Eine Frage der Unternehmenskultur

Foto: Wolfgang BeckerDie ersten Firmen werden bereits beraten. Das Common-Swift-Team (CS) und die Projektpartner (von links): Raphael Kammer, Nicola Peschke (CS), Marie Maring, Ura Fayazi (CS), Dr. Thomas Greve, Philipp zu Sayn-Wittgenstein und Julia Kießling (CS). Es fehlen Kathrin Bücker (Gould Finch GmbH) und Karl-Günther Lessow (CS). || Foto: Wolfgang Becker

zwei P stellt das Projekt Common
Swift vor – Ziel ist der Aufbau eines Hamburger Weiterbildungsverbundes mit dem Schwerpunkt digitale Transformation im KMU-Bereich.

Im Land der Dichter und Denker, erst recht aber der Ingenieure wird Weiterbildung großgeschrieben, denn Bildung ist der wichtigste Rohstoff, den Deutschland zu bieten hat. Der Blick auf die Weiterbildungs-Szene offenbart allerdings einen Flickenteppich – unzählige Anbieter sind unterwegs, um Wissen in allen denkbaren Kategorien weiterzugeben. Speziell für den komplexen Bereich Digitalisierung gilt das auch, und deshalb hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) das Bundesprojekt „Aufbau von Weiterbildungsverbünden“ aufgelegt. Die Hamburger zwei P Plan:Personal gGmbH, kurz zwei P, hat sich mit dem Konzept „Common Swift“ darum beworben, einen Weiterbildungsverbund ins Leben zu rufen und den Zuschlag bekommen. Bundesweit gibt es insgesamt etwa 56 Weiterbildungsverbünde, die vom BMAS gefördert werden. Das Hamburger Common-Swift-Team um Nicola Peschke und vier von bereits fünf Verbundpartnern erläuterten im B&P-Gespräch, was Ziel des Projektes ist und für wen Common Swift interessant sein dürfte.

Das Zauberwort heißt KMU. Dieses Kürzel steht für kleine und mittlere Unternehmen, kurz den berühmten deutschen Mittelstand. Hier ist die Zielgruppe zu finden, die von den Weiterbildungsverbünden profitieren soll. Nicola Peschke ist Leiterin des Common-Swift-Teams unter dem zwei P-Dach. Sie sagt: „Es geht letztlich um Fortbildung im Bereich der digitalen Transformation. Dabei steht für uns nicht das vorhandene Fortbildungsangebot im Vordergrund, sondern der Bedarf der Unternehmen. Wir wollen herausfinden, was genau gebraucht wird, und gleichzeitig dafür sorgen, dass Digitalisierung als Ganzes betrachtet wird. Wir suchen nach einem neuen Weiterbildungsansatz.“

„Ein stetiger Prozess“

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Was das konkret heißt, erläutert Unternehmensberater Philipp zu Sayn-Wittgenstein, Geschäftsführer der Never Walk Alone GmbH mit Schwerpunkt Digital Empowerment: „Als Transformationsberater stellen wir immer wieder fest, dass gerade im digitalen Bereich das Thema Weiterbildung bei vielen mittelständischen Unternehmen nicht richtig verstanden wird und deshalb kaum im Fokus steht.“ Als Projektpartner von Common Swift bilden die Unternehmensberater zu Sayn-Wittgenstein und Raphael Kammer, Geschäftsführer der Weform Consulting GmbH, innerhalb des Weiterbildungsverbundes die Schnittstelle zu den Unternehmen. Letzterer wiederum bildet nicht selbst fort, sondern vernetzt die Unternehmen mit dem passenden Weiterbildungsanbieter. Common Swift ist demnach als Verbindungselement konzipiert. Kammer: „Gerade in den kleineren Unternehmen herrscht noch das Prinzip ‚Problem – Beratung – Lösung‘ vor, doch so funktioniert das heute nicht mehr. Digitale Transformation ist ein stetiger Prozess. Da braucht es neue Methoden und Herangehensweisen.“

Das Projekt Common Swift hat unter anderem den Projektpartner Hamburg Music Business e. V. als einen Eckpfeiler. Hier haben sich Unternehmen der Hamburger Musikbranche organisiert. Des Weiteren bietet Hamburg Music Business e. V. Weiterbildung für die eigenen Mitglieder an. Wird ein Digitalisierungsansatz geortet und definiert, kann es deshalb sein, dass der Staffelstab über Common Swift an Marie Maring weitergereicht wird. Oder an Dr. Thomas Greve, Projektleiter beim Hamburg Centre of Aviation Training-Lab (HCAT+), einem aus dem Luftfahrtcluster Hamburg Aviation kommenden Verein, der sich der Themen Bildung und Qualifizierung angenommen hat. Marie Maring: „Wir bieten beispielsweise Workshops für MS Teams an, Führungskräfte-Training und Excel.“ Projektpartner Thomas Greve: „Es geht bei Common Swift gar nicht nur um klassische Weiterbildung, sondern vor allem darum, neue Arten der Weiterbildung zu entwickeln und zu erproben.“ Und: „Weiterbildung ist am Ende auch eine Frage der Unternehmenskultur.“ Zu den Weiterbildungspartnern zählt auch Kathrin Bücker von Gould Finch.

„Wir entwickeln das Konzept“

So gesehen ist das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil angeschobene Projekt „Aufbau von Weiterbildungsverbünden“ auch ein Experimentierraum, denn bislang gibt es keine Blaupause und keine erprobte Betriebsanleitung, wie Nicola Peschke sagt: „Wir entwickeln das Verbund-Konzept.“ Die Unternehmen sind dazu eingeladen, den Prozess konstruktiv zu begleiten, mitzugestalten und gleichzeitig von den Ergebnissen zu profitieren. Der Beginn der Beratung ist kostenlos. Hier findet eine Bedarfsanalyse statt. Daraus leiten sich weitere Schritte und Empfehlungen ab, die beispielsweise auch auf Fördermittel abzielen können. Inwieweit die Dienstleistung am Ende ein Kostenfaktor für das Unternehmen darstellen kann, ist noch völlig offen. Philipp zu Sayn-Wittgenstein: „Beratungsbedarf entsteht immer aus einem Schmerz im Unternehmen, und hier setzen wir konkret an. Das einzige Investment, das ein Unternehmer mitbringen muss, sind 1,5 bis zwei Stunden Zeit, um die jeweils individuellen Bedarfe zu identifizieren.“

Das Common-Swift-Team der zwei P besteht aus vier Kollegen, die den Weiterbildungsverbund gemeinsam mit den Projektpartnern auf die Beine stellen. Das auf drei Jahre angesetzte Projekt wird vom Bund mit knapp einer Million Euro gefördert. Die Sight-Seeing-Veranstaltung von Common Swift findet Anfang Juli statt – sie ist sogleich Startschuss für die Umsetzungsphase. wb

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>> Web: https://www.zwei-p.org/common-swift/