Tim Wöhler von Dierkes Partner über Sinn und Zweck der Familienstiftung.
Was tun, wenn nach einem langen und erfolgreichen Arbeitsleben ein nennenswertes Familienvermögen vorhanden, aber keines der Kinder willens oder in der Lage ist, daraus etwas Nachhaltiges im Sinne der Familie zu machen? Diese Frage stellt sich nicht selten für Unternehmer oder Eigentümer von umfangrechem Immobilienbesitz. Der klassische Erbfall kann in solchen Fällen als Bedrohung für das Lebenswerk empfunden werden. Eine Lösung, die dann häufig ins Gespräch gebracht wird, ist die Familienstiftung. Was das generell bedeutet, erläuterte Rechtsanwalt Tim Wöhler, Fachanwalt für Steuerrecht. Wöhler ist Partner bei Dierkes Partner. Im B&P-Gespräch nennt er den „Ewigkeitsgedanken“ als Impuls für die Gründung einer Familienstiftung – es geht um den Vermögenserhalt.
„Gibt es keinen geeigneten Erben, weil die Kinder andere Wege gehen, dann ist die Stiftung schnell ein Thema. Die Familienstiftung hat in der Regel den Zweck, zunächst einmal den Stifter selbst, aber auch Familienangehörige durch regelmäßige Zuwendungen aus dem Ertrag zu versorgen“, erläutert Tim Wöhler die Grundkonstruktion. Allerdings: „Steuerlich betrachtet ist der Übertrag des Vermögens an die Stiftung eine Schenkung, also fällt Schenkungsteuer an. Die zahlt grundsätzlich der Beschenkte, also die Stiftung selbst. Maßgeblich für die Ermittlung der Schenkungsteuer ist das Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Stifter und dem Begünstigten, der am weitesten entfernt mit dem Stifter verwandt ist. Für die Ehefrau gilt dabei ein Freibetrag in Höhe von
500 000 Euro, für Kinder ein Freibetrag in Höhe von 400 000 Euro. Hat der Stifter aber beispielsweise seinen Bruder oder dessen Kinder durch die Stiftung begünstigt, sinkt der Freibetrag auf 20 000 Euro.“
Doch damit nicht genug: Die Stiftung ist eine Körperschaft, wie Tim Wöhler ausführt. Sie ist körperschaftsteuerpflichtig. Konkret: Von den Erträgen der Stiftung (beispielsweise Mieteinnahmen aus einem Immobilienportfolio) gehen 15 Prozent Körperschaftsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und unter Umständen Gewerbesteuer an den Staat. Dies kann eine Steuerbelastung von mehr als 30 Pprozent bedeuten. Der verbleibende Betrag steht für die Ausschüttung an die sogenannten Destinatäre zur Verfügung – das sind die jeweils benannten Begünstigten, die vom Stifter bestimmt wurden. Sie müssen ihrerseits die Zuwendung als Kapitalertrag versteuern: 25 Prozent. Heute wird dabei von Abgeltungssteuer gesprochen. Soli und Kirchensteuer kommen gegebenenfalls hinzu.
Alle 30 Jahre wird die Erbersatzsteuer erhoben
Zu guter Letzt: Der Gesetzgeber geht davon aus, dass vererbtes Vermögen nach einer gewissen Zeitspanne weitervererbt wird. Jedes Mal fällt dabei Erbschaftsteuer an. Da dies bei einer Stiftung nicht der Fall ist, wird auf das Stiftungsvermögen alle 30 Jahre eine Erbersatzsteuer erhoben.
Tim Wöhler: „Wenn man sich diese ganzen steuerlichen Belastungen anschaut, wird deutlich, dass eine Familienstiftung überhaupt erst ab einem gewissen Vermögen interessant sein kann. Ich würde da mal einen mittleren einstelligen Millionenbetrag ansetzen. Sowohl die Steuern als auch die Ausschüttungen müssen ja erst einmal erwirtschaftet werden. Und: Habe ich ein großes Immobilienportfolio, fällt die Erbschaftsteuer auch an – also sollte entsprechende Liquidität vorhanden sein, um die Forderungen des Finanzamts bedienen zu können. Das lässt sich häufig nur durch den Verkauf einer Immobilie lösen.“
Laut Wöhler basieren viele Familienstiftungen auf Immobilienvermögen, aber es gibt auch Stiftungen mit reinem Kapitalvermögen. „Häufig sind das langfristige Anleihen, die einen stetigen Kapitalzufluss garantieren. Schwieriger wird es bei Aktien, da dieser Markt sehr volatil ist.“ Im Immobilienbereich macht eine Familienstiftung zudem nur Sinn, wenn es sich nicht um renditeschwache Objekte handelt. Kurz: Vor Gründung einer Stiftung sollte das Vermögen sehr genau unter die Lupe genommen und die Sinnfrage von einem Steuerfachmann durchgerechnet werden.
Nicht zu unterschätzen: Die allgemeinen Stiftungskosten
Tim Wöhler: „Zu beachten ist auch, dass eine Stiftung allgemeine Kosten produziert: Das Vermögen muss verwaltet werden, es muss jährlich ein Jahresabschluss gemacht werden, eventuell bekommt ein Stiftungsrat Aufwandsentschädigungen. Kann ich diese Kosten nicht decken, könnte man ja auf die Idee kommen, eine Immobilie aus dem Portfolio zu veräußern. Das geht jedoch nicht so einfach: Die Familienstiftung kann sich nicht liquidieren – das widerspräche ihrem Sinn, der ja gerade den Erhalt des Vermögens zum Ziel hat.“ Etwas anders liegt der Fall, wenn das Stiftungsvermögen in Aktien besteht. Wöhler: „Zum einen funktioniert das nur mit dividendenstarken Aktien. Geht mal eine Aktie in die Knie, kann eventuell umgeschichtet werden. Das sollte in der Stiftungssatzung allerdings ausdrücklich vorgesehen werden.“
Der Jurist warnt: „Eine Familienstiftung ist relativ schnell gegründet, aber man bekommt sie so gut wie nicht mehr weg. Das muss man einfach wissen. Die Stiftung ist ein starres Konstrukt für die Ewigkeit. Wer sich mehr Freiheiten wünscht, sollte sich deshalb eher mit dem Thema Familiengesellschaft befassen.“ wb
>> Web: Mehr zum Thema Stiftungen unter
https://www.business-people-magazin.de/2021/10-dezember-2021/ab-einer-million-
euro-wird-es-langsam-interessant-30385/
>> Informationen zur: https://www.dierkespartnerblog.de/tag/familiengesellschaften/
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