Vorstandsgespräch: Sonja Hausmann und Andreas Sommer über die Entwicklung der Sparkasse Harburg-Buxtehude.
Als gäbe es nicht schon genug Herausforderungen: Nun hat es ganz aktuell mit der Credit Suisse wieder eine Großbank erwischt, und die Inflation sorgt ebenfalls weiterhin für Sorgenfalten. Nachdem die Europäische Zentralbank Mitte März zwecks Inflationsbekämpfung eine weitere Zinserhöhung beschloss, werden die Fragen der Sparer lauter, die darauf warten, dass sich auf Spar- und Festgeldkonten etwas tut. Im B&P-Gespräch gaben Andreas Sommer, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Harburg-Buxtehude, und seine Vorstandskollegin Sonja Hausmann Einblick in die momentane Lage auf dem regionalen Finanzmarkt.
Andreas Sommer: „Immerhin kann man sagen: Die Zinsen kehren so langsam zurück. Allerdings sind die geringen Prozentsätze angesichts einer Inflation von rund zehn Prozent unerheblich. Das muss man ehrlicherweise dazu sagen.“ Die Sparkasse bleibt deshalb bei ihrer seit Jahren bewährten Beratungsstrategie, die sich in einem Satz zusammenfassen lässt: Auf die Mischung kommt es an. Wer Geld anlegen will, sollte vor allem auch Sachwerte berücksichtigen. Sonja Hausmann: „Aktien gehören unbedingt dazu. Diese Werte wachsen gemeinsam mit der Inflation.“ Ein Rat, den beide Vorstände potenziellen Anlegern geben: „Ein ratierlicher Einstieg macht Sinn. Nicht gleich alles auf einmal investieren, sondern den zur Verfügung stehenden Betrag lieber gut portioniert, also in Raten, über einen längeren Zeitraum anlegen.“
Ruhe und Gelassenheit
Dass der Deutsche Aktienindex trotz Ukraine-Krieg, Klimawandel, Lieferkettenproblemen und Fachkräftemangel bei 15 000 Punkten liegt (Stand 20. März 2023), wertet Andreas Sommer als gutes Zeichen für die Stabilität der Wirtschaft: „Das war so nicht erwartbar, deckt sich aber mit unserer Wahrnehmung: Die Kunden reagieren sehr ruhig und eher gelassen auf all die negativen Themen. Eine ‚Kriegsdelle’ können wir zurzeit nicht feststellen.“ Das gelte sowohl für die Privat-, als auch die Geschäftskunden. Sonja Hausmann: „Bislang haben sich alle angekündigten Tsunamis auf dem offenen Meer totgelaufen.“ Insgesamt sei die Sparkasse besser durch das zurückliegende Jahr gekommen als erwartet.
1100 neue Bausparverträge
Selbst im Bereich der Immobilien ist es laut Vorstand bislang ruhig geblieben. Andreas Sommer räumt zwar ein, dass die „Goldgräberstimmung“ vorerst vorbei ist, der Markt konsolidiere sich vielmehr. Aber er fürchtet nicht, dass es durch die Rückkehr der Zinsen nun zu einer Welle von Privatinsolvenzen in den Reihen der Hauskäufer kommen wird: „Eigentlich dürfte da nicht allzu viel passieren, denn wir haben bei unseren Beratungsgesprächen immer darauf geachtet, dass es an der Zinsfront zu Veränderungen kommen kann. Deshalb haben wir sozusagen einen Warnzins eingearbeitet“, sagt Andreas Sommer. Feststellbar sei allerdings, dass der Wunsch nach einem eigenen Haus deutlich zurückgegangen ist – eine Folge hoher Baukosten in Verbindung mit gestiegenen Zinsen. Andererseits fänden Bauträger nun plötzlich auch wieder Baufirmen, die Kapazitäten haben und ihre Leistungen zu niedrigeren Kosten anböten – „hier findet eine Marktbereinigung statt. Die Baukosten werden perspektivisch wieder niedriger.“
Insgesamt führt die Entwicklung sogar dazu, dass Totgeglaubte plötzlich wieder lebendig werden. Sonja Hausmann: „Der Bausparvertrag erlebt eine Renaissance, denn er bietet günstige, vor allem aber feststehende Zinskonditionen.“ 1100 neue Bausparverträge wurden 2022 bei den Finanzierungsspezialisten der Sparkasse abgeschlossen. Die auf EU-Ebene im Hinblick auf den Klimawandel avisierte Sanierungspflicht für Altimmobilien wirft zusätzlich eine Reihe von Fragen auf, die die Marktvorständin bestätigt: „Wenn die 75-jährige Rentnerin allein in ihrem 180-Quadratmeter-Haus auf einem 3000-Quadratmeter-Grundstück lebt und kein Geld für die fällige neue Wärmepumpe hat, dann haben wir natürlich ein Thema. Dann müssen wir aber nicht über die Finanzierung sprechen, sondern über die geeignete Wohnform. Das wird ein generelles Thema der Zukunft werden.“
Schneller, effizienter, digitaler
Der Spagat zwischen Präsenz in der Fläche und Digitalisierung (Finanzdienstleistungen per App oder Online-Beratung) beschäftigt auch die Sparkasse Harburg-Buxtehude weiter. „Das Kundenverhalten verändert sich rasant. Unsere Antwort darauf: Wir wollen schneller, effizienter und digitaler werden“, betont Sonja Hausmann. Zum 1. Juli wird es daher ein neues Serviceangebot geben: das „Beratungscenter Direkt“. „Quasi unsere eigene `Direktbank` unter dem Sparkassendach.“ Dazu hat Sonja Hausmann ein sechsköpfiges Team an den Start gebracht, das ausschließlich im Remote-Verfahren Kunden beraten wird: „Mit richtig guter und sicherer Technik, die auch in der Lage ist, Verträge mit einer digitalen Legitimation zu versehen. Wir werden zunächst 5000 Kunden betreuen, den Vermögenden ebenso wie den Azubi – die ganze Bandbreite. Allerdings gilt: Der Kunde entscheidet selbst, ob er diesen Weg gehen möchte.“
Wie das neue digitale Beratungsangebot bei den Kunden ankommt, wird Sonja Hausmann zumindest in verantwortlicher Rolle nicht mehr verfolgen können. Sie wechselt zum 1. Juli in den Vorstand der Sparkasse Köln-Bonn. Bis Ende Juni, so hofft Andreas Sommer, könnte zumindest eine Entscheidung gefallen sein, wer ihr in Harburg nachfolgt. Das sei zumindest der Plan. (siehe auch Seite 16) wb
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