Einzelhandels-Experte Wolfgang Krogmann zu Gast im BusinessTalk
W ie sieht sie aus, die Zukunft des Einzelhandels? Zu diesem Thema hat Host Wolfgang Becker für den Podcast „BusinessTalk“ einen renommierten Experten interviewt. Wolfgang Krogmann war früher CEO bei Primark, Adler, Ulla Popken und H&M. Aktuell ist er der Vorsitzende des Verbands der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels Nord e.V. (VMG) und damit der Einzelhandelsexperte innerhalb der Verbändefamilie rund um den AGA-Unternehmensverband. Er betrachtet das Marktgeschehen mit professionellen Augen und weiß daher, was sich ändern muss – und wie bedrohlich neue, chinesische Player wie Shein und Temu wirklich sind.
Klar ist für Krogmann, dass der Einzelhandel – trotz oder gerade wegen – der Corona-Krise lebe. „Ich war und bin der Meinung, dass Bummeln, dass in Geschäfte reingehen, sich etwas angucken und sich in der Stadt zu treffen Dinge sind, die niemals verschwinden werden. Insofern war ich immer optimistisch, dass der Handel bestehen bleibt.“ Die Rolle wandle sich allerdings drastisch. „Früher ging es um Verteilung der Waren, heute steht das Erlebnis im Mittelpunkt, denn die Waren kann man ja auch über andere Wege beziehen. Die Bedürfnisse der Kunden haben sich zweifellos verändert.“
Die Attraktivität könne man laut Krogmann über den richtigen Mix erreichen. „Man kennt aus dem Urlaub ja italienische, spanische und französische Kleinstädte. Die haben eine tolle Mischung aus Händlern, Cafés, Restaurants, Handwerksbetrieben und Wohnungen.“ In Hamburg finde man hingegen abends nur eine tote Stadt vor, „weil da nur noch Handel und Büros sind. Und das ist schlecht, das muss sich unbedingt ändern.“
Auch die Ladenöffnungszeiten stünden mehr als früher im Fokus. „Zum einen gibt es deutlich weniger Menschen, die im Handel arbeiten wollen.“ Zudem habe es auch große Veränderungen im Kaufverhalten gegeben. „Umsätze sind aus den Geschäften rausgegangen, und sind in Onlineshops gelandet – mit etwas Glück in dem des selben Unternehmens. Die Betreiber müssen sich also vermehrt überlegen, welche Öffnungszeiten für welchen Geschäftstyp sinnvoll sind.“
Mit Skepsis sieht Krogmann neue chinesische Versandhändler wie Shein und Temu. Diese greifen Trends extrem schnell auf, produzieren gegebenenfalls die Waren selbst und bringen sie per Luftpost extrem schnell zu Spottpreisen auf den europäischen Markt. Die Qualität ist bisweilen zweifelhaft, immer wieder beschweren sich Kunden über mangelhafte Verarbeitung und beißenden Geruch der Waren. „Aber was man denen lassen muss, ist, dass sie es schaffen, mit einer Mischung aus Logistik, KI und perfekter Datenanalyse die Wünsche der potenziellen Kunden vorauszuahnen. Auf diese Weise macht Shein allein in Deutschland schon jetzt zwei Milliarden Euro Umsatz mit Bekleidung.“
Was dem Kunden nicht gefalle, werde per Flugzeug wieder zurück nach China gesendet oder lande direkt im Müll. „Ich wünschte mir, dass das Thema Nachhaltigkeit wieder eine große Bedeutung bekommt, weil das langfristig für unsere Welt wichtiger ist. Und ich sehe das, was Shein und Temu machen, mit großer Skepsis“, so Krogmann. top
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