Das Geschäft mit der Arbeitnehmerüberlassung unterliegt einem deutlichen Wandel – Gespräch mit der DIS AG in Stade.
Der Trend baut sich seit zwei Jahren immer stärker auf: Unternehmen, die hauptsächlich in der Arbeitnehmerüberlassung tätig sind – sprich: Zeitarbeitsverträge mit anderen Unternehmen vereinbaren –, wandeln sich zum Makler, der den möglichst maßgeschneiderten Mitarbeiter für einen vorher beschriebenen Job sucht und an den Auftraggeber vermittelt. Die DIS AG, Niederlassung Stade, bestätigt diese Entwicklung – vermutlich gerade auch deshalb, weil Stade ein Industriestandort ist und die Stader Mitarbeiter der DIS AG sich hier eine ganz besondere Expertise, unter anderem im Bereich Luft- und Raumfahrt erarbeitet haben. Sales Consultant Sven Telemann: „Wir haben in diesem Bereich aufgrund unserer langjährigen regionalen Präsenz eine markt-übergreifende Kompetenz aufgebaut.“
Die DIS AG Stade beschäftigt über 240 Mitarbeiter, die zu einem großen Teil im Bereich Aviation unterwegs sind. Wenn ein Kundenunternehmen kurzfristig Kapazitäten beispielsweise in der Montage aufbauen muss, werden spezialisierte Personaldienstleister wie die DIS AG aktiviert, die wiederum die zu besetzenden Stellen ausschreiben. Das ist der Startschuss für die siebenköpfige Stader Mannschaft der DIS AG, die nun ihrerseits geeignete Kandidaten sucht, findet, vorselektiert, empfiehlt und vollumfänglich in den neuen Job begleitet. Dabei stehen die Beratung und der Service gegenüber den Kandidaten im Vordergrund.
Doch wo finden sich heute Fachkräfte für spezialisierte Bereiche? Sven Telemann: „Die Suche findet zum großen Teil online auf einer Vielzahl von Portalen statt. Natürlich suchen wir auch Mitarbeiter über Print-Anzeigen und haben eigene Kontakte.“ Vorteil der DIS AG: 50 Jahre Erfahrung und 140 Niederlassungen in ganz Deutschland machen das Unternehmen quasi zu einem eigenen Netzwerk mit der Möglichkeit, Anfragen intern breit zu streuen und Recruiting-Experten zwischen Flensburg und Passau zu aktivieren. Ein besonderes Augenmerk liegt auf dem Empfehlungsmanagement über die bereits eingesetzten oder vermittelten Mitarbeiter. Denn die können am besten über die Kundenunternehmen und die DIS AG berichten.
Dass die Kunden überwiegend aus der Industrie kommen, ist ein weiterer Vorteil, denn gefragt sind oft die typischen Handwerksberufe wie Elektriker, Metallbauer, CNC-Dreher und -Fräser sowie Tischler – übrigens alles Mangelberufe. Da die Industrie aber teilweise deutlich höhere Stundensätze zahlt als beispielsweise das Handwerk, gibt es eine latente Wanderbewegung hin zu den besser dotierten Stellen.
André Zander arbeitet als Recruiter für die DIS AG in Stade. Er sagt: „In diesen genannten Berufen ist der Markt sehr eng, aber wir finden immer wieder die Nadel im Heuhaufen, die das Fachwissen mitbringt und passt. Leider kommen viel zu wenige Fachleute nach. Ein Grund dafür ist, dass sich Schulabgänger eher in Richtung Studium orientieren.“ Doch auch hier wird der Kontakt gehalten, um anschließend über die DIS AG die junge Karriere in der Industrie zu starten.
Die DIS AG sucht in der Folge ständig Facharbeiter, Meister, Techniker und Ingenieure – gern auch für Führungsaufgaben. Sven Telemann: „Das können junge Leute sein, die gerade ihre Ausbildung beendet haben, aber auch alte Hasen – wir stellen auch den 58-Jährigen ein.“ Und: „Es kommt immer häufiger vor, dass wir Gespräche mit Bewerbern führen, die auf uns zukommen, weil sie sich beruflich verändern wollen. Da ist die DIS AG ein guter Ansprechpartner, denn wir haben den Überblick auf dem regionalen Markt. Dann suchen wir den passenden Arbeitgeber.“
Hier ist der Markt eng
Ein weiterer Zweig ist der Office-Bereich, für den vermehrt Mitarbeiter eingestellt werden. Sven Telemann: „Da sprechen wir zum Beispiel über den Zollspezialisten, den Sachbearbeiter, den Bachelor-Absolventen mit kaufmännischem Hintergrund und den Personaler. Seit 2014 ist dieser Bereich recht gut in Bewegung.“
Die Niederlassung Stade hat im Schnitt zwischen 30 und 50 Stellenanzeigen auf der eigenen Homepage, was zeigt, wieviel Bewegung im Markt ist. Wer Interesse hat, schickt vorab seine Unterlagen zu und bekommt dann ein persönliches Gespräch. Telemann: „Wir sind zwar Dienstleister für unsere Kunden, aber eben auch für unsere Bewerber.“ Von denen viele über kurz oder lang an die Kunden vermittelt werden und damit den Arbeitgeber wechseln. Dennoch kommt es vor, dass Angestellte der DIS AG kein Interesse daran haben, in ein festes Arbeitsverhältnis beim Kunden einzutreten – sie gehören bereits seit Jahren zum festen Mitarbeiterstamm. wb
Web: www.dis-ag.com
Gesetzesreform
Zum 1. Januar 2017 (laut aktuellem Stand vom 1. April 2016) soll die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in Kraft treten, das die Bundesregierung unter anderem zur Verhinderung des Missbrauchs von Werkverträgen auf den Weg gebracht hat. Die wesentlichen Punkte:
- Die Höchstüberlassung des Projektmitarbeiters beträgt 18 Monate. Es gilt eine Unterbrechungszeit von mehr als drei Monaten, sofern der Einsatz bei ein und demselben Unternehmen ist. Abweichende Höchstüberlassungsdauern können durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen aufgrund einer Öffnungsklausel vereinbart werden.
- Nach spätestens neun Monaten Überlassungszeit muss der Projektmitarbeiter dieselbe Bezahlung (Equal Pay) erhalten wie festangestellte Kollegen in gleicher Position. Ausnahme: Der Kunde gehört einer Branche an, für die ein Branchenzuschlagstarifvertrag besteht. Hier muss nach spätestens 15 Monaten ein gleichwertiges tarifvertragliches Arbeitsentgelt definiert sein, durch das Equal Pay gesichert ist (gilt bereits seit November 2012).
- Wird der Betrieb bestreikt, darf der Auftraggeber den Projektmitarbeiter nicht tätig werden lassen.
- Aufnahme einer Definition, wer Arbeitnehmer ist (§611a).
- Für die Zeitarbeitsfirmen kann das bedeuten, dass sich das Geschäftsmodell noch stärker in Richtung Vermittlung verschiebt. Die Expertise bei der Suche nach geeigneten Kräften für vorab klar definierte Aufgaben bleibt von der Reform unberührt. wb