch diätische und leicht verdauliche Produkte für Frischoperierte. Zum Portfolio zählen neben den Standardbraten von Pute, Rind und Schwein auch Roastbeef aus der eigenen Reifung, Sauerbraten (garantiert zehn Tage eingelegt), Hackbraten und Braten im Schlauchbeutel sowie diverse Schöpfgerichte wie Chili Con Carne, Ragout vom Huhn oder Hamburger Labskaus.

Das Sauerbraten-Geheimnis

Kai Mattfeld: „Ein Sauerbraten muss außen grau und innen rot sein. Dann wurde er richtig klassisch in Beize eingelegt. Dieser Vorgang dauert zehn Tage, wobei das Fleisch mehrfach gewendet werden muss. Ist der Sauerbraten durchgehend grau, handelt es sich um injizierte Ware. Dieses Schnellverfahren dauert nur zwei Stunden, wird bei uns aber nicht angewendet.“

Die Ausrichtung auf Convenience-Produkte im Bratensegment war für Kai Mattfeld der richtige Weg. Allerdings kein leichter: „Das ist nicht mal eben so gemacht. Wir haben 2007 mit ersten Versuchen begonnen und am Anfang ganz schön viel Lehrgeld bezahlt. 2011 sind wir dann richtig in die Produktion eingestiegen.“ Auf Wunsch können seine Kunden auch neue Produktideen testen lassen. In dem Betriebsgebäude auf dem Fleischgroßmarkt gibt es eine Testküche. Dass das Geschäftsfeld speziell ist, zeigt diese Zahl: Bundesweit gibt es nur fünf Anbieter, die sich auf Convenience-Produkte im Fleischbereich spezialisiert haben. Wichtige Info für potenzielle Kunden: Kleinmengen kann Mattfeld aus logistischen Gründen nicht liefern. Die Mindestbestellmenge beginnt bei 120 Kilogramm, was – den regelmäßigen Sonntagsbraten vorausgesetzt – in etwa dem Jahresbedarf einer fünfköpfigen Familie entspricht . . .                 wb

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Web: www.mattfeld.de