Da kommt was auf uns zu . . .

Linda Hellmund und Andreas Sommer referierten im Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden über den Entwicklungsstand und die Auswirkungen des ESG-Scorings, das ab 2026 für alle Unternehmen verpflichtend werden soll. Foto: Wolfgang Becker

ESG-Scoring aus Sicht der Sparkasse: Linda Hellmund  und Andreas Sommer referieren beim Wirtschaftsverein für den Hamburger Süden.

Noch geistert der Begriff ESG-Scoring insbesondere beim Mittelstand etwas diffus durch die Flure, aber Andreas Sommer, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Harburg-Buxtehude, warnt: „Dieses Thema beiseite zu schieben, wäre fahrlässig.“ Auf Einladung des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden gaben er und Linda Hellmund, Referentin der S Rating und Risikosysteme GmbH, Einblicke in das nächste große Regulierungspaket, das auf die Unternehmen in Europa zurollt. Dabei geht es im Wesentlichen um die Gretchen-Frage: „Wie hältst Du es mit der Umwelt?“ So formulierte es die Wirtschaftsvereinsvorsitzende, Franziska Wedemann. Ist die Antwort eher negativ, dürften sich Kredite künftig verteuern.

Für Konzerne und Großunternehmen gilt die ESG-Risikobewertung schon heute. Bis 2026 sollen die Regeln für alle Unternehmen angewendet werden. Das Problem: Es gibt keine einheitlichen Regeln – weder in Deutschland, noch in Europa. Das führte Linda Hellmund aus, die im Dienste der Sparkassenorganisation daran beteiligt ist, ein Verfahren zur Befragung der Unternehmen zu entwickeln. Ziel ist es auf den ersten Blick, eine Risikoabwägung bei der Kreditvergabe vorzunehmen. Wer Minuspunkte in den drei Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sammelt, bekommt perspektivisch den langen Arm der EU-Kommission zu spüren. Kurz: Wird ein Darlehen benötigt, kann das zum einen teurer werden. Zum anderen dürfte es Auswirkungen auf die Eigenkapitalquote geben.

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Drei Prüfbereiche

ESG steht für Environment, Social und Governance. Die drei Prüfbereiche werden unterschiedlich gewertet: Umwelt 60 Prozent (hier dominiert als Messgröße der CO2-Footprint), Soziales 30 Prozent (Themen wie Diskriminierung am Arbeitsplatz, Gleichberechtigung, etc.), Unternehmensführung 10 Prozent. Bei der Frage, wie denn der Diskriminierungsgrad in Unternehmen gemessen werden könnte, musste auch Linda Hellmund passen: „Es gibt tatsächlich keine Vorgaben. Wir sind dabei, das Verfahren zu entwickeln und testen uns so langsam ran.“

De facto hat die Politik das ESG-Scoring auf die Kreditinstitute abgewälzt. Franziska Wedemann: „Der Bankensektor wird bei der Umlenkung der Finanzströme in umweltschonende Projekte und Unternehmungen zum verlängerten Arm der Exekutive.“ Kurz: Ziel der Politik dürfte es sein, über finanziellen Druck auf Unternehmen eine Verbesserung des Öko-Bewusstseins und dadurch eine Verbesserung der Umweltbilanz zu erzielen. Andreas Sommer sieht aber auch ganz konkrete Ansatzpunkte, die zu Kreditrisiken führen können – beispielsweise Hochwasserrisiken (Stichwort Ahrtal), Dürren oder eben auch eine künftig drohende Besteuerung des CO2-Ausstoßes. Von 300 000 Firmenkunden der Sparkassen-Gruppe sind derzeit nur 5000 gesetzlich verpflichtet, eine Nachhaltigkeitsbilanz zu erstellen. Doch die wird ab 2026 für alle kommen, wie die Referenten einer Zuhörerschaft mitteilten, die durchaus erste Anzeichen von Unwohlsein zeigte. Linda Hellmund: „Alle Banken und Sparkassen müssen künftig die Nachhaltigkeitsrisiken ihrer Kunden bewerten, sind dazu aber noch gar nicht in der Lage – weil schlicht Daten fehlen. Es ist sehr schwierig, ein Messverfahren zu entwickeln.“

Es gibt noch keine Datenbasis

Andreas Sommers Botschaft an den Wirtschaftsverein: „Wir haben als Sparkassen einen öffentlich-rechtlichen Auftrag für die regionale Kreditversorgung. Es wird also auch künftig jeder ein Darlehen bekommen. Das ESG-Scoring wird dazu führen, dass wir genauer hinschauen. Gegebenenfalls ist dann mit einem Zinsaufschlag zu rechnen. Die Auswirkungen auf die Preisgestaltung und die stärkere Unterlegung mit Eigenkapital sind absehbar.“ Und: „Wir sind nicht Ihr Gegner, sondern Ihr Partner – lassen Sie uns eine Interessengemeinschaft schmieden. Die Scoring-Methodik wird sich rasant weiterentwickeln. Wir müssen es lieben lernen.“ wb

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