Wenn sich Ärzte mit PV infizieren

Foto: Wolfgang BeckerDiese Nummer merken: Mit Herbert Schulte hat SchlarmannvonGeyso nun permanent einen Ansprechpartner vor Ort im Tempowerk. Das Büro ist im Tempowerkring 19. Schulte, von Haus aus Steuerberater, ist die SvG-Anlaufstelle für Fragen rund um Rechtsberatung, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung, um bei Bedarf die Spezialisten von SchlarmannvonGeyso hinzuzuziehen. Foto: Wolfgang Becker

Steuerberater Herbert Schulte über die steuerlichen Aspekte von Photovoltaik-Anlagen.

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht: Wer sich angesichts der aktuellen Krise auf dem Energiesektor und mit Blick auf den Klimawandel eine Photovoltaik-Anlage (PV) auf das Dach schrauben lassen möchte, der sollte sich unbedingt vorher mit den steuerlichen Auswirkungen auseinandersetzen, rät der Harburger Steuerberater Herbert Schulte von SchlarmannvonGeyso. Insbesondere für Freiberufler kann die regenerative Stromerzeugung erhebliche Auswirkungen haben, die beispielsweise dazu führen, dass sich Ärzte, Anwälte, Steuerberater, freie Ingenieure, Künstler oder Architekten mit PV infizieren und in der Folge an der Gewerbesteuerpflicht „erkranken“, kurz: gewerbesteuerpflichtig werden mit ihren bisher nicht gewerbesteuerpflichtigen Gewinnen aus den eigentlichen Tätigkeiten.

Wie immer, wenn es um Steuern in Deutschland geht, ist wieder einmal alles bis ins letzte Detail geregelt. Herbert Schulte hat sich deshalb speziell mit dem Thema Photovoltaik auseinandergesetzt. Im B&P-Gespräch bringt er, wie es sich bei dem PV-Thema anbietet, Licht ins Dunkel: „Ein Kriterium, das immer beachtet werden muss: Die Gewerbesteuerpflicht entsteht erst, wenn mindestens zwei Personen involviert sind. Im privaten Bereich können das Eheleute sein, die beide im Grundbuch eines Mietobjektes stehen, vermieten und Einnahmen aus der PV-Anlage erzielen – ein häufiger Fall. Im Bereich der Freiberufler entsteht die Gewerbesteuerpflicht ebenfalls erst, wenn beispielsweise zwei Ärzte eine gemeinsame Praxis betreiben oder zwei Ingenieure ein gemeinsames Büro haben. Einzelpersonen können das Thema entspannt angehen – sie sind von der Infizierung mit der Gewerbesteuerpflicht nicht betroffen.“

Das Zwei-Personen-Prinzip

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Um den komplexen Sachverhalt zu verstehen, muss man wissen, dass Freiberufler nicht gewerbesteuerpflichtig sind. Zu den oben genannten zählen beispielsweise auch freischaffende Musiker, Notare, Vermessungsingenieure, freie Journalisten und Heilpraktiker. Herbert Schulte: „Mit dem Bau einer PV-Anlage wird der Betreiber quasi zum Stromerzeuger, wenn er den Strom entgeltlich in das Stromnetz einstellt, und muss einen Gewerbebetrieb anmelden. Bei gewerblichen Betreibern, also einer Firma, entsteht in der Folge zumeist ein zweiter Gewerbebetrieb. Nimmt eine medizinische Gemeinschaftspraxis oder eine Anwaltskanzlei mit mindestens zwei Personen eine PV-Anlage in Betrieb, wird die in diesem Moment gewerbesteuerpflichtig, und zwar komplett für alle Einnahmen. Im Fachjargon sprechen wird hier von der Infizierung.“

Kompliziert wird es, wenn ein Ehepaar ein Haus besitzt und vermietet. Die Einnahmen aus Vermietungen und Verpachtungen müssen in der Steuererklärung angemeldet werden, sie sind aber normalerweise nicht gewerbesteuerpflichtig. Sind die Eheleute (auch hier gilt das Zwei-Personen-Prinzip) ökologisch sensibilisiert und statten ihr Vermietungsobjekt mit einer PV-Anlage aus, führt die Infizierung dazu, dass alle (!) Einnahmen gewerbesteuerpflichtig werden – auch die Mieteinnahmen. Wichtig: Von Kommune zu Kommune sind die Gewerbesteuerhebesätze unterschiedlich.

Ein weiterer Punkt: Üblicherweise können Immobilieneigentümer ein Haus nach zehnjähriger Frist steuerfrei verkaufen. Ist das Objekt mit einer PV-Anlage ausgestattet und wird der Strom verkauft, wird es jedoch zum Gewerbebetrieb. In dem Fall ist auch der Erlös aus dem Verkauf zu versteuern. Und als sei das alles nicht schon verwirrend genug: Letzteres gilt nur, wenn die PV-Anlage fest installiert ist und damit Bestandteil des Gebäudes wird. Schulte: „Es gibt auch PV-Anlagen, die einfach nur auf dem Dach aufliegen. Damit werden sie nicht zum Bestandteil des Gebäudes und führen folglich nicht dazu, dass der Hausverkauf zugleich Verkauf eines Gewerbebetriebs und damit, entstanden durch die Photovoltaik-Anlage, steuerpflichtig ist.“

Eine Ausnahme ergibt sich aus der Rechtsprechung. Eine Bagatellgrenze führt nicht zu einer Infizierung. Diese ist gegeben, wenn Einnahmen aus der gewerblichen Tätigkeit nicht mehr als drei Prozent der gesamten Nettoerlöse betragen.

Der eigentliche steuerliche Effekt entsteht durch die Stromerzeugung. Gewerbesteuerpflichtig ist nicht nur der Anteil, der ins Netz eingespeist und vergütet wird, sondern auch der Teil, der privat verbraucht wird. Das Gewerbesteuergesetz sieht zwar einen Freibetrag in Höhe von 24 500,- Euro vor. Gewerbesteuerlast entsteht also erst, wenn der Gewinn höher ist. Durch eine Infizierung ist dieser Betrag aber schnell überschritten. Umsatzsteuerpflicht besteht überdies ebenfalls. Die Gewerbesteuer, die die Betreiber zahlen müssen, wird auf die Einkommensteuer angerechnet. Herbert Schulte: „In Kommunen mit hohem Gewerbesteuerhebesatz ist das aber auf jeden Fall belastend.“

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Die Lösung

Bei aller Verwirrung: Es gibt eine Methode, Ordnung in den Steuer-Dschungel zu bringen und keine Infizierung auszulösen. Diese Lösung gilt für Freiberufler und Eheleute mit PV auf dem vermieteten Haus: Für den Betrieb der PV-Anlage wird eine separate Gesellschaft gegründet. Diese ist dann mit den Gewinnen aus der Stromerzeugung gewerbesteuerpflichtig, aber eben nur mit diesen. Herbert Schulte: „Durch gemeinsame geschäftliche Aktivitäten entsteht eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Dazu muss man gar nichts tun. Dazu reicht allein schon die Absicht, geschäftliche Aktivitäten zu entfalten.“ Er sieht zudem auch einige Vorteile, denn durch den Gewerbebetrieb, den eine PV-Anlage auslöst, und die damit verbundene Umsatzsteuerpflicht kann natürlich auch die Vorsteuer gezogen werden – was bei der Anschaffung ein beachtlicher Betrag sein dürfte. Schulte: „Anteilig kann ich darüber hinaus Abschreibungen geltend machen sowie Kosten für Raummiete, Arbeitszimmer (anteilig), Pkw-Kosten, Wartungskosten und Steuerberater.“ Letzterer, da ist er sicher, sollte in jedem Fall hinzugezogen werden, um nicht Opfer einer ungewollten Infizierung zu werden. wb

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