Rainer Kalbe (Hartmann Haustechnik) erklärt den Weg zu energetischer Autarkie.
Aktuell erlebt Deutschland, wie schnell sich sicher geglaubte Verhältnisse und Rahmenbedingungen grundlegend verändern können. Das gilt nicht nur für die große Politik und die Friedensarchitektur in Europa, sondern reicht hinab bis auf die Ebene, die jeden direkt persönlich betrifft. Mit allerlei unerwarteten Auswirkungen. Insbesondere beim Thema Energie ist so viel Bewegung wie schon lange nicht mehr. Das bestätigt Rainer Kalbe, Inhaber von Hartmann Haustechnik und stellvertretender Bezirkshandwerksmeister in Harburg. Er hat soeben eine Fortbildung zum Thema Photovoltaik (PV) absolviert, denn sein Unternehmen, das eigentlich einen Schwerpunkt auf Heizungsbau und Bäderbau hat, befasst sich in zunehmendem Maße mit dem Wunsch der Kunden nach energetischer Autarkie und Unabhängigkeit, beispielsweise vom russischen Gas.
Rainer Kalbe: „Auch in der Vergangenheit haben wir schon PV-Anlagen und Solarthermie-Anlagen installiert, aber nun haben wir ein Szenario, das wir nicht im Entferntesten für möglich gehalten haben. Wir dachten doch alle, Europa sei sicher. Jetzt bombt sich Putin zurück in die Steinzeit – Europa unternimmt alle Anstrengungen, um sich von den Gas-, Öl- und Kohlelieferungen zu lösen. Und das spüren wir im Handwerk natürlich auch. Ein großes Thema ist der Einbau von Wärmepumpen, denn für deren Betrieb ist nur Strom nötig. Und den kann ich sogar noch selbst erzeugen – durch eine PV-Anlage auf dem Dach, die allerdings mit einem Batteriespeicher ausgestattet sein sollte, um nicht unnötig Strom ins Netz einspeisen zu müssen. Ideal ist ein Eigenverbrauch von 100 Prozent.“
„Jetzt erreichen wir den Kipp-Punkt“
Damit ist das derzeitige Autarkie-Konzept, das in den Köpfen vieler Menschen bewegt wird, klar umrissen. Rainer Kalbe: „Bislang war eine Wärmepumpe wirtschaftlich eher ein schwieriges Thema, da die Investition recht hoch ist. Solange das billige Gas aus Russland geliefert wurde, war eine Gasheiztherme die günstigste Lösung. Doch jetzt erreichen wir den Kipp-Punkt, denn der bereits erfolgte und der noch zu erwartende Preisanstieg sowohl beim Gas als auch beim Strom, insbesondere bei Neuverträgen, sorgt dafür, dass der Betrieb einer Wärmepumpe günstiger als die Gastherme wird. Außerdem wird Stück für Stück die CO2-Steuer angehoben. Teurer wird das Gas also in jedem Fall.“ Vorteil der Wärmepumpe: Beim Einsatz von einer Kilowattstunde Strom erzeugt sie im Schnitt vier Kilowattstunden Heizleistung. Beim Blick auf die eigene Gas- und Stromrechnung lässt sich also schnell errechnen, ab wann der Kosten-Kipp-Punkt der eigenen Heizungsanlage erreicht ist.
Da auch die Stromkosten steigen dürften, ist der zusätzliche Einbau einer PV-Anlage sinnvoll, denn idealerweise fließt der selbsterzeugte Strom zu einem möglichst hohen Anteil in die eigenen Verbraucher – die Wärmepumpe und alles, was sonst noch permanent Strom verbraucht: Kühlschränke, Rechner und Licht sowie Geräte im Kurzzeitbetrieb wie Föhn, Staubsauger oder Rasenmäher.
Selbst ohne eine PV-Anlage sei eine Wärmepumpe langfristig die günstigere Lösung, sagt Rainer Kalbe. Mit Blick auf die laufenden Betriebskosten gelte das auf jeden Fall für Außentemperaturen bis minus fünf Grad. Wird es kälter, springt im Gerät ein elektrischer Heizstab an, der dafür sorgt, dass die Temperatur im Wasserspeicher hoch genug bleibt, um die Fußbodenheizung zu bedienen und das Warmwasser aus dem Hahn zu gewährleisten. Kalbe: „In dieser Phase wird der Verbrauch teurer, aber wann haben wir schon mal längere Zeit so starke Minustemperaturen?“ Die Vollfunktion der Wärmepumpe bedeutet auch: Die alte Gastherme kann komplett abgebaut werden, da sie nicht für den Notbetrieb bereitgehalten werden muss.
Aufwendige Installation
Ein wesentlicher Faktor bei der Berechnung von Heizleistung ist der Gebäudezustand. Neue Häuser sind in der Regel energetisch optimiert und geben wenig Wärme nach außen ab. Rainer Kalbe: „Da reicht dann schon eine kleine Wärmepumpe, um das ganze Haus zu beheizen.“ Trotzdem ist der Einbau einer Wärmepumpe deutlich aufwendiger als der einer Gastherme. Grund: Zum einen ist ein großer Wasserspeicher (300 Liter für ein Einfamilienhaus) nötig, zum anderen muss im Außenbereich der Wärmetauscher aufgebaut und mit einem vergleichsweise großen isolierten Kanal, Durchmesser etwa 20 Zentimeter, ans Haus angeschlossen werden. Umfangreichere Erdarbeiten sind also programmiert. Rainer Kalbe: „Deshalb sind Wärmepumpen auch relativ teuer – ein hoher Anteil entfällt auf die Installation.“
Kauf und Installation einer Wärmepumpe liegen für ein Einfamilienhaus bei rund 20 000 Euro plus Mehrwertsteuer. Dieser Betrag wird zu 35 Prozent vom Bund gefördert. Zusätzlich haben einige Bundesländer, wie auch Hamburg, eigene Förderprogramme aufgesetzt. Wer seinen eigenen Strom erzeugen möchte, kann dieses mit einer PV-Anlage machen – Kosten 10 000 (klein) bis 20 000 Euro. Der Batteriespeicher schlägt mit weiteren 10 000 Euro zu Buche. Gesamtkosten: knapp 50 000 Euro. wb
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