Eine Kolumne von Florian Schmidt, Dierkes Partner.
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer kann zu erheblichen Steuerbelastungen führen, wenn die persönlichen Freibeträge nicht ausreichen. In diesem Zuge ist die zusätzliche Freistellung des Familienheims ein wichtiges Instrument des Vermögenserhalts. So kann lebzeitig das Familienheim in vielen Fällen steuerfrei an den Ehegatten übertragen werden. Im Erbfall kann das Familienheim gegebenenfalls sowohl an den Ehegatten als auch an die Kinder ohne Steuerbelastung übertragen werden – jedoch sind hier strengere Voraussetzungen zu beachten.
Das sind insbesondere:
- Wohnung wurde bis zum Tod zu eigenen Wohnzwecken genutzt (wenn keine zwingenden Gründe, wie zum Beispiel Aufenthalt in einem Hospiz, dies verhinderten)
- Wohnfläche max.ímal 200 Quadratmeter, wenn ein Kind erbt
- „Unverzügliche“ Selbstnutzung durch zum Beispiel das Kind oder den Ehegatten
- Weiternutzung des Kindes/Ehegatten zu eigenen Wohnzwecken für die nächsten zehn Jahre
Zuletzt wurde insbesondere über die Auslegung von „unverzüglich“ zwischen Steuerpflichtigen und Finanzbehörden gestritten. Unverzüglich wird in diesem Fall agiert, wenn der Ehegatte/Kind ohne schuldhaftes Zögern übernimmt. Davon wird grundsätzlich bei Einzug innerhalb von sechs Monaten ausgegangen. Was gilt jedoch, wenn die Wohnung vor der Eigennutzung noch – länger als sechs Monate – saniert wird? Auch hier kann ein unverzügliches Einziehen vorliegen, wenn es nicht selbstverschuldete Gründe gibt und diese glaubhaft gemacht werden können. Es gilt der Grundsatz: Je größer der zeitliche Abstand zwischen Erbfall und tatsächlichem Einzug ist, desto höher sind die Anforderungen an die Darlegung der verzögerten Eigennutzung.
Hierzu folgende Beispiele:
- Entschluss zur Selbstnutzung erst nach neun Monaten = keine unverzügliche Selbstnutzung (keine Steuerbefreiung)
- Abriss und Neubau = keine Selbstnutzung der bisherigen Wohnung (keine Steuerbefreiung)
- Dreijährige Sanierung aufgrund von gravierenden Mängeln (Feuchtigkeitsschäden). Es wurde unverzüglich gehandelt und der Baufortschritt vorangetrieben = die unverzüglich mögliche Selbstnutzung erfolgte (Steuerbefreiung).
- 18 Monate Renovierung mit verzögertem Beginn. Die Angebote von Handwerkern für die Renovierung wurden erst nach fünf bis sechs Monaten eingeholt. Weiterhin wurde vorab das Ausräumen der Wohnung nicht beschleunigt durch zum Beispiel die Beauftragung eines Räumungsunternehmens = keine unverzügliche Selbstnutzung (keine Steuerbefreiung).
Als Fazit kann festgehalten werden, dass die Steuerbefreiung des Familienheims auch bei Umbau und Renovierungsmaßnahmen in einigen Fällen möglich ist. Es gilt, stets die zeitliche Komponente des unverzüglichen Einzugs zu beachten. Nach dem Todesfall sollten – sofern erforderlich – möglichst umgehend mehrere Angebote der Handwerker und gegebenenfalls Räumungsunternehmen eingeholt werden. Weiterhin sollte die Eigennutzung der (teilsanierten) Wohnung innerhalb der ersten sechs Monate zum Beispiel mittels Ummeldung des Wohnsitzes dokumentiert werden.