. . . ist Schluss mit Lustig – Dann muss das Fahrzeug repariert und wieder vorgeführt werden
Was macht eine junge Frau mit Taschenlampe unter einem Auto, aus dem der Rost herausrieselt? Eine Liste! Und am Ende einen Prüfbericht, der es in sich hat. Janikke Börner (28) hat Maschinenbau, Fachrichtung Fahrzeugbau, studiert und absolviert zurzeit in der DEKRA-Niederlassung Hamburg Süd die neunmonatige Zusatzausbildung zur Prüfingenieurin. Ziel jeder Untersuchung ist die begehrte Plakette, die erstmal wieder zwei Jahre Ruhe verheißt. Doch die zu bekommen, ist kein Selbstgänger, wenn das Auto bereits etwas betagt und bei genauem Hinsehen seine besten Jahre deutlich hinter sich hat. B&P begleitete Janikke Börner sowie ihre Kollegen Matthias Herzbruch (34) und Jürgen Osohl (51) bei der Arbeit in der neuen Prüfstelle an der Nartenstraße im Harburger Binnenhafen.
So richtig gut steht es um den Werkstattwagen einer Bauschlosserei nicht, den Janikke Börner gemeinsam mit ihrem erfahrenen Kollegen Osohl unter die Lupe nimmt. Die Reifen sind abgefahren, in einem steckt ein Nagel. Die Achsmanschette hinten links ist gerissen – schwarzes Fett quillt hervor. Das Blech an den Radkästen ist von Rost zerfressen, aber das sei nicht so schlimm, sagt der Prüfer. Keine tragenden Teile. Schlimm ist jedoch etwas anderes. Unterhalb des Motors bildet das schwarze Motoröl bereits Tropfen. Da gibt es kein Pardon – schon gar nicht vom Rechner, denn der bestimmt genau, was geht und was nicht geht: Wenn das Öl tropft, ist das ein K.O.-Kriterium. Auch der Fahrersitz, der so zerschunden ist, dass die Eisenkonstruktion offen liegt, ist nicht gerade das, was die Berufsgenossenschaft begeistern würde. Kurz: Der rote Kastenwagen muss auf Vordermann gebracht werden, das ist keine Frage.
Janikke Börner und ihre Kollegen bekommen allerlei zu sehen. Etwa jedes dritte Auto, das vorgeführt wird, weist Mängel auf. Manche können ohne nochmaligen Termin vom Halter behoben werden, andere sind „erheblich“ oder erhalten gar die Bewertung „verkehrsunsicher“ – dann bekommt der Besitzer eine neue Chance. Der hohe Anteil der Mängelfahrzeuge hat einen einleuchtenden Grund: Neuer Fahrzeuge werden häufig im Zuge der regulären Inspektionen in den Werkstätten vorgeführt. Auch dort sind DEKRA-Prüfer im Einsatz. Direkt in der Prüfstelle an der Nartenstraße tauchen überproportional viele Altfahrzeuge auf, weil die Halter wissen wollen, was wirklich repariert werden muss, bevor es in die Werkstatt geht.
Der Lüneburger Fahrzeugbauer-Ingenieur Matthias Herzbruch hat vor dem Studium bereits eine Ausbildung zum Karrosserie- und Fahrzeugbauer beim Tankfahrzeug-Spezialisten Feldbinder in Winsen absolviert. Er ist Schrauber durch und durch und hat auch keine Angst vor schwarzen Händen. Er zählt die Liste der Einzelprüfungen auf, die der Prüfer im Blick haben muss – vom funktionstüchtigen Scheibenwischer, über die Airbag-Abschaltung und das Licht bis hin zu den Gurtschlössern, den Kontrolllampen und dem Bremstest. Außerdem ist die Abgasuntersuchung mittlerweile fester Bestandteil der Hauptuntersuchung. Beides findet bei Fahrzeugen, die älter als drei Jahre sind, im Zweijahresrhythmus statt.
Handfest wird es an der Hebebühne. Hier geht es um eventuell ausgeschlagene Spurstangenköpfe (Haben die Räder Spiel?), Rost an den Bremsleitungen, abgenutzte Bremsbeläge, kaputte Federn, rissige Achsmanschetten, löcherige Auspuffanlagen, Ölfluss an Motor, Getriebe und Differenzial sowie Rost an tragenden Teilen. Natürlich nur, wenn es richtig schlecht läuft für den Halter. Im besten Fall ist alles in Ordnung, und nach 20 Minuten klebt die Plakette am Nummernschild.
Zu guter Letzt noch eine wichtige Information, die Jürgen Osohl aus seiner langjährigen Prüfer-Praxis parat hat: „Gerade bei gewerblichen Fahrzeugen ist am Ende immer der Fahrer in der Haftung, wenn ein Unfall beispielsweise passiert ist, weil die Reifen abgefahren waren. Hier habe ich die abenteuerlichsten Dinge erlebt.“ wb