Vollautomatisiert in die Zukunft

Das obligatorische Banddurchschneiden gehört dazu und ist Familienangelegenheit: Susanne Klehn, Isabel Schuldt, Britta Klehn-Ruehs, Martin Ruehs und sein Sohn und Nachfolger Christoph Ruehs. Foto: B&P

B&P VOR ORT Martin Ruehs und Isabel Schuldt geben Startschuss für das nagelneue Lager – 20 Prozent Produktionssteigerung im Visier – Generationswechsel angekündigt

Der Countdown läuft: Mitte Januar 2024 will das Apensener Unternehmen Eisbär Eis das neue Rohwarenlager in Betrieb nehmen – Herzstück einer 40-Millionen-Euro-Investition und Teil einer ganzen Reihe von Meilensteinen, die sich seit vielen Jahren aneinanderreihen, denn: „In so einem Betrieb ist man nie fertig, wenn man wachsen will“, sagt Geschäftsführer Martin Ruehs, der die Geschicke des Unternehmens seit acht Jahren im GF-Tandem mit Isabel Schuldt leitet und nun nach insgesamt 30 Jahren an der Spitze den Generationswechsel ankündigt. Sohn Christoph Ruehs übernimmt ab 1. Januar die Geschäftsführungsaufgabe von seinem Vater – wiederum gemeinsam mit Isabel Schuldt.

Mit der Finalisierung des Neubaus gehen eine lange Phase der Planung und fast eineinhalb Jahre konkretes Bauen zu Ende. Martin Ruehs: „Über die Jahre hatten wir auf unserem Betriebsgelände verschiedene Lager errichtet. Das ist nicht sehr effizient und wurde immer komplexer in der Steuerung. Es musste sehr viel im Werk transportiert werden. Das vollautomatisierte Lager haben wir gebaut, um die Logistik zu konzentrieren. Künftig werden die eingelagerten Produkte, aber eben auch die Vielzahl an Verpackungen vollautomatisch über eine Transportbrücke aus dem Lager an einen Übergabepunkt geliefert. Das geschieht über lange Rollbahnen.“

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Das Gebäude, in dem das Lager untergebracht ist, ist 32 Meter hoch, 66 Meter lang und 16 Meter breit. 4500 Stellplätze stehen bereit. Isabel Schuldt: „Wir haben ein sogenanntes Schichtenlager gebaut. Eine neue Technologie, die es uns ermöglicht, im unteren Bereich gekühlte Ware bei acht Grad Celsius einzulagern, im oberen Trockenbereich die Verpackungen.“ Die Einlagerung geschieht „chaotisch“ – nur der Computer weiß, wo die beiden vollautomatischen Bediengeräte welche Palette abgestellt haben. Das System errechnet auf Grundlage der Produktionsverbräuche, wann was zu welchem Zeitpunkt wo bereitgestellt werden muss. Die Wegezeit von 15 Minuten vom Stellplatz im Lager zum Übergabepunkt wird ebenfalls einkalkuliert, und der Anlagenfahrer, der die Produktionslinie X mit der Verpackung Y für die Eissorte Z bestücken muss, bekommt auf dem Display eine Tracking-Meldung.

Mehr Platz für die Produktion

Durch die Zentralisierung des Lagers hat Eisbär Eis zudem mehr Platz für die Produktion geschaffen. Zwei von insgesamt acht Linien wurden umgesetzt. Auch hier geht es über zwei Ebenen. Im unteren Bereich werden auf der einen Linie derzeit pro Stunde 8000 Portionen Spaghetti-Eis produziert (ab 2024 soll die Produktion auf 9600 hochgefahren werden). Auf der anderen Linie läuft Mitte Dezember die Produktion von 500ml-Bechern an – ebenfalls zunächst 8000, später 10 000 Stück pro Stunde. Die Linien bestehen aus Mixtanklagern, Freezern und der Produktionsanlage, aus der dann mehr als 130 auf minus vier Grad gekühlte Portionen pro Minute auf eine eiskalte Reise geschickt werden: 722 Meter lang ist die Strecke im Spiralfroster, genannt Tunnel, der vom Unter- ins Obergeschoss führt und die Produkte bei minus 46 Grad Celsius auf minus 18 Grad herunterkühlt. Oben werden die Eisportionen dann ebenfalls vollautomatisch in Faltschachteln und Umkartons verpackt und zur Palettisierung und Einlagerung ins Tiefkühlhaus transportiert.

Martin Ruehs: „Wir haben mit dem hier vorgestellten Projekt zwei Probleme gelöst, denn wir haben ein Raum- und ein Personalthema. Um wachsen und den Markt bedienen zu können, mussten wir Platz schaffen. Jetzt können die insgesamt acht Produktionslinien voll ausgelastet werden. Ziel ist es, die Produktion um 20 Prozent zu steigern. Und wie überall in der Wirtschaft sind auch wir erheblich von Personalmangel betroffen – in allen Bereichen. Da bleibt nur die Automatisierung in allen Bereichen. Unsere Investition ermöglicht uns, mehr Masse mit weniger Personal zu produzieren. Wir werden noch effizienter.“

Ein konsolidierter Markt

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In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind zahlreiche Hersteller vom Markt verschwunden. Zum Eisbär-Firmenverbund gehört außerdem ein zweites, fast gleichgroßes Werk mit sechs Produktionslinien in Ribnitz-Damgarten. Damit zählt das Apensener Familienunternehmen zu bundesweit gerade mal drei Anbietern, die den Handel im Speiseeis-Bereich umfassend mit sogenannten „Private-Label“-Produkten beliefern können. Martin Ruehs: „Und die Ansprüche der Kunden wachsen. Neue Produkte erfordern nicht selten auch neue Anlagen. Es gibt also immer wieder Herausforderungen und Handlungsbedarf. Aber wir sind immer noch ein Familienunternehmen.“ Und das funktioniert offenbar wie ein Uhrwerk. 24 Jahre lang saßen Martin Ruehs (der kaufmännische Part) und Cousin Helmut Klehn (Produktion/Technik), Vater von Isabel Schuldt, vis-à-vis in einem gemeinsamen Geschäftsführungsbüro. Das mit dem vis-à-vis blieb auch so, als die Tochter den Posten vor acht Jahren übernahm. Kurze Wege und wissen, was den anderen beschäftigt, das ist die Eisbär-Devise. Das Unternehmen macht 2023 einen Jahresumsatz in Höhe von 220 Millionen Euro und beliefert die großen Player des deutschen Einzelhandels mit deren Handelsmarken. Eisbär Eis beschäftigt 600 Mitarbeiter plus saisonal 150 weitere Arbeitskräfte.

Handelsmarken machen etwa die Hälfte des Marktes für Speiseeis aus. Und da große Discounter ebenfalls expansiv unterwegs sind, kommt es vor, dass made in Apensen auch schon mal bis in die USA und die Vereinigten Arabischen Emirate gelangt. Martin Ruehs: „Von unserer gesamten Produktionsmenge in Höhe von 85 Millionen Litern gehen ungefähr 30 Prozent ins Ausland, was vor allem daran liegt, dass wir als Lieferanten in allen großen Einzelhandelsketten vertreten sind.“ wb

>> Web: https://eisbaer-eis.de/