„Eine Situation von historischer Dimension“

Bei allem Frust und allen Sorgen: Alexander Delmes (rechts), hier mit Host Wolfgang Becker nach der Podcast-Aufnahme, setzt mit Blick auf die Zukunft auf einen bislang vernachlässigten Baustoff im Massivbau: Holz. Er ist an mehreren Projekten beteiligt, bei denen das serielle Bauen von Massivholzhäusern im Mittelpunkt steht. Die Vorteile in Stichworten: schneller, billiger und CO2-neutral. Foto: Wortlieferant Tobias Pusch

B&P-BUSINESSTALK mit bauwelt-Chef  Alexander Delmes: Schonungslose  Analyse und schockierende Zahlen.

Die aktuelle Lage in der Bauwirtschaft wird allgemein als „katastrophal“ eingestuft – ein großes Wort, aber wohl eines, das zumindest im kommenden Jahr Realität werden dürfte. So jedenfalls die Erwartung von Alexander Delmes, Geschäftsführer der bauwelt Delmes Heitmann, im B&P-BusinessTalk. Das Unternehmen, soeben zum siebten Mal in Folge zum besten Baustoffhändler der Region gewählt, kämpft an allen Fronten mit und stellt sich auf ein sehr schwieriges Jahr 2024 ein. 
Delmes: „Wenn wir jetzt hören, dass die Baugenehmigungen um 30 Prozent zurückgegangen sind, dann liegen die Anträge bereits ein Jahr lang zurück. Das bedeutet: Im kommenden Jahr wird es noch viel schlimmer.“

Wirrwarr an Gesetzen

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Schon mehrfach hat sich Delmes in den zurückliegenden gut zwei Jahren im B&P-
BusinessTalk über die Situation auf dem Baustoffsektor geäußert. Dieses Mal sagt er im Gespräch mit Host Wolfgang Becker: „Wir erleben eine Situation von historischer Dimension. Ich kann auf immerhin 120 Jahre Unternehmensgeschichte zurückschauen und bin selbst seit 25 Jahren in der Verantwortung: So einen schnellen Rückgang hat es noch nie gegeben. Das letzte Mal haben wir uns noch darüber unterhalten, woher die fehlenden Baustoffe kommen sollen. Jetzt sprechen wir darüber, dass gar nicht mehr gebaut wird.“

Die hohe Geschwindigkeit, mit der der Markt durch vielfältige Faktoren getrieben zusammenbricht, stellt auch sehr gut aufgestellte Unternehmen wie die bauwelt vor erhebliche Probleme. Zum einen sind die Lagerbestände nach den Zeiten des Mangels massiv aufgebaut worden – was angesichts schwindender Nachfrage problematisch ist. Zum anderen sinken die Preise nicht so stark wie die Nachfrage, was insbesondere für CO2-intensive Baustoffe gilt, wie Alexander Delmes im Podcast berichtet. Er sieht hier vor allem die Politik in der Pflicht, die mit ihren Regulierungen und der CO2-Verteuerung zusätzliche Lasten aufbaue. Statt die Wirtschaft zu entlasten und das Bauen wieder möglich zu machen, würden die Menschen mit einem Wirrwarr an Gesetzen und komplizierten Förderideen zusätzlich verunsichert. Delmes: „Und über allem schwebt das nächste Damoklesschwert: Im nächsten Jahr soll die Maut um etwa 100 Prozent angehoben werden – noch ein Kostenblock, der das Bauen weiter verteuert.“ Wie es in der Baubranche aussieht, verdeutlicht eine schockierende Zahl, die Delmes nennt: „Normalerweise bekommen wir im Monat eine bis sieben Rücklastschriften, weil ein Kunde nicht zahlen kann. Zurzeit sind es sieben bis 15 – pro Tag. Wir haben rund 9000 Gewerbekunden, aber diese Zahl zeigt, wie die Lage in den Unternehmen ist.“ Die bauwelt registrierte im Oktober einen Umsatzrückgang um 23 Prozent zum Vorjahresmonat. Das sei in der ersten Jahreshälfte noch nicht so stark gewesen, da viele Firmen noch ihren Auftragsstau abgearbeitet hätten. Alexander Delmes: „Wir sind erst am Anfang – 2024 wird deutlich schlechter.“

Verheerendes Signal: Der Elbtower

Als verheerendes Zeichen bezeichnet der bauwelt-Chef den Baustopp des Elbtowers in Hamburg – ein politisches Prestigeobjekt. Mittlerweile hat der österreichische Immobilien-Tycoon René Benko die Führung des ­Signa-Konzerns an einen Sanierer abgegeben. Hinter den Kulissen des Hamburger Rathauses wird nach einer Lösung gesucht. Abriss auf halber Strecke oder Einstieg eines solventen Investors? Alexander Delmes: „Der Elbtower ist ja nicht das einzige gescheiterte Projekt, auch am Gänsemarkt in der City läuft nichts mehr. Dieses Signal ist verheerend für die ganze Baubranche.“ wb

>> Web: www.bauwelt.eu

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